Unser Aktenritter hielt sich aber für den schönsten Knaben der Welt, obgleich er selber schlimmer stank als seine schlimmsten Salbereien; mit einem Wort, er zog sich an wie der Frühling, obgleich es draußen Stein und Bein zusammenfror, und machte sich auf den Weg nach der genannten Gasse zu den Schwalbennestern.
Man ließ ihn eine hübsche Zeit warten; doch als er schon dachte, dass er auf den Leim gegangen wäre wie ein rechter Gimpel – es war unterdessen vollends Nacht geworden –, kam die Zofe und öffnete endlich dem beglückten Ehemann das Haus des Königs. Oben angelangt, schob sie ihn hinter eine Tapetentür nahe bei dem Bett seiner Frau, die bald darauf erschien, vor dem Feuer des Herdes den ganzen Schmuck des Tages ablegte und sich mit einem Nachtgewand bekleidete, das mehr sehen ließ, als es verhüllte. Ein klaffender Spalt in seiner Tapetentür machte den Ehemann zum Zuschauer bei dieser geheimen weiblichen Operation. Die Dame aber, die sich mit ihrer Zofe allein glaubte, hatte tausend übermütige kleine Reden, wie sie bei solcher Gelegenheit den Damen über die Lippen kommen.
»Bin ich heut nicht zwanzigtausend Dukaten wert, ist das nicht gerade gut genug bezahlt für Schloss Brie?«
Sie wies bei diesen Worten auf ihre Vorwerke, die wie zwei Bastionen starrten und noch manchen Sturm aushalten konnten, wie sie schon tausendmal furchtbar angegriffen worden waren, ohne etwas von ihrer stolzen Aufrechtheit zu verlieren.
»Meine Schultern allein sind ein Königreich wert«, sagte sie.
»Ich zweifle, ob der König ein paar so machen könnte. Aber, bei Gott, mein Handwerk fängt an, mir langweilig zu werden. Was zuviel ist, ist kein Vergnügen mehr.«
Das Zöfchen lächelte. »Beim König«, sagte die Dame, »ich wollte, du wärst an meiner Stelle!«
Da lachte die Zofe laut heraus.
»Sprecht nicht so laut, er ist da.«
»Wer er?«
»Euer Gemahl.«
»Welcher?«
»Euer Ehegemahl.«
Und das Kammerkätzchen, das gern die zwölftausend Dukaten gewann, aber auch die Gunst ihrer Herrin nicht verlieren wollte, erzählte ihr kichernd das ganze Abenteuer ins Ohr.
»Nun denn«, antwortete leise die Frau Advokatin, »er soll was haben für sein Geld. Mag er festgefrieren hinter seiner Tapete. Wenn er mich aber nur mit dem kleinen Finger anrühren darf, will ich meine ganze Schönheit verlieren und hässlich werden wie ein Nussknacker. Du musst dich an meiner Stelle in mein Bett legen, und es mag deine Sache sein, wie du die zwölftausend Dukaten verdienen willst. Sage ihm aber, dass er sich morgen früh beizeiten aus dem Staube mache, damit ich deinen Betrug nicht merke. Um ihn in seiner Täuschung zu erhalten, werde ich kurz vor Tagesanbruch den Platz mit dir tauschen.«
Der arme Ehemann fror, dass ihm die Zähne klapperten. Unter dem Vorwand, ein Stück Wäsche zu suchen, machte sich die Zofe in seinem Verschlag zu schaffen.
»Ihr müsst Euch schon ein wenig an Euren Aussichten erwärmen«, sagte sie. »Die Gnädige legt sich für heute Abend in Gala, Ihr sollt Euer Geld nicht zum Fenster hinausgeschmissen haben. Aber beißt die Zähne aufeinander und muckst mir nicht! Ich wäre verloren.«
Endlich, als der Mann glücklich steifgefroren war, wurden die Lichter ausgelöscht, dann in wenigen Minuten erschien von neuem die Zofe, um der königlichen Geliebten zu melden, dass der Edelmann warte. Dann hüpfte sie in das königliche Bett, die Dame aber, wie wenn es die Zofe wäre, entfernte sich aus dem Gemach.
