City of Fallen Angels. Cassandra Clare. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Cassandra Clare
Издательство: Readbox publishing GmbH
Серия: Chroniken der Unterwelt
Жанр произведения: Учебная литература
Год издания: 0
isbn: 9783401801322
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Lichterketten, während die Terrassenheizstrahler, die zwischen den Tischen verteilt waren, einen rötlichen Schein warfen und der kleine Springbrunnen in der Mitte des Biergartens angenehm plätscherte.

      Nur einer der Tische war besetzt – allerdings saß dort nicht Raphael. Eine schlanke Dame mit einem breiten Hut thronte auf einem Stuhl in der Nähe der Außenmauer. Als Simon sich verwirrt umschaute, hob sie eine Hand und winkte ihm zu. Verwundert drehte Simon sich um, um nachzusehen, ob noch jemand anderes hinter ihm stand, aber natürlich war dort niemand. Walker und Archer hatten sich inzwischen wieder in Bewegung gesetzt und Simon folgte ihnen ratlos, während sie den Innenhof durchquerten und dann ein paar Schritte vor der Dame stehen blieben.

      Walker verbeugte sich tief. »Mylady«, sagte er ehrfürchtig.

      Die Dame lächelte. »Walker«, erwiderte sie. »Und Archer. Sehr schön. Vielen Dank, dass ihr Simon zu mir gebracht habt.«

      »Moment mal«, warf Simon ein und schaute von der Frau zu den beiden Domestiken und wieder zurück. »Sie sind nicht Raphael.«

      »Du meine Güte, nein, glücklicherweise nicht.« Schwungvoll nahm die Frau ihren Hut ab, unter dem eine Fülle silberblonder Haare zum Vorschein kam, die sich über ihre Schultern ergossen und im Schein der Lichterketten hell aufleuchteten. Ihr glattes weißes, leicht ovales Gesicht wurde von riesigen hellgrünen Augen beherrscht. Sie trug eine schwarze Bluse zu einem engen Rock, lange schwarze Handschuhe und einen schwarzen Seidenschal um den Hals. Ihr Alter ließ sich unmöglich abschätzen – oder eher das Alter, in dem sie in einen Vampir verwandelt worden war. »Mein Name ist Camille Belcourt. Sehr erfreut, dich kennenzulernen«, säuselte sie nun und streckte Simon ihre schwarzbehandschuhte Hand entgegen.

      »Man hat mir gesagt, ich würde hier Raphael Santiago treffen«, erwiderte Simon, ohne ihre Hand zu ergreifen. »Arbeiten Sie für ihn?«

      Camille Belcourt lachte hell auf; ihr Lachen klang wie das Plätschern eines Brunnens. »Ganz gewiss nicht! Allerdings hat er früher für mich gearbeitet.«

      Im selben Moment erinnerte Simon sich wieder. Ich dachte, jemand anderes würde euren Clan anführen… hatte er sich gegenüber Raphael geäußert, vor nicht allzu langer Zeit in Idris – was ihm heute jedoch wie eine halbe Ewigkeit vorkam.

      Camille ist noch nicht zu uns zurückgekehrt, hatte Raphael erwidert. In der Zwischenzeit bin ich ihr Stellvertreter.

      »Sie sind die Anführerin des örtlichen Vampirclans«, konstatierte Simon und wandte sich dann an die beiden Domestiken. »Ihr habt mich reingelegt. Ihr habt mir gesagt, ich würde hier Raphael treffen.«

      »Ich habe immer nur vom Oberhaupt des Clans gesprochen«, erwiderte Mr Walker. Seine Augen wirkten riesig und leer – so leer, dass Simon sich fragte, ob die beiden ihn wirklich absichtlich an der Nase herumgeführt hatten oder ob sie nicht schlichtweg wie Roboter darauf programmiert waren, immer nur das zu sagen, was ihr Gebieter ihnen befahl, und Unstimmigkeiten überhaupt nicht wahrnahmen. »Und das hier ist unser Oberhaupt.«

      »In der Tat.« Camille schenkte ihren Domestiken ein strahlendes Lächeln. »Bitte wartet drinnen, Walker, Archer. Ich muss mit Simon sprechen… allein.« Irgendetwas an der Art und Weise, wie sie seinen Namen sagte und das Wort »allein«, aussprach, ließ ihre Bemerkung in Simons Ohren wie eine heimliche Liebkosung klingen.

      Die Domestiken verbeugten sich und zogen sich dann zurück. Als Mr Archer sich zum Gehen wandte, erhaschte Simon einen kurzen Blick auf ein verschwommenes Mal an seiner Kehle – ein dunkler Fleck, der fast wie graue Farbe wirkte, mit zwei schwarzen Tupfen in der Mitte. Bei den dunkleren Stellen handelte es sich um Einstiche, umgeben von trockener, rauer Haut. Simon spürte, wie er unwillkürlich erschauderte.

