Wenn meine Augen doch hell schienen
Und ihr Licht brächten.
Wäre mein Lächeln nicht versunken im Antlitz,
Ich würde es über ihr Grab hängen.
[39]Aber ich weiß einen Stern, 10
Auf dem immer Tag ist;
Den will ich über ihre Erde tragen.
Ich werde jetzt immer ganz allein sein
Wie der große Engel,
Der neben mir ging. 15
Ein alter TibetteppichEin alter Tibetteppich [47.]
Deine Seele, die die meine liebetDeine Seele, die die meine liebet
Ist verwirkt mit ihr im Teppichtibet
Strahl in Strahl, verliebte Farben,
Sterne, die sich himmellang umwarben.
Unsere Füße ruhen auf der Kostbarkeit 5
Maschentausendabertausendweit.
Süßer Lamasohn auf Moschuspflanzenthron
Wie lange küsst dein Mund den meinen wohl
Und Wang die Wange buntgeknüpfte Zeiten schon.
RastRast [48.]
Mit einem stillen Menschen will ich wandernMit einem stillen Menschen will ich wandern
Über die Berge meiner Heimat
Schluchzend über Schluchten,
Über hingestreckte Lüfte.
[40]Überall beugen sich die Zedern 5
Und streuen Blüten.
Aber meine Schulter hängt herab
Von der Last des Flügels.
Suche ewige, stille Hände:
Mit meiner Heimat will ich wandern. 10
Dem BarbarenDem Barbaren [49.]
Ich liege in den NächtenIch liege in den Nächten
Auf deinem Angesicht.
Auf deines Leibes Steppe
Pflanze ich Cedern und Mandelbäume.
Ich wühle in deiner Brust unermüdlich 5
Nach den goldenen Freuden Pharaos.
Aber deine Lippen sind schwer,
Meine Wunder erlösen sie nicht.
Hebe doch deine Schneehimmel
Von meiner Seele – 10
Deine diamantnen Träume
Schneiden meine Adern auf.
Ich bin Joseph und trage einen süßen Gürtel
Um meine bunte Haut.
[41]Dich beglückt das erschrockene Rauschen 15
Meiner Muscheln.
Aber mein Herz lässt keine Meere mehr ein.
O du!!
Mein Herz heult schon über deine rauhen Ebenen
Und verscheucht meine seligen Sterne. 20
AbelAbel [50.]
Kains Augen sind nicht gottwohlgefälligKains Augen sind nicht gottwohlgefällig,
Abels Angesicht ist ein goldener Garten,
Abels Augen sind Nachtigallen.
Immer singt Abel so hell
Zu den Saiten seiner Seele, 5
Aber durch Kains Leib führen die Gräben der Stadt.
Und er wird seinen Bruder erschlagen –
Abel, Abel, dein Blut färbt den Himmel tief.
Wo ist Kain, da ich ihn stürmen will:
Hast du die Süßvögel erschlagen 10
In deines Bruders Angesicht?
Durch dein dumpfes Herz
Klagt Abels flatternde Seele.
Warum hast du deinen Bruder erschlagen, Kain?
[42]EstherEsther [51.]
Esther ist schlank wie die FeldpalmeEsther ist schlank wie die Feldpalme
Nach ihren Lippen duften die Weizenhalme
Und die Feiertage, die in Juda fallen.
Nachts ruht ihr Herz auf einem Psalme
Die Götzen lauschen in den Hallen. 5
Der König lächelt ihrem Nahen entgegen –
Denn überall blickt Gott auf Esther.
Die jungen Juden dichten Lieder an die Schwester
Die sie in Säulen ihres Vorraums prägen.
BoasBoas [52.]
Ruth sucht überallRuth sucht überall
Nach goldenen Kornblumen
An den Hütten der Brothüter vorbei –
Bringt süßen Sturm
Und glitzernde Spielerei 5
Über Boas Herz;
Das wogt ganz hoch
Über seine Korngärten
Der fremden Schnitterin zu.
[43]Abraham und IsaakAbraham und Isaak [53.]
Abraham baute in der Landschaft EdenAbraham baute in der Landschaft Eden
Sich eine Stadt aus Erde und aus Blatt
Und übte sich mit Gott zu reden.
Die Engel ruhten gern vor seiner frommen Hütte
Und Abraham erkannte jeden; 5
Himmlische Zeichen ließen ihre Flügelschritte.
Bis sie dann einmal bang in ihren Träumen
Meckern hörten die gequälten Böcke
Mit denen Isaak opfern spielte hinter Süßholzbäumen.
Und Gott ermahnte Abraham; 10
Er brach vom Kamm des Meeres Muscheln ab und Schwamm
Hoch auf den Blöcken den Altar zu schmücken.
Und trug den einzigen Sohn gebunden auf den Rücken
Zu werden seinem großen Herrn gerecht –
Der aber liebte seinen Knecht. 15
Paul ZechPaul Zech [54.]