Nun zögerte der Anwalt nicht, aus seinem kalten Loch hervorzutreten und unverweilt unter die Bett-Tücher zu kriechen, wo er sich in allen Himmeln fühlte. Die Kammerfrau knickerte nicht für die zwölftausend Dukaten, und der gute Advokat war ganz erstaunt über den Überfluss in einem königlichen Hause zum Unterschied der kleinen und ängstlichen Ausgaben einer Bürgersfrau. Sie spielte ihre Rolle gut, die verschmitzte Zofe, sie regalierte den Federfuchser mit kleinen unterdrückten Schreien, die echt klangen, wenn sie's auch nicht waren, wand und bäumte sich wie ein Karpfen auf dem Stroh und machte von Zeit zu Zeit ihr ›ah, ah‹, was sie jeder andern Rede überhob. Sie gab ihrem Advokaten so viele Fragen auf, und er blieb auf keine einzige die Antwort schuldig, also dass er bald einschlief und dalag wie ein Sack. Er hatte übrigens vorher, um ein Andenken an diese Liebesnacht mit sich zu nehmen, seiner Frau, wie er meinte, in der Hitze des Geraufs und sonstiger Katzbalgerei ein Büschelchen Haare geraubt, ich weiß nicht von welchem Ort, da ich nicht dabei war, und dieses kostbare Pfand kammerzöfischer Tugend hielt er krampfhaft zwischen den Fingern.
Am andern Morgen beim ersten Hahnenschrei vertauschte die Frau mit der Kammerfrau den Platz und stellte sich wie im tiefsten Schlaf, die Zofe aber gab dem Advokaten einen gelinden Nasenstüber:
»Es ist Zeit«, tuschelte sie ihm ins Ohr, »nehmt Eure Siebensachen zusammen, schon blickt der Tag zum Fenster herein.«
Mit schmerzlichem Bedauern hörte der Advokat diese Aufforderung. Ehe er sich endgültig zurückzog, wollte er wenigstens das Feld seiner Kämpfe und Siege noch inspizieren. Er staunte.
»Seht doch«, sprach er, indem er seine Beute von der verflossenen Nacht hochhielt, »wie kann Blondes von Schwarzem kommen?«
»Bösewicht!« entgegnete die Zofe, »die Gnädige wird darüber sehr ungnädig auf Euch sein.«
»Aber, seht doch nur ...«
»Was ist da zu verwundern!« antwortete das Mädchen; »Ihr seid so gescheit und wisst alles, und nun wisst Ihr nicht einmal, dass ausgerissene Pflanzen welken und sich entfärben.«
Mit diesen Worten schob sie ihn zur Tür hinaus, und im Konzert mit ihrer Herrin lachte sie hinter ihm drein wie eine Tolle.
Die ganze Geschichte blieb nicht lange geheim, und der arme Advokat, Féron hieß er mit Namen, starb aus Kummer darüber, dass seine Frau, die so vielen gehörte, ihm allein unerreichbar war; sie aber, die man nur die schöne Féronnière nannte, verließ nicht lange danach den König und heiratete den obbemeldeten jungen Edelmann, einen Grafen von Buzançois. In ihren alten Tagen erzählte sie oft den Streich, den sie dem Advokaten gespielt hat, aus keinem andern Grund, wie sie lachend sagte, weil sie ihn nun eben einmal nicht riechen konnte.
Daraus können wir lernen, uns nicht an die Röcke einer Frau zu hängen, die nichts von uns wissen will.
Der Erbe des Teufels
Zu Paris an der Notre-Dame gab es einmal einen alten Chorherrn, der bei Saint-Pierre am Ochsenmarkt ein eignes schönes Haus bewohnte. Dieser Chorherr war als einfacher Priester nach Paris gekommen, hungrig wie eine Kirchenmaus, nackt wie ein Degen, wenn er aus der Scheide gezogen. Aber er war ein schöner Mann und als solcher so üppig begabt und ausgerüstet, dass er bei den Weibern, wenn es sein musste, die Arbeit von drei andern versehen konnte, ohne je schachmatt zu werden, und es dauerte nicht lange, so war er der Lieblingsbeichtiger der Frauen. Er war sanft mit den Traurigen, er tröpfelte Balsam in kranke Herzen, keine ließ er ohne Trost ausgehen. Verschwiegen war er wie eine Mauer. So wurde er immer berühmter, und seine Kundschaft erstreckte sich bis an den Hof.
Das