      »Bitte«, sagte Camille und klopfte auf den Stuhl neben sich, »nimm doch Platz. Möchtest du ein Glas Wein?«

      Unbehaglich ließ Simon sich auf der Kante des harten Metallstuhls nieder. »Ich trinke eigentlich keinen Alkohol.«

      »Natürlich«, pflichtete Camille voller Verständnis bei. »Du bist ja beinahe noch ein Frischling, nicht wahr? Aber mach dir keine Sorgen. Im Laufe der Zeit wirst du lernen, Wein und andere Getränke zu konsumieren. Einige der ältesten Vertreter unserer Art können sogar menschliche Nahrung verzehren, ohne allzu große Nebenwirkungen befürchten zu müssen.«

      Allzu große Nebenwirkungen? Dieser Gedanke gefiel Simon ganz und gar nicht. »Dauert das hier lange?«, fragte er und warf demonstrativ einen Blick auf sein Mobiltelefon, das ihm verriet, dass es bereits nach halb elf war. »Ich muss mal langsam nach Hause.«

      Camille nippte an ihrem Weinglas. »Tatsächlich? Und warum?«

      Weil meine Mom auf mich wartet. Okay, okay, das brauchte diese Frau ja nicht unbedingt zu wissen. »Sie haben mich mitten aus einer Verabredung gerissen«, erwiderte er. »Und ich frage mich, was wohl so wichtig gewesen ist, dass Sie mich unbedingt sofort sprechen wollten.«

      »Du lebst noch bei deiner Mutter, nicht wahr?«, erkundigte Camille sich statt einer Antwort und stellte das Glas ab. »Ist es nicht ein wenig seltsam, dass ein so mächtiger Vampir wie du sich weigert, das elterliche Nest zu verlassen und sich einem Clan anzuschließen?«

      »Dann haben Sie mein Date also unterbrochen, nur um sich darüber lustig zu machen, dass ich noch zu Hause wohne? Hätten Sie das nicht an einem Abend machen können, an dem ich keine Verabredung habe? Was übrigens für die meisten Abende gilt, nur falls Sie sich das gefragt haben sollten.«

      »Ich mache mich nicht über dich lustig, Simon.« Camille fuhr sich mit der Zunge über die Unterlippe, als würde sie den Wein kosten, von dem sie gerade getrunken hatte. »Ich möchte lediglich gern wissen, warum du dich nicht Raphaels Clan angeschlossen hast.«

      Bei dem es sich doch auch um deinen Clan handelt, oder?, fragte Simon sich, entgegnete dann aber: »Ich habe den starken Verdacht, Raphael wollte nicht, dass ich mich ihm anschließe. Genau genommen teilte er mir mit, er würde mich in Ruhe lassen, wenn ich ihm nicht in die Quere käme. Also bin ich ihm aus dem Weg gegangen.«

      »Ach, wirklich.« Camilles grüne Augen leuchteten.

      »Eigentlich wollte ich nie ein Vampir sein«, fügte Simon hinzu und wunderte sich über sich selbst, dass er dieser seltsamen Frau derart persönliche Dinge erzählte. »Ich habe mir immer nur ein ganz normales Leben gewünscht. Und als ich herausfand, dass ich ein Tageslichtler bin, hoffte ich, dass das immer noch möglich wäre. Oder zumindest so was Ähnliches wie ein normales Leben. Ich kann zur Schule gehen, ich kann zu Hause wohnen bleiben, mit meiner Mutter und meiner Schwester unter einem Dach leben…«

      »Solange du nie in ihrer Gegenwart etwas isst«, ergänzte Camille. »Solange du dein Bedürfnis nach Blut vor ihnen verbirgst. Du hast noch nie frisches Menschenblut getrunken, oder? Immer nur abgefülltes Blut in Beuteln. Abgestandenes Blut. Tierblut.« Sie rümpfte die Nase.

      Simon dachte an Jace, drängte den Gedanken aber hastig beiseite. Jace konnte man nicht exakt als Menschen bezeichnen. »Nein, das hab ich noch nicht«, beantwortete er Camilles Frage.

      »Aber das wirst du eines Tages. Und wenn du erst einmal frisches Menschenblut gekostet hast, wirst du es nie wieder vergessen.« Sie beugte sich vor und ihre hellen Haare streiften Simons Hand. »Du kannst dein wahres Ich nicht auf immer und ewig verstecken.«

      »Welcher Teenager lügt denn nicht gegenüber seinen Eltern?«, konterte Simon. »Aber davon abgesehen wüsste ich nicht, was Sie das angeht. Genau genommen bin ich mir immer noch nicht im Klaren darüber, was ich hier eigentlich soll.«

      Camille beugte sich weiter vor, sodass der Kragen ihrer schwarzen Seidenbluse weit aufsprang und ihr Dekolleté präsentierte. Wenn Simon noch ein Mensch gewesen wäre, wäre er in diesem Moment knallrot geworden. »Darf ich einmal einen Blick darauf werfen?«, hauchte sie.

      Simon konnte förmlich spüren, wie er sie mit riesigen Stielaugen anstarrte. »Worauf einen Blick werfen?«

      Camille lächelte. »Auf das Mal, natürlich, Dummerchen. Das Mal des unsteten Wanderers.«

      Verblüfft