Sammelband 6 Extra Western September 2018. Alfred Bekker. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Alfred Bekker
Издательство: Readbox publishing GmbH
Серия:
Жанр произведения: Вестерны
Год издания: 0
isbn: 9783745205664
Скачать книгу
als die von uns.

      Sie kamen höher und damit näher, so dass ich auch ihre Gesichtszüge deutlich erkannte. Beide schienen mir etwa im gleichen Alter zu sein, so Mitte Dreißig. Beide hatten ziemlich arte, scharfgeschnittene Gesichter. Der eine blond, der andere dunkelhaarig. Und ich sah auch, dass sie sehr gepflegte Waffen trugen. An den Pferden hingen am Sattelhorn neue Gewehre: Winchester waren das. Die stammten keinesfalls vom Captain und den beiden anderen.

      Mein Vater hatte mir mal gesagt, dass man einen Menschen danach beurteilen kann, in welchem Zustand sich sein Schuhwerk befindet. Ich habe festgestellt, dass das in den meisten Fällen stimmt. Die Männer, die da heraufkamen, trugen ausgezeichnetes Schuhwerk. Es waren weiche, bis unter die Knie reichende Schnürstiefel. Solche Schuhe mussten sehr teuer sein. Keiner von uns besaß so etwas. Auch sonst waren die beiden gut gekleidet, auch wenn der eine mit nacktem Oberkörper herumlief. Sein Hemd, das konnte ich sehen, hatte er neben das Gewehr ans Sattelhorn gehängt.

      Plötzlich sah ich an dem Hemd etwas blitzen, als die Sonne darauf fiel. Ich hielt es zuerst für einen Metallknopf und dachte wieder an die Armee. Aber ich konnte das alles nicht so genau sehen, weil mir nun das andere Pferd ins Blickfeld geriet und diese Stelle verdeckte.

      Zehn Minuten später waren die beiden dreißig Schritt von Weber entfernt angekommen und blieben stehen. Die Pferde und die Maultiere schnaubten. Die Maultiere begannen sofort die Köpfe zu senken und suchten nach etwas Fressbarem. Die Pferde hatten offenbar mehr Durst als Hunger, witterten das Wasser in unserer Waschanlage, schnaubten und scharrten mit den Vorderhufen.

      Aber die beiden Männer ließen sie nicht zum Wasser hin.

      „Hallo!“, rief der Blonde.

      „Hallo!“, rief Weber zurück. „Was wollt ihr?“

      „Zunächst erst mal etwas zu saufen für die Pferde und die Maultiere. Vielleicht können wir hier lagern.“

      „Lagern?“, rief Weber feindselig. „Das ist kein Hotel.“

      „In diesem Land ist es üblich, dass man einen Fremden an sein Feuer bittet, wenn er nicht gerade ein Bandit ist.“

      „Weiß ich, dass ihr nicht welche seid?“, rief Weber und hob wie zufällig seine Sharps an, dass die Mündung auf den Blonden zeigte.

      „Das kann ich ausschließen“, erwiderte der Blonde. „Tut mir sehr leid. Ich hatte ganz vergessen, mich vorzustellen. Mein Name ist Hutchinson. Richard Hutchinson. Und mein Begleiter ...“ Er warf einen lächelnden Blick auf den Dunkelhaarigen, „ ... heißt Roy Flame. Wir sind eigentlich gekommen, um euch zu fragen, ob euch diese beiden Pferde nicht etwa gehören. Wir haben sie nämlich gefunden. Da müssen auch noch Maultiere gewesen sein, aber die konnten wir nicht mehr finden. So haben wir mit den beiden Pferden vorlieb genommen. Und da wir auch Spuren von euch entdeckt hatten, haben wir uns gesagt, dass ihr euch wahrscheinlich freuen werdet, wenn wir euch die Pferde zurückbringen.“

      Verdammt, dachte ich, was steckt hinter dieser Geschichte? Das alles ist doch nur ein Vorwand. Sie wollen unser Gold!

      „Ich weiß natürlich“, sagte der Blonde weiter, „dass Sie nicht allein sind da oben. Vorhin konnte ich durch mein Fernglas noch drei weitere Männer erkennen. Ich nehme an, die haben sich hier in der Runde verteilt.“

      „Nehmen Sie das ruhig an, Hutchinson. Übrigens bin ich Otto Weber.“

      Hutchinson lächelte. „Ich habe es mir schon gedacht, als ich den deutschen Akzent hörte.“

      Ich konnte deutlich erkennen, wie unsicher Weber wurde. Er, der mit allen Wassern Gewaschene, wusste im Augenblick nicht, was er dazu sagen sollte. Er war völlig perplex.

