»Steht es so?« erwiderte die Tochter; »nun, er soll noch vorher von mir etwas zu hören bekommen.«
Und noch am nämlichen Abend, nach dem Nachtmahl, als der Freier anfing, sie mit seinen Liebesversicherungen zu bestürmen, und ihr versprach, dass sie ein Leben voll Überfluss haben solle, entgegnete sie ihm kurz und bündig:
»Mein Vater hat Euch meinen Leib verkauft; wenn Ihr den Handel eingeht, werdet Ihr aus mir eine Hure machen. Denn lieber als Euch will ich dem ersten besten angehören, und wie andre ihrem Bräutigam Treue, so schwöre ich Euch Untreue, als welcher nur der Tod ein Ende machen soll – der meine oder der Eurige.«
Dann fing sie an zu weinen und zu schluchzen, zu weinen wie alle Mädchen, die die Liebe noch nicht kennen, denn anders weinen sie nachher.
Der Mann vom Oberhofgericht nahm das für Komödienspiel und Getue, womit hübsche junge Dinger das Feuer ihrer Anbeter noch heftiger anzuschüren und aus der Liebe Münze zu schlagen gedenken in Form von Leibgedingen und andern Garantien und Verschreibungen ehefraulicher Rechte. Er nahm sich also ihr Geheul und Gerede nicht weiter zu Herzen, sondern lachte und fragte nur, wann sie wünschte, dass die Hochzeit sei.
»Meinetwegen morgen«, antwortete sie; »um so eher werde ich frei sein, um mir Liebhaber zu nehmen, soviel ich will, und das lustige Leben derer zu führen, die die Liebe aufheben, wo sie sie finden.«
Und der verliebte Gimpel von Advokat hat nichts eiliger zu tun, als sich zu verabschieden und alle Vorbereitungen zur Hochzeit zu treffen. Er unternimmt die nötigen Schritte vor Gericht, verhandelt in den Sakristeien, kauft die erforderlichen Dispense, verfolgt seine Sache mit einer Eile und Hast, wie er in seinem Leben keinen Prozess verfolgt hatte, und träumt Tag und Nacht von seiner Schönen.
Unterdessen hörte der König, der von einer langen Reise zurückgekehrt war, an seinem Hofe von nichts reden als von dem schönen Goldschmiedstöchterlein, das dem einen ein Brautgeschenk von Hunderttausend vor die Füße geworfen, einen andern mit Hohnreden heimgeschickt hatte, kurz, keinen haben wollte von all den hübschen Burschen, die gern dem lieben Gott ihren Anteil an der ewigen Seligkeit geschenkt hätten, um das schöne Ungeheuerchen auch nur für einen Tag in ihre Gewalt und ihre Arme zu bekommen.
Solcherlei Reden reizten die Neugierde des Königs, der selber kein Kostverächter war. Er verließ, ohne ein Wort zu sagen, seinen Palast, kam an den Wechselbänken vorüber und trat bei dem Goldschmied ein, um für die Dame seines Herzens ein schönes Juwel zu kaufen, item ein Juwel zu erhandeln, das alle überstrahlte, so nur in der Bude zu finden sein mochten. Er fand aber nichts von all dem Kram nach seinem Geschmack. Und während der Meister aus einer kleinen Lade einen dicken Diamanten hervorsuchte, um ihn dem König zu zeigen, sagte dieser zur Tochter:
»Mein Schätzchen, du bist nicht gemacht, um Juwelen zu verkaufen, sondern um solche geschenkt zu erhalten, und wenn du mir von allen Ringlein hier die Wahl lassen willst, so weiß ich darunter eins, in das alle Welt vernarrt ist, das mir wohlgefällt, dessen Diener und Untertan ich sein möchte und das um ein Königreich, wenn es auch das von Frankreich wäre, nicht zu bezahlen ist.«
»Oh, Herr König«, antwortete das schöne Mädchen, »ich soll morgen heiraten; aber wenn Ihr mir den Dolch da in Eurem Gürtel schenken wollt, so will ich das Ringlein, von dem Ihr spracht, herzhaft verteidigen und es für Euch aufheben nach den Worten des Evangeliums: Gebet dem Kaiser, was des Kaisers ist!« Der König gab ihr unverzüglich den zierlichen Hirschfänger. Ihre Rede aber hatte ihm so gut gefallen, dass er, verliebt bis über die königlichen Ohren, bei sich beschloss, dem neuen Liebchen das hübsche Haus zu schenken, das er erst neulich in der Rue de l'Hirondelle erworben hatte. Und so schied er von dem schönen Kinde.
