»Es war perfekt – leidenschaftlich und einfach unglaublich«, gebe ich zurück, aber darum geht es auch gar nicht. Er lächelt zufrieden und verstärkt damit mein Unbehagen. Unwohl rutsche ich unter Cameron hin und her. »Wir … Ich habe etwas vergessen …«, korrigiere ich mich mitten im Satz. Wir mögen uns mit einer verzweifelten Liebe aus längst vergangenen Tagen aneinanderklammern, doch in Wirklichkeit kennen wir uns nicht und er hat keine Ahnung, dass ich nicht verhüte. Sicher hätte er auch daran denken müssen, aber ich umso mehr! »Wenn’s blöd läuft, haben wir gerade ein Baby gemacht«, zwinge ich mich, ihm zu erklären.
Zu meiner Erleichterung weicht der misstrauische Ausdruck von seinem Gesicht und er lacht leise. »Wenn’s blöd läuft …? Vielleicht wäre es dann auch noch perfekter? Ich will alles mit dir, Ally: die prunkvolle Hochzeit, das Haus mit dem weißen Gartenzaun und natürlich auch eine Familie. In welcher Reihenfolge ist mir egal«, schmunzelt Cameron. Ohne meine Reaktion abzuwarten, senkt er seinen Mund auf mich und erstickt jeden vernünftigen Protest im Keim. Eine ungeahnte Weichheit liegt in der Zärtlichkeit und ich schmelze innerlich dahin. Mein Herz klopft stark und ruhig, ich entspanne mich, und endlich fühlt es sich so an, als wäre ich dort, wo ich hingehöre – ohne Zweifel und ohne Wenn und Aber.
Egal, was geschieht: Cameron liebt mich. Er hat mich immer geliebt und er wird mich immer lieben.
Geile Zukunft
»Nun, was soll ich jetzt noch sagen …?« Zugegebenermaßen erleichtert darüber, die letzte Vorlesung meines ersten Semesters als Dozentin hinter mich gebracht zu haben, lasse ich meinen Blick über die ausgedünnten Reihen an Studenten und Studentinnen schweifen. Ich bin nicht krankhaft schüchtern, aber ich bin eben auch nicht der Typ, der sich gern ins Rampenlicht stellt. Genau das habe ich jedoch während des letzten halben Jahres getan, indem ich hinter das Pult getreten bin, woraufhin sich die Augen sämtlicher Anwesenden auf mich gerichtet haben. Was auch immer mich dazu veranlasst hat, derart hart um die Stelle an der California State University/Sacramento zu kämpfen – eines kann ich mit ziemlicher Sicherheit über mich sagen: Ich bin verdammt ehrgeizig. Ich konnte es nach meinem eigenen exzellenten Uni–Abschluss und der darauffolgenden Karriere einfach nicht akzeptieren, mich wie eine Versagerin zu fühlen.
Wie auf Kommando bleibt mein Blick an Riley Cooper hängen.
»Wie wäre es damit, dass Sie uns nun hinaus in die Welt schicken und uns alles Gute für unser Leben wünschen?«, schlägt er mit einem überheblichen Grinsen vor. Automatisch versteife ich mich. Typen wie ihn kenne ich noch allzu gut von meiner eigenen Studienzeit. Menschen und vor allem Männer wie er geben mir das Gefühl, dass ich – egal, wie hart ich für meine Ziele arbeite – nie so erfolgreich wie sie sein werde. Er ist durch und durch ein Gewinnertyp – ein Goldjunge: allseits beliebt, sportlich und verdammt heiß! Das weiß er natürlich nur allzu gut und dass ausgerechnet er den Kurs bis zum letzten Tag besucht, macht mich nervös.
»Ich bin mir sicher, dass Sie Ihren Weg auch ohne kitschige Abschiedsworte meinerseits finden werden«, erwidere ich und klinge dabei sarkastischer als beabsichtigt. Schnell, damit dieser letzte Eindruck von mir nicht hängen bleibt, klatsche ich in die Hände und lächle meine Studenten möglichst heiter an. »Worauf warten Sie noch – Sie haben Mr Cooper gehört, also los …!«
Einige der Studenten lachen – ob über meinen unkonventionellen Abschied oder meinen bissigen Kommentar einem der bekanntesten Studenten des Campus gegenüber, weiß ich nicht. Ich bin jedenfalls heilfroh, dass ich mich zum letzten Mal im selben Vorlesungssaal wie er befunden habe, denn Männer wie er bereiten mir Unbehagen, weil ich voll anspringe auf dieses »Ich bin heiß und mir dessen voll bewusst«-Selbstbewusstseins-Ding!
Meine Handflächen fühlen sich feucht an und mein Puls rauscht schnell dahin. Geschäftig krame ich in meinen Unterlagen herum, während meine Studenten ebenfalls zusammenpacken und nach und nach den Saal verlassen. Nur Riley trödelt, wie ich aus den Augenwinkeln erkennen kann. Dass er nicht einfach geht, macht mich noch unruhiger. Er wartet darauf, mit mir allein zu sein. Der Eindruck erhärtet sich, als er – kaum dass Amber, meine Lieblingsstudentin, sich persönlich von mir verabschiedet hat und durch die Tür verschwunden ist – aufsteht und ohne seine Tasche die Treppen des Stufensaales heruntersteigt.