      „Rede nicht so lange herum, Hutchinson“, rief ich dem Blonden aus meiner Deckung aus zu. „Wir wollen hier keine langen Unterhaltungen führen. Was wollt ihr wirklich?“

      Hutchinson wandte sich zu mir. Und da ich den Kopf hob und er mich sehen konnte, musterte er mich aus schmalen Augen. „Bist du William Belknap?“

      „Nein“, entgegnete ich. „Ich heiße Jed Callahan. Belknap ist tot.“

      „Hast du dir das schon lange vorher überlegt, dieses Märchen“, erwiderte er. „Eine bequeme Lösung, nicht wahr?“

      Ich wusste nicht, was er meinte. „Verdammt, wir haben nicht soviel Zeit, um diese Rätselgeschichten anzuhören“, fuhr ich ihn an. „Es wäre vielleicht ganz brauchbar, wenn du mit dem herausrückst, was du tatsächlich möchtest. Und dann werden wir uns überlegen, ob du es bekommst.“

      „Es ist ganz einfach“, sagte er. „Wir sind im Grunde von Lander aus hinter euch her. Wir suchen zwei Männer. Und mit dem Pferd hier“, er deutete auf den Braunen, der Bill gehört hatte, „haben wir den Beweis“, fuhr er fort. „Es ist das Pfer d von William Belknap. Und wo William Belknap ist, kann Jesse Richmond nicht weit sein, haben wir uns gedacht.“

      Allmählich dämmerte es mir, obgleich ich mir immer noch nicht ausdenken konnnte, warum sie Bill und Jesse auf der Spur gewesen waren. Sollten die beiden etwa Marshals sein?

      Als hätte er geahnt, was ich denke, nahm er plötzlich sein Hemd vom Sattelhorn und zog es sich wieder an. Jetzt konnten wir alle das Marshal-Abzeichen auf der Hemdbrust erkennen. Ein Stern über dem Schild, und auf dem Schild stand die Aufschrift: United States Marshal.

      Ich pfiff durch die Zähne und warf einen Blick auf Weber. Aber der hatte seine Fassung immer noch nicht wiedergewonnen.

      Ich werde mit ihm reden, dachte ich und rief: „Dann kommen Sie ruhig näher, Marshal. Außer diesem Stern, den man sich mit etwas Geschick selber zimmern kann, haben Sie ganz sicher einen Ausweis, möchte ich wetten.“

      „Und schon halb die Wette gewonnen“, erklärte Hutchinson, ließ seinen Begleiter mit den Pferden und den Maultieren zurück und kam allein näher. Er hielt bewusst die Hände vom Revolver weg. Offenbar wollte er nicht in Verdacht geraten, auf uns loszugehen.

      Im Grunde musste ich diesen Mann bewundern. Aber da sagte er schon: „Kommt nicht auf die Idee, dass es ganz einfach wäre, uns beide wegzuputzen. Wir sind natürlich nicht allein da. Unten im Tal sind noch zwei von uns.“

      „Das sagt sich so leicht daher“, erwiderte ich und grinste.

      Er zuckte nur die Schultern. „Tut, was ihr tun müsst. Im übrigen hoffe ich, ihr habt diesen Claim eintragen lassen.“

      Weber hatte von Anfang an darauf bestanden, dass wir den Claim abstecken. Das hatten wir getan. Man konnte einen Claim auch später eintragen lassen. Die Hauptsache war, man hatte ihn abgesteckt. Und das war geschehen. „Er ist abgesteckt. Die Eintragung erfolgt später“, erklärte ich.

      Er nickte, als hätte er etwas anderes von uns gar nicht erwartet. „Es geht mir nicht um den Claim. Es geht mir um zwei Männer.“

      „Sie sind weit genug, Marshal!“, rief Weber.

      Hutchinson nickte. „Also gut“, sagte er und blieb zehn Schritte von mir entfernt stehen. Er fingerte etwas aus der Brusttasche seines noch offenen Hemdes und zog es heraus. Es war ein Blatt Papier. Ich dachte schon, es wäre der Ausweis. Aber den holte er sich aus der Gesäßtasche, und dann hielt er beides hoch.

      „Das eine“, sagte er „ist ein Haftbefehl. Erlassen im Staate Kansas gegen die Postkutschenräuber William Belknap, genannt Bill und Jesse Richmond, beides Cowboys aus Texas, die beschuldigt werden, in der Nacht vom 13. zum 14. März dieses Jahres eine Postkutsche der Wells Fargo Linie angehalten, Fahrer und Insassen bedroht und ausgeraubt zu haben. Es handelt sich dabei um ein sogenanntes Bundesvergehen. Die Tat geschah zwischen den Städten Colby und Oakley. Ich bin beauftragt, die beiden festzunehmen und nach Kansas zu bringen, um sie dort dem Richter vorzuführen.“ Er machte eine Handbewegung auf Roy Flame, den Dunkelhaarigen, und sagte: „Er ist ein Deputy Marshal, meine weiteren Begleiter sind ebenfalls vereidigte Deputy Marshals. Und wie gesagt, die warten unten im Tal.“

      Ich konnte mir das nicht vorstellen.