Am 22. März 1842 brach Ida Pfeiffer zu einer Pilgerfahrt nach Palästina auf, obwohl es nach Meinung von Freunden und Verwandten für eine Frau höchst unpassend war, allein zu reisen. Von Konstantinopel führte sie ihre Reise nach Beirut, Jerusalem, Damaskus und Alexandria bis nach Kairo. Meist schloss sie sich auf den einzelnen Reiseetappen anderen Reisenden an. Auf einem Kamel ritt sie durch die Wüste zur Landenge von Suez. Nach Aufenthalten in Malta und Sizilien kehrte sie über Neapel und Rom im Dezember 1842 nach Wien zurück. Ihr Reisetagebuch veröffentlichte sie 1844 anonym unter dem Titel »Reise einer Wienerin in das heilige Land«. Das Buch wurde ein großer Publikumserfolg, aber erst mit der vierten Auflage 1856 bekannte sich Ida Pfeiffer zu ihrer Autorenschaft. Vor allem die Einnahmen aus ihren in sieben Sprachen übersetzten Publikationen, die vom gehobenen Bürgertum sehr geschätzt wurden, setzten sie in die Lage, weitere Reisen zu planen. Eine zusätzliche Einnahmequelle boten auch die von ihr auf den Reisen gesammelten Naturalien und mitgebrachten Artefakte, die sie an Museen verkaufte.
Um auf die kommenden Reisen gut vorbereitet zu sein, eignete sich Ida Pfeiffer naturkundliche Kenntnisse, Sammeltechniken und Konservierungsmethoden an. Außerdem beschäftigte sie sich mit Fotografie. Da ihre nächste Reise nach Skandinavien gehen sollte, lernte sie Englisch und Dänisch. Im April 1845 brach sie zu ihrer Nordlandreise auf. Ihr erstes Reiseziel Island enttäuschte sie, da sie sich die Insel als »wahres Arkadien« vorgestellt hatte. Christiania, das heutige Oslo, und Stockholm bildeten weitere Etappen ihrer Reise. Nach der Rückkehr nach Wien verarbeitete sie ihre Erlebnisse in der »Reise nach dem skandinavischen Norden und der Insel Island im Jahre 1845«.
Im Mai 1846 brach sie zu ihrer ersten Weltreise auf. In Hamburg schiffte sie sich nach Rio de Janeiro ein. Nachdem sie in Brasilien knapp einem Mordanschlag entkommen war, traf sie nach einer Passage um Kap Hoorn im chilenischen Valparaiso ein. Über Tahiti, Macao, Hongkong, Kanton und Singapur kam sie nach Ceylon. Sie bereiste Indien, wo sie u. a. an einer Tigerjagd teilnahm. Ihre Reise führte sie weiter nach Mesopotamien und Persien. Sie besuchte Bagdad, begleitete Karawanen durch die Wüste und sah die Ruinen von Babylon, Ninive und Nimrud. Über Armenien, Georgien, Odessa, Konstantinopel und Athen kehrte sie im November 1848 nach Wien zurück. 1850 erschienen ihre Aufzeichnungen unter dem Titel »Eine Frauenfahrt um die Welt«. Zu ihrer zweiten Weltreise startete sie im Mai 1851. Über London reiste sie nach Kapstadt und weiter Richtung Singapur. Sie besuchte die Inseln Borneo, Java und Sumatra. Ihr Weg durch das Innere von Borneo, das sie als erste Weiße durchquerte, wurde für spätere Forschungsreisende zum Vorbild. Nach dem Besuch der Sundainseln und der Molukken segelte sie nach Kalifornien weiter, wo sie noch den Goldrausch erlebte. Mehr als an San Francisco mit seinen Spielhäusern war sie an dem Leben der indianischen Bevölkerung interessiert. Sie bereiste Ecuador und Peru und nach der Überquerung der Kordilleren erreichte sie Ende Mai 1854 via Panama wieder Nordamerika. Einen Monat später traf sie in London ein. 1856 veröffentlichte sie ihren Reisebericht unter dem Titel »Meine zweite Weltreise«.
Im Mai 1856 reiste sie nach Mauritius, von dort setzte sie ihre Reise nach Madagaskar fort. Als innenpolitische Unruhen in Madagaskar ausbrachen, wurde sie inhaftiert und schließlich ausgewiesen. Von der Malaria schwer gezeichnet traf sie wieder in Mauritius ein, an eine Weiterreise nach Australien war nicht mehr zu denken. Im September 1858 traf Ida Pfeiffer wieder in Wien ein, wo sie schon in der Nacht vom 27. auf den 28. Oktober verstarb. Ihre »Reise nach Madagaskar« erschienen 1861 postum.
