Alle diese Matrizen laufen letztendlich darauf hinaus, die aktuelle Position der SGEs auf dem Markt und im Lebenszyklus visuell darzustellen und damit idealtypische Entscheidungsvorschläge für die SGEs zu geben (z.B. Ausbau, Investition, Konsolidierung, Rückzug).
5.4 Fallbeispiel
Die grundsätzliche Strategie der mittelgroßen Bank könnte als verbundene Diversifikation, v.a. in Form einer Marktentwicklung (Expansion in neue Zielmärkte) charakterisiert werden, ohne dass diese Strategievariante explizit als solche bezeichnet wurde. Daneben fanden sich auch Elemente einer stärkeren Marktdurchdringung, v.a. durch koordinierte Marktbearbeitung der definierten Geschäftsfelder (Cross-Selling) und in geringerem Ausmaß eine Strategie der Produktentwicklung primär durch Qualitätsverbesserungen des Angebots (z.B. durch Erhöhung der Beratungsqualität). Eine unverbundene Diversifikation (neue Produkte auf neuen Märkten) war nicht in der Strategie enthalten.
Die Unternehmenszentrale verstand sich jedenfalls als Synergiemanager, mehr aber noch als zentraler Geschäftsentwickler. Mit einer starken Konzernsteuerung sollte die Entwicklung der definierten Geschäftseinheiten stark beeinflusst und vorangetrieben werden. Dazu sollte eine starke Konzernidentität entstehen, die in der Strategie als „Grundprofil des Konzerns“ definiert wurde. In diesem zentralen Strategiedokument wurden zentrale Punkte des strategischen Rahmens festgelegt, z.B. „Auf welchen Märkten sind wir tätig?“, „Wer sind unsere Kunden?“, „Was bieten wir an? Was können wir?“ Ferner wurde die „starke Dachmarke“ des Konzerns als ganz wesentliches Asset für die einzelnen SGEs betrachtet.
Matrizen zur Identifikation von Strategien für das Portfolio strategischer Geschäftseinheiten wurden im strategischen Entscheidungsprozess nicht verwendet. Vielmehr wurde für das Gesamt-Portfolio der SGEs eine relativ einheitliche Strategie im Sinne einer qualitätsbasierten Expansionsstrategie festgelegt.
6.1 Bedeutung der Erwartungen von Stakeholdern
Strategische Entscheidungen einer Organisation werden maßgeblich durch Interessengruppen bestimmt, die Interesse an der Organisation haben und Macht ausüben können, um ihre Interessen durchzusetzen (Stakeholder). Beispiele für solche Interessengruppen sind: Eigentümer, Top-Management, mittleres Management, Mitarbeiter, Kunden, Lieferanten, Regulatoren, Aufsichtsbehörden, Konsumentenschutzorganisationen, Interessenvertretungen und viele mehr.
Demzufolge müssen strategische Entscheider darauf achten, welche Interessengruppen maßgeblichen Einfluss ausüben können, folglich, welche Erwartungen sie bevorzugt berücksichtigen müssen, und inwieweit Erwartungen und Einfluss verschiedener Interessengruppen voneinander abweichen.
Um die vorgenannten Punkte strukturiert bewerten und in die strategischen Entscheidungsprozesse einbeziehen zu können, bietet sich eine Bewertung der Interessengruppen mit einer Macht/Interesse-Matrix an, wo der Grad des Interesses an der Organisation und der Grad der Durchsetzungsmöglichkeiten (Macht) eingeschätzt wird und die Interessengruppen entsprechend eingeordnet werden können.
6.2 Fallbeispiel
In der Projektorganisation des mittelgroßen, primär regional tätigen Finanzdienstleisters wurde die Einbindung der Stakeholder durch folgende dreistufige Organisation sicherzustellen versucht:
Vorstand,
Strategieausschuss,
Strategiegruppe.
Die primäre Verantwortung des Vorstands war es, auf Basis der Vorschläge der Strategiegruppe, die im Strategieausschuss diskutiert wurden, die letztendlichen strategischen Entscheidungen zu treffen. Der Vorstand hat den Projektauftrag für die Strategiegruppe definiert, der im Wesentlichen die Ist-Analyse des Unternehmensumfelds und der Unternehmenssituation (Stärken und Schwächen), die Ausarbeitung von Vorschlägen für strategische Entscheidungen, die Dokumentation und Abbildung der getroffenen Entscheidungen in einer BSC und die Ausarbeitung eines Kommunikationsplans enthielt. Dieser Auftrag sollte sowohl auf Ebene des Gesamtunternehmens als auch auf Ebene der definierten SGEs erfüllt werden.
