Al Capone Staffel 1 – Kriminalroman. Al Cann. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Al Cann
Издательство: Bookwire
Серия: Al Capone Staffel
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783863775209
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      Peggy, die die Leute drinnen auf ihrem Weg zur Tapetentür bis hierher mit dem Revolver zu tödlichem Schweigen gezwungen hatte, tauchte jetzt hinter dem G-man auf. Ihre Kugel stieß ihn nach vorn. Er warf sich herum und feuerte nur noch im Unterbewußtsein zurück.

      Aber es war keine der Kugeln des FBI-Inspektors, die das schmalbrüstige Mädchen ausgeschaltet hatte – es war ein schwerer Stilaschenbecher, den die couragierte Cory blitzschnell vom Rauchtisch gerissen und der Frau mit dem Revolver ins Genick geschleudert hatte.

      Lähmende Stille im ganzen Haus.

      Die zu Tode erschrockenen, längst völlig ernüchterten Menschen im Wohnzimmer lauschten mit angehaltenem Atem nach nebenan. Selbst der Mut der kleinen Cory war verraucht; auch sie rührte sich nicht mehr von der Stelle.

      Da schlug das »Unkraut aus Norwegen« – wie der Zeitungsmann Matherley seinen »Freund« Eliot Ness später einmal nennen würde – die Augen erneut auf. Neben ihm lag Snyder an der Wand – reglos, wie tot. In der eingebrochenen Tür war noch immer der verkrümmte Körper des Malers zu sehen. Drüben aus der Truhe hing der Arm des toten Mordschützen aus der Alhambra-Bar. Und hinter Lubbers Körper war die zwanzigjährige Freundin des Malers zusammengebrochen.

      Eliot Ness richtete sich auf und lehnte sich gegen die kühle Wand. Alles drehte sich vor seinen Augen. Übelkeit stieg in ihm auf.

      Der Streifschuß am Hinterkopf, den Snyder ihm beigebracht hatte, war ein Nichts gegen den Schmerz in der rechten Hüfte.

      Heiße Angst stieg in ihm hoch, und eine Ohnmacht wollte ihn anspringen. Sie haben mich fertiggemacht in ihrer Kate am See, die Hunde aus der Alhambra.

      Wie ein Nachtwandler hatte er den Weg hierher zu dem gespenstischen Harry Lubber gefunden – hatte die Spur des Nebelmörders entdeckt – und war in der Falle erstickt worden.

      Er sah förmlich die Schlagzeilen vor sich, die der große Matherley im Morgengrauen auf die Weltstadt loslassen würde:

      Der überschlaue Ness stieß auf Dynamit!

      FBI-Agent im Nest der Nebelmörder-Bande gekillt!

      Bande! War es denn eine Bande? Weshalb hatten sie Sillot umgebracht? – War er überhaupt umgebracht worden?

      Ness stieß sich von der Wand ab, torkelte ein paar Schritte vorwärts und riß Snyder vom Boden hoch. Als der zu sich kam, klickte ein stählernes Handschellenpaar um seine Gelenke. Der Inspektor stieß ihn vorwärts, bückte sich dann nach der Küchenhilfe, die so plötzlich verborgene Talente offenbart hatte, wie sie in Chicagos Unterwelt zweifellos sehr geschätzt wurden. Er fesselte auch sie.

      Snyder starrte mit verquollenem Gesicht vor sich hin. Dann, als er sich nach dem Inspektor umsah, stieß er heiser durch die zusammengebissenen Zähne:

      »Elender Polizeihund! Du kommst doch nicht weit!«

      Peggy kam erst zu sich, nachdem der FBI-Mann ein Glas Wasser über ihr Gesicht gekippt hatte. Sie wollte sich aufrichten und bekam plötzlich Cory ins Blickfeld.

      »Das verdanke ich nur dir, du Hure!«

      Cory starrte sie entgeistert an.

      Eliot blickte von einer zur anderen. Da sagte einer der Gäste, ein langaufgeschossener Mann mit wilder Mähne und braunen Hundeaugen:

      »Sie hat dieses Satansweib mit dem Ascher niedergeschlagen, genau in dem Moment, Inspektor, in dem Peggy Sie abknallen wollte.«

      Eliot nickte. »Dachte es mir.« Dann sah er Cory an. »Vielen Dank. – Und aus der Beleidigung, die ein Gangsterliebchen einem hinwirft, macht man sich nichts!« – Als er mit den beiden an der Zimmertür war, blickte er sich noch einmal um.