»Unser Meister Prozesshaspier verlor auch keinen Augenblick und führte am anderen Morgen zum großen Leidwesen der abgeschobenen Mitbewerber unter Musik und dem Geläute der Glocken seine Braut zur Kirche, ließ dann auftragen, dass sich die Tische bogen, und am Abend nach dem letzten Tanz und Kehraus schlich er sich nach der Schlafkammer seines Fräulein Frau, die, das Bett des Advokaten verschmähend und mehr böser Kobold und wütende Teufelin als Fräulein, ihn in einem Sessel am Herdfeuer sitzend erwartete, während höher als das Feuer im Herd die Zornesflamme in ihrem Herzen loderte.
Erstaunt hierüber ließ sich der neugebackene Ehemann vor ihr auf ein Knie nieder und wollte mit leichten Plänkeleien die Entscheidungsschlacht einleiten; sie jedoch blieb stumm und unbeweglich. Als er sich aber dann mit ihren Röcken zu schaffen machte, um ein wenig von dem zu sehen, was er so teuer gekauft hatte, versetzte sie ihm eine Ohrfeige, dass ihm der Kopf dröhnte, und blieb im übrigen stumm wie ein Fisch.
Das Spiel gefiel dem Advokaten nicht übel, er glaubte sich Manns genug, um früher oder später an das Ziel zu gelangen, und tat, wie wenn ihre Klapse Liebkosungen gewesen wären. Es könnte auch nicht fehlen, dass er, ausdauernd in seinem Scharmützel, mit List und Gewalt bald dieses, bald jenes erreichte, jetzt ihr Leibchen aufhäkelte, jetzt ihr den Rock zerriss und wenigstens mit der Hand an den niedlichen kleinen Ort gelangte, wonach seine heißesten Wünsche zielten.
Die Schöne aber zog da plötzlich andre Saiten auf, sie sprang in die Höhe, und indem sie den Dolch des Königs in der erhobenen Rechten zückte, rief sie:
»Was wollt Ihr von mir?«
»Alles!« antwortete er.
»Ah, ich wäre eine große Hure, mich hinzugeben, wo ich hasse. Ihr habt Euch geirrt, wenn Ihr meine Jungfernschaft unbewaffnet glaubtet. Dieser Dolch kommt vom König, ich werde Euch damit töten, wenn Ihr noch einmal die geringste Miene macht, mir nahe zu kommen.«
Sie ergriff bei diesen Worten, ohne den Advokaten aus den Augen zu lassen, im Kamin ein Stückchen Kohle und machte damit einen Strich auf dem Fußboden:
»Das ist die Grenze der königlichen Domäne«, sagte sie; »und nun hütet Euch wohl, sie zu überschreiten, wenn Euch Euer Leben lieb ist!«
Der obergerichtliche Rechtsverdreher, dem die Liebe mit solcher Waffe für zu gefährlich schien, wich scheu zurück. Aber während er das grausame Urteil anhören musste, dessen Kosten er schon zum voraus bezahlt hatte, sah der arme Ehemann durch die zerrissenen Kleider so verführerische Formen schimmern und sah Rundungen, Grübchen usw. blinken und winken, bei deren Versprechungen der Tod seine Schrecken verlor.
»Und wenn es den Tod kostet!« rief er aus, indem er über die Grenze der königlichen Domäne hinwegsprang, sich auf seine Beute stürzte und sie wie ein Schlachtopfer auf das Lager zwang. Aber dieser Teufel in Unterröcken war nicht so leicht kleinzukriegen, und der Advokat, wie er auch das Tier an den Zotteln packte, erreichte doch nichts weiter und erwischte obendrein einen Dolchstich in seine Speckschwarten auf dem Rücken, der ihn jedoch nicht allzuschwer verwundete und für den gewaltsamen Einfall in königlichen Besitz als eine verhältnismäßig gelinde Buße gelten durfte.
Der Mann aber war von dem gewonnenen kleinen Vorteil wie berauscht.
»Ich mag nicht leben«, rief er, »ohne diesen herrlichen Körper, dieses Wunderwerk der Liebe, genossen zu haben; töte mich denn!«
Und er versuchte einen neuen Angriff auf königliche Rechte. Das schöne Mädchen aber, dem der König im Kopf spukte, war nicht im geringsten gerührt von dieser großen Liebe.
»Wenn Ihr noch einmal beginnt«, rief sie mit schrecklichem Ernst, »werde ich nicht Euch, sondern mich töten.«
Ihre Augen funkelten ihn bei diesen Worten so wild an, dass der arme Mann sich entsetzte.
Voll Jammer über sein Missgeschick sank er auf einen Stuhl nieder und verbrachte die Nacht, sonst für Liebende die glücklichste der Nächte, unter Seufzen und Bitten, Lamentationen und Versprechungen: wie sie es so gut bei ihm haben solle, wie sie aus goldenen Schüsseln essen und Herrin über alles sein solle, wie er eine große Dame aus ihr machen und ihr Schlösser und Herrschaften kaufen wolle.
Zuletzt bot er ihr einen Pakt an: wenn sie ihm erlaubte, auch nur eine