Die Strategiegruppe hatte als operative Projektgruppe die Aufgabe, den Projektauftrag des Vorstands umzusetzen und Vorschläge für strategische Entscheidungen, in Form einer umfassenden Unternehmensstrategie, auszuarbeiten. Die Projektleitung wurde an zwei Personen aus dem Führungskreis vergeben, die gemeinsam die Verantwortung für die Erreichung des Projektziels trugen. Unterstützt wurde die Projektleitung dabei durch einen spezialisierten Strategieberater aus dem universitären Bereich. Bei der Zusammensetzung der Strategiegruppe wurde darauf geachtet, dass alle strategischen Geschäftsbereiche, alle wesentlichen Funktionsbereiche und auch die verschiedenen Länder, in denen das Unternehmen tätig war, repräsentiert waren. Die Strategiegruppe hatte 13 Mitglieder.
Dem Strategieausschuss gehörten neben dem Vorstand zwei Bereichsleiter (einer davon mit Marktverantwortung, einer mit Produktionsverantwortung) und ein Mitglied des Betriebsrats an. Der Strategieausschuss hatte die Aufgabe, die Strategiegruppe zu unterstützen und zu begleiten (durch Input, kritische Diskussion und Feedback) und hatte beratende Funktion für den Vorstand betreffend die Definition der Unternehmensstrategie.
Die gewählte Form der Projektorganisation stellte einen qualitativ hochwertigen und zeitgerechten Projektablauf sicher. Die beauftragten Projektergebnisse wurden geliefert und vom Vorstand wurde eine neue Unternehmensstrategie beschlossen.
In den Monaten, die auf den Projektabschluss folgten, zeigte sich jedoch deutlich, dass nicht alle entscheidungsrelevanten Stakeholder ausreichend in die Strategieentwicklung einbezogen worden waren. Dies betraf v.a. den (öffentlichen) Eigentümer, dessen strategische Vorstellungen in wesentlichen Punkten nicht mit jenen des Vorstands übereinstimmten. Ein laufender Austausch mit dem Eigentümer fand nicht statt, die Eigentümervertreter im Aufsichtsrat wurden als Kommunikationsempfänger, nicht als (Mit-)Entscheider betrachtet.
Dies führte letztendlich dazu, dass wenige Monate nach Projektabschluss ein neuer Vorstand bestellt wurde und die Strategie in vielen wesentlichen Punkten abgeändert wurde, wobei das dazu definierte Folgeprojekt personell primär durch eine externe Unternehmensberatung dominiert wurde und interne Führungskräfte eher die Rolle von Informationslieferanten einnahmen.
7.1 Balanced Scorecard als Instrument des strategischen Managements
Die BSC wurde in den 1990er Jahren von Robert S. Kaplan und David P. Norton[5] als innovatives Instrument des strategischen Managements entwickelt. Die BSC ist ein Instrument der Strategiedokumentation, des strategischen Monitorings (wird die Strategie wie geplant umgesetzt?) und der Strategiedokumentation.
Die wesentlichen Bestandteile der BSC sind:
Strategische Ziele: Diese werden prägnant und handlungsorientiert definiert (z.B. „Marktanteil im Privatkundengeschäft erhöhen“).
Strategische Perspektiven: Strategische Ziele werden strategischen Themengebieten zugeordnet, die auch für die visuelle Darstellung der BSC eine zentrale Rolle spielen. Die „klassischen“ vier Perspektiven der BSC sind: Finanzen, Kunden/Markt, Prozesse und Potenziale.
Strategische Messgrößen: Strategische Ziele sollen möglichst vollständig in Messgrößen übersetzt werden, die deren Erreichung anzeigen und somit in einem Plan/Ist-Vergleich und einem Ist/Ist-Vergleich kontrollierbar werden.
Strategische Aktionen: Hierbei handelt es sich um die wesentlichen Maßnahmen, die erforderlich sind, um die strategischen Ziele zu erreichen. Demgemäß