Die Gedichte. Auswahl. Else Lasker-Schüler. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Else Lasker-Schüler
Издательство: Bookwire
Серия: Reclams Universal-Bibliothek
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783159617107
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blüht es blau über ihrem Tode. 5

      Wenn meine Augen doch hell schienen

      Und ihr Licht brächten.

      Wäre mein Lächeln nicht versunken im Antlitz,

      Ich würde es über ihr Grab hängen.

      [39]Aber ich weiß einen Stern, 10

      Auf dem immer Tag ist;

      Den will ich über ihre Erde tragen.

      Ich werde jetzt immer ganz allein sein

      Wie der große Engel,

      Der neben mir ging. 15

      Ein alter TibetteppichEin alter Tibetteppich [47.]

      Deine Seele, die die meine liebetDeine Seele, die die meine liebet

      Ist verwirkt mit ihr im Teppichtibet

      Strahl in Strahl, verliebte Farben,

      Sterne, die sich himmellang umwarben.

      Unsere Füße ruhen auf der Kostbarkeit 5

      Maschentausendabertausendweit.

      Süßer Lamasohn auf Moschuspflanzenthron

      Wie lange küsst dein Mund den meinen wohl

      Und Wang die Wange buntgeknüpfte Zeiten schon.

      RastRast [48.]

      Mit einem stillen Menschen will ich wandernMit einem stillen Menschen will ich wandern

      Über die Berge meiner Heimat

      Schluchzend über Schluchten,

      Über hingestreckte Lüfte.

      [40]Überall beugen sich die Zedern 5

      Und streuen Blüten.

      Aber meine Schulter hängt herab

      Von der Last des Flügels.

      Suche ewige, stille Hände:

      Mit meiner Heimat will ich wandern. 10

      Dem BarbarenDem Barbaren [49.]

      Ich liege in den NächtenIch liege in den Nächten

      Auf deinem Angesicht.

      Auf deines Leibes Steppe

      Pflanze ich Cedern und Mandelbäume.

      Ich wühle in deiner Brust unermüdlich 5

      Nach den goldenen Freuden Pharaos.

      Aber deine Lippen sind schwer,

      Meine Wunder erlösen sie nicht.

      Hebe doch deine Schneehimmel

      Von meiner Seele – 10

      Deine diamantnen Träume

      Schneiden meine Adern auf.

      Ich bin Joseph und trage einen süßen Gürtel

      Um meine bunte Haut.

      [41]Dich beglückt das erschrockene Rauschen 15

      Meiner Muscheln.

      Aber mein Herz lässt keine Meere mehr ein.

      O du!!

      Mein Herz heult schon über deine rauhen Ebenen

      Und verscheucht meine seligen Sterne. 20

      AbelAbel [50.]

      Kains Augen sind nicht gottwohlgefälligKains Augen sind nicht gottwohlgefällig,

      Abels Angesicht ist ein goldener Garten,

      Abels Augen sind Nachtigallen.

      Immer singt Abel so hell

      Zu den Saiten seiner Seele, 5

      Aber durch Kains Leib führen die Gräben der Stadt.

      Und er wird seinen Bruder erschlagen –

      Abel, Abel, dein Blut färbt den Himmel tief.

      Wo ist Kain, da ich ihn stürmen will:

      Hast du die Süßvögel erschlagen 10

      In deines Bruders Angesicht?

      Durch dein dumpfes Herz

      Klagt Abels flatternde Seele.

      Warum hast du deinen Bruder erschlagen, Kain?

      [42]EstherEsther [51.]

      Esther ist schlank wie die FeldpalmeEsther ist schlank wie die Feldpalme

      Nach ihren Lippen duften die Weizenhalme

      Und die Feiertage, die in Juda fallen.

      Nachts ruht ihr Herz auf einem Psalme

      Die Götzen lauschen in den Hallen. 5

      Der König lächelt ihrem Nahen entgegen –

      Denn überall blickt Gott auf Esther.

      Die jungen Juden dichten Lieder an die Schwester

      Die sie in Säulen ihres Vorraums prägen.

      BoasBoas [52.]

      Ruth sucht überallRuth sucht überall

      Nach goldenen Kornblumen

      An den Hütten der Brothüter vorbei –

      Bringt süßen Sturm

      Und glitzernde Spielerei 5

      Über Boas Herz;

      Das wogt ganz hoch

      Über seine Korngärten

      Der fremden Schnitterin zu.

      [43]Abraham und IsaakAbraham und Isaak [53.]

      Abraham baute in der Landschaft EdenAbraham baute in der Landschaft Eden

      Sich eine Stadt aus Erde und aus Blatt

      Und übte sich mit Gott zu reden.

      Die Engel ruhten gern vor seiner frommen Hütte

      Und Abraham erkannte jeden; 5

      Himmlische Zeichen ließen ihre Flügelschritte.

      Bis sie dann einmal bang in ihren Träumen

      Meckern hörten die gequälten Böcke

      Mit denen Isaak opfern spielte hinter Süßholzbäumen.

      Und Gott ermahnte Abraham; 10

      Er brach vom Kamm des Meeres Muscheln ab und Schwamm

      Hoch auf den Blöcken den Altar zu schmücken.

      Und trug den einzigen Sohn gebunden auf den Rücken

      Zu werden seinem großen Herrn gerecht –

      Der aber liebte seinen Knecht. 15

      Paul ZechPaul Zech [54.]