      Cory sah ihm aus großen Augen nach.

      »Meine Adresse wissen Sie ja nun.«

      Das Mädchen schluckte. »Ja, Inspektor.«

      »Schade«, entgegnete er halblaut. »Hemingway war mir lieber.«

      *

      Wo zum Teufel blieb die Polizei?

      Ness sah sich um und blickte in die bleichen Gesichter der Gäste, in denen immer noch das kalte Grauen stand: Nebenan in der Kammer lagen zwei Tote.

      Eliot wischte sich übers Gesicht. Er hatte Snyder und Peggy zusammengekettet. Die beiden waren entschärft. Mit haßerfüllten Blicken beobachteten sie den G-man.

      »Es bleibt dabei, Ladies und Gentlemen«, wandte er sich an die übrigen, »Sie müssen hierbleiben, bis die Polizei eintrifft.«

      Nach diesen Worten schob er das Gangsterpaar durch den kurzen Korridor zur Tür. Plötzlich blieb er stehen. »Wollen Sie Ihre Mäntel haben?«

      Peggy nickte.

      »Welcher ist es?«

      »Der grüne da.« Eliot zog ihn unter dem Wust der Mäntel hervor und legte ihn der Frau um die Schultern. Dann sah er Snyder an. Es war Peggy, die durch den Mundwinkel zischte:

      »Seiner ist der braune da ganz unten. Ja, der da.«

      Eliot Ness schluckte. Aus schmalen Augen blickte er auf den abgetragenen Trenchcoat, den ihm das Mädchen bezeichnet hatte.

      »Ist das seiner?« Mit heiserer Stimme hatte er es hervorgebracht.

      Die Frau nickte. Tiefe Gleichgültigkeit stand in ihrem jungen Gesicht.

      Da nahm der Inspektor den Trenchcoat vom Haken. Es gab keinen Zweifel: es war der gleiche Mantel, der schon gestern da hing und aus dem er den schwarzen Handschuh genommen hatte. Er tastete die Taschen ab und fand den linken Handschuh. Mit einer Stimme, der seine große Erregung nicht anzuhören war, sagte er:

      »Es ist nur ein Handschuh drin.«

      Da hob der Gangster vor ihm den Kopf und fletschte die Zähne:

      »Wie könnte es anders sein, Mr. Chicago – wo Sie mir ja den anderen gestohlen haben.«

      Eliot blickte ihn schweigend an.

      Da schrie Snyder plötzlich unbeherrscht los:

      »Yeah, es ist mein Mantel! Und es war mein Handschuh! Daß du ihn gefunden hast, war märchenhaftes Pech. Wie du überhaupt hergefunden hast, ist mir ein Rätsel. Aber es bleibt Harrys Leistung, daß er dich vom Park abgeschleppt hat, wo du verfluchter Spürhund nicht aufgeben wolltest.«

      So war das also.

      »Und weshalb haben Sie Sillot ermordet?« fragte der G-man schnell.

      »Ermordet?« giftete der Verbrecher, »quetsch doch nicht so dicke Brocken daher, Schnüffler! Sillot war ein Idiot. Er hat die Nerven verloren und Henreidt vor deinen Augen abgeknallt. Dann rannte er kopflos ins Haus und brachte dich so auf unsere Spur.«

      »Und Sie haben die Moreland und auch Gerdy Belem erwürgt, Snyder?«

      Da zog ein bestialisches Grinsen über das fahle Gesicht des Gangsters. Er stieß den Kopf vor und schrie:

      »Ja, ich! Ich war es! Es wird dir aber kaum noch etwas nützen.«

      »Und was war mit Harry?«

      »Er war ein Idiot, ein Trottel, der nicht schnell genug tat, was ich ihm befahl. Er war dumm wie Sillot.«

      Wie war die Malerfarbe an Snyders Handschuh gekommen? Als hätte der Verbrecher den Gedanken des Polizeioffiziers erraten, spie er jetzt förmlich hervor:

      »Wenn ich nicht ab und zu eines seiner verkorksten Bilder an den Mann gedrückt hätte, wäre er doch verhungert.«

      »Und ihr mit ihm!«

      Snyder senkte den Kopf. »Was denn«, röhrte er durch den linken Mundwinkel, »wenn er meine Puppen haben wollte für seine blöden Akte, hatte er schließlich auch die Pflicht, für mich zu arbeiten.«

      War es zu Ende?

      Ness blickte zur Tür. Wo bloß die Polizei