»Brauchen Sie noch etwas, Mr Cooper?« Angriff!, schwirrt es in meinem Kopf. Ich bin nicht mehr der pickelige Teenager, der sich bereits vom Anblick eines Kerls wie ihm einschüchtern lässt – auch wenn seither gerade mal ein paar Jahre vergangen sind.
Trotzdem muss ich zugeben, dass mich die Kombination seiner breitschultrigen, kräftigen Statur, gepaart mit der lässigen Selbstsicherheit ziemlich aus der Spur wirft. Mein Pulsschlag steigt in schwindelerregende Höhen und in meinem Körper breitet sich eine vibrierende Anspannung aus. Es ist beschämend, doch ich stehe unheimlich auf den Typ Mann, den er verkörpert: jung, gesund und dynamisch. Im Vollschuss auf der Überholspur! Zudem sieht er auch noch ungemein gut aus mit seinem hübschen Gesicht, dem gewinnenden Lächeln und dem dank des Basketballtrainings durchtrainierten Körper.
Als spürte er, dass auch ich mich seiner vereinnahmenden Wirkung nicht entziehen kann, lächelt er mich siegesgewiss an. »Ich wollte mich nur noch persönlich bei Ihnen für meine Noten bedanken, weil –«
Darum geht es also! »Ich habe Sie benotet, wie ich andere Studenten auch benote«, unterbreche ich ihn unwirsch. Entschlossen, in dieser Sache nicht zurückzuweichen, straffe ich die Schultern und recke mein Kinn vor. Nur nicht zeigen, wie zittrig ich mich innerlich fühle. »Wenn Sie sich darüber beschweren wollen, dass Sie als Sportler keine Bevorzugung von mir erhalten, schlage ich vor, sich an den Dekan zu wenden!« Mein Vorgesetzter ist einer der Wenigen an der Uni, der wie ich nichts von der leider immer noch gängigen Praxis hält, Studenten wie Riley den Rücken für ihre sportliche Karriere freizuhalten, indem sie für einen guten Abschluss weniger leisten müssen. Klar, dass Riley das wahrscheinlich nicht gefällt, und das ist sicherlich auch der Grund, warum er überhaupt noch hier ist! Schließlich sind die Noten längst raus und fast die Hälfte der Kursteilnehmer hat die letzte Vorlesung ganz einfach geschwänzt. Himmel, der halbe Campus und auch dieses Gebäude unserer Fakultät ist jetzt, am Freitagnachmittag so kurz vor den Semesterferien, schon regelrecht verwaist!
»Ich denke nicht, dass der Dekan mein Problem lösen kann«, erwidert Riley gedehnt, lässt sich demonstrativ auf der Kante meines Schreibtischs nieder und versucht wieder, mich mit seinem sexy Lächeln einzuwickeln. – Er wird erst gehen, wenn ich kapituliere!
Innerlich brodle ich, während er mich unverschämt ruhig ansieht. Eine Gänsehaut breitet sich in meinem Nacken aus. Es fühlt sich unglaublich intensiv an, von Riley angeschaut zu werden – beinahe etwas zu eindringlich. Innerlich winde ich mich und eine Sicherung knallt bei mir durch.
»Was glauben Sie eigentlich, wer Sie sind?« Das Blut schießt mir in die Wangen. Ich fühle mich viel zu erhitzt für ein Gespräch dieser Art und sollte mich gar nicht erst auf dieses Niveau begeben. Doch Rileys überhebliches Auftreten und all meine Erfahrungen der Vergangenheit mit Kerlen wie ihm machen mich unglaublich wütend. Drohend bohre ich ihm meinen Zeigefinger in die Brust. »Sie mögen attraktiv und beim Basketball der Beste sein. Die Herzen der Mädchen fliegen ihnen nur so zu und Sie halten sich für den Größten – was Sie dazu veranlasst, zu denken, die Welt sei ein großes Spielfeld und alle tanzten nach Ihrer Pfeife. Aber so ist es nicht, so funktioniert es im Leben einfach nicht. Und ich weigere mich, Sie anders zu behandeln als andere, nur weil Sie so unglaublich toll sind!«
Bei jedem meiner Worte wird Rileys Blick düsterer und am Ende senkt er ihn auf meinen Zeigefinger, der sich immer noch in seinen unglaublich festen Brustmuskel bohrt. – Fuck! Der erste Anflug des Triumphes darüber, dass er es nicht schafft, mich so stark zu verunsichern, dass ich mich automatisch seiner überwältigenden Ausstrahlung beuge, verflüchtigt sich. Ich bin zu weit gegangen. Entsetzt will ich meine Hand zurückziehen, meine Sachen schnappen und fliehen, doch Riley ergreift mein Handgelenk und hält mich ganz einfach fest. »Sie finden mich attraktiv?«
In seiner Stimme schwingt ein rauer Unterton, seine Augen blitzen, als er sie über mich hinwegschweifen lässt, und ich fasse es nicht, dass