Victoria I. Alexandrina
* 1819 in London
† 1901 in Osborne House (Insel Wight)
Königin des Vereinigten Königreichs von Großbritannien und Irland,
Kaiserin von Indien
»Kurs halten, egal wohin die Fahrt geht.«
(Königin Victoria)
Als die 18-jährige Prinzessin Victoria 1837 ihrem Onkel König William IV. auf den Thron von Großbritannien und Irland nachfolgte, begann eine über 63 Jahre dauernde, erfolgreiche Regierungszeit, die bis heute längste Regentschaft in der britischen Geschichte. Das nach ihr benannte Viktorianische Zeitalter war geprägt von wirtschaftlichem Aufschwung, imperialistischer Expansion und einem bürgerlich-strengen Moralprinzipien verpflichteten Gesellschaftsbild. Als konstitutionelle Monarchin herrschte sie fast über ein Viertel der Erde und ein Viertel der Weltbevölkerung.
Am 24. Mai 1819 wurde Victoria Alexandrina im Londoner Kensington Palace als Tochter des Herzogs Edward von Kent und der Prinzessin Marie Louise Victoire von Sachsen-Coburg-Saalfeld geboren. Zum Zeitpunkt ihrer Geburt stand die Prinzessin an fünfter Stelle in der britischen Thronfolge, und es schien eher unwahrscheinlich, dass sie zur Thronerbin avancieren würde. Nur wenige Monate nach Victorias Geburt starb ihr Vater. Die Herzogin überwachte sorgfältig die Erziehung ihrer Tochter und hielt sie von den in schlechtem Ruf stehenden Höfen ihrer Onkel fern. Da Victoria ohne Altersgenossen aufwuchs, wurde ihre deutsche Erzieherin Baronin Luise Lehzen in ihrer wenig abwechslungsreichen Kindheit eine wichtige Bezugsperson. Neben einer guten sprachlichen Ausbildung eignete sich die Prinzessin gewisse Kenntnisse in Geographie, Geschichte und Politik an.
Mit Victorias Regierungsantritt endete die seit 1714 bestehende Personalunion mit dem Königreich Hannover aufgrund der dort herrschenden Erbfolgeregelung, die eine weibliche Thronfolge ausschloss. Am 28. Juni 1838 fand die feierliche Krönung Victorias in der Londoner Westminster Abbey statt. Ungeachtet ihres großen Selbstbewusstseins und ihrer Selbständigkeit sollte sich Königin Victoria als gewissenhafte Regentin erweisen, deren herausragende Eigenschaft ihr gesunder Menschenverstand war. In ihrem Verhältnis zu den Premierministern ließ sich die Königin jedoch von persönlichen Gefühlen leiten. Während sie etwa für den charmanten Benjamin Disraeli eine Schwäche hatte, brachte sie dem eher langweiligen und äußerst pedantischen William Edward Gladstone ausgesprochenen Widerwillen entgegen.
Trotz konstitutioneller Regierungsform versuchte Victoria den Regierungskurs zu beeinflussen, wobei ihre wesentliche Macht hauptsächlich darin bestand, dass die Minister ihren Wünschen nachkamen und sich ihrem Willen beugten. In entscheidenden politischen Fragen hat die Königin aber immer die Grundsätze des Parlamentarismus befolgt.
Am 10. Februar 1840 heiratete Victoria ihren Vetter Prinz Albert von Sachsen-Coburg-Gotha. Es war seitens der Königin eine Liebesheirat. Ihrem höheren Rang entsprechend machte sie dem Prinzen den Heiratsantrag. Victoria notierte dazu in ihr Tagebuch: »Um halb eins ließ ich Albert zu mir bitten. Er kam in das Kabinett, wo ich ihn allein empfing, und nach einigen Minuten sagte ich, ich glaubte, er wisse wohl, warum ich ihn hergebeten habe – und dass ich so glücklich wäre, wenn er dem zustimmte, was ich mir wünschte (dass er mich heirate).« Der begabte Prinz wurde ihr engster Berater und übte großen Einfluss auf sie sowohl im privaten wie auch politischen Leben aus. Aus der harmonischen Ehe gingen neun Kinder hervor. »Ach, wenn ich unser schönes, glückliches gemeinsames Leben nur richtig beschreiben könnte«, vermerkte sie. Die Schwangerschaften und Geburten empfand sie allerdings als negative Seite ihrer Ehe. Ihrer ältesten Tochter Vicky schrieb sie später dazu: »Du weißt ganz genau, dass ich Babies nicht hasse (…), aber ich hasse ihre unangebrachte Vergötterung und die ekelhaften Umstände ihrer animalischen Existenz, die ich nicht sehen will.« Es war Alberts Verdienst, dass am viktorianischen Hof strenge moralische Maßstäbe aufgestellt wurden. Das Privatleben der britischen Königsfamilie wurde zum Inbegriff von Häuslichkeit und Anstand.
Victoria überließ ihrem Ehemann zunehmend die führende Rolle in der Politik. Die wohl bedeutendste Leistung Alberts bestand darin, dass es ihm gelang, die Rolle der konstitutionellen Monarchie als »über der Tagespolitik« stehend festzulegen und die Krone wieder populär zu machen. Albert widmete