»Man sollte die Polizei doch besser verständigen, damit wir abgeholt werden«, machte sich Butler Parker bemerkbar. »Sie dürfen versichert sein, Mister Rander, daß mein Vorschlag nicht einem Angstgefühl entspricht, aber wenn ich Ihnen sage, daß sich meine Zunge bezieht, dann …«
»Rufen Sie Handy gleich an«, sagte Mike Rander sofort. »Ihre Alarmzeichen darf man nicht übersehen.«
»Vielleicht gehen Sie vorsichtig vor«, schlug Butler Parker dem Polizeileutnant ungeniert vor. »Ich habe das Gefühl, Mister Handy, daß im Hochhaus einige Leute warten.«
»Dann rauchen Sie am besten noch eine Zigarette«, sagte Mike Rander und reichte Purcel eine Zigarette. »Wie ich die Polizei kenne, werden Sie in den nächsten Tagen wenig Gelegenheit dazu haben.«
»Falls Sie überhaupt noch je einmal rauchen können«, sagte Butler Parker von der Tür her. »Mister Rander, meine Zunge wird wieder frei.«
»Ein erfreuliches Zeichen.« Mike Rander grinste.
Leutnant Handy traf nach knapp zehn Minuten mit seinen Leuten ein. Als Mike Rander und Parker auf die Niederschrift des Gespräches hinwiesen, erledigte Handy die Zeugenvernahme sogleich an Ort und Stelle. Er verlas noch einmal das Gespräch, und Eddy Purcel hatte nichts dagegen einzuwenden. Er unterschrieb sein Geständnis und wurde dann von einigen Beamten aus den Geschäftsräumen der Foto-Agentur gebracht.
»Purcel wird wahrscheinlich die Geständnistour reiten«, sagte Leutnant Handy, als er mit Rander und Parker allein in dem Office war. »Übrigens kann ich Ihnen eine erfreuliche Mitteilung machen: wir haben die Lutch- oder wie sie hieß, die Sol-Gang ausheben können. Ein Mann ist uns entwischt, aber das macht mich nicht heiß.«
»Haben Sie von der Frau die Namen der Rauschgifthändler bekommen?«
»Einige schon, aber es handelt sich nur um einige kleine Fische, die nicht so schwer ins Gewicht fallen. Tja, und jetzt beginnt erst die Hauptjagd, Rander. Wir müssen Mike fassen, Onkel Eddy Purcel schaltet nach dem Geständnis voll aus.«
»Trotzdem würde ich ihn überwachen lassen«, riet Mike Rander. Butler Parker pflichtete ihm durch würdevolles Kopfschütteln lebhaft, aber in Grenzen bei.
»Keine schlechte Idee«, sagte der Leutnant, der natürlich sofort einverstanden war. »Ich werde das sofort erledigen.«
Er setzte sich an den Schreibtisch und informierte sein Büro.
»So, Purcel wird beschattet, und zwar noch stärker als in den letzten Stunden«, erklärte der Polizeioffizier dann. »Ich hatte schon einen Mann von mir auf seine Fersen gesetzt, aber sicher ist sicher.«
»Bleiben also nur noch Ann Torca und Anthony Lemming, die befragt werden müssen.«
»Also fahren wir am besten mal in die Tide Street«, schlug Leutnant Handy vor. »Vielleicht haben wir Glück.«
Sie hatten Glück, sogar sehr großes. Als sie das bewußte Haus in der Tide Street erreicht hatten, wollte Ann Torca gerade einen Wagen besteigen. Sie sah sich erstaunt um, als sie Butler Parker und Mike Rander erkannt hatte.
»Steigen Sie doch bitte bei uns ein«, bat Mike Rander höflich.
»Darf ich übrigens vorstellen, das hier ist Leutnant Handy von der Kriminalabteilung. Er freut sich darauf, Sie vernehmen zu können. Mister Eddy Purcel hat schon alles getan, um Sie zu belasten.«
»Ausgerechnet der Eddy«, sagte Ann Torca nur. Sie machte auf Mike Rander wirklich nicht den Eindruck eines verschüchterten Mädchens.
Leutnant Handy, Mike Rander und sogar Butler Parker gaben sich redliche Mühe, etwas aus der Frau herauszuholen. Aber sie lächelte auf alle gestellten Fragen und schwieg. Als Handy das Gespräch auf den geheimnisvollen Mike brachte, lächelte sie verstärkt.
Zudem näherten sie sich bereits der Trent Street.
»Halten Sie bitte vor der nächsten Wache«, bat Leutnant Handy Butler Parker. »Ich will die Frau loswerden.«
Kurz vor der Einfahrt in die Straße entdeckte Butler Parker eine Wache. Leutnant Handy brachte Ann Torca dort sicher unter, und schweigend legten sie die letzten hundert Yards bis vor Lemmings Haus zurück.
»Jetzt bin ich gespannt, ob einer im Haus ist«, sagte Handy. Er klingelte energisch und war sehr erstaunt, als Lemming in der Tür erschien. Leutnant Handy wies sich aus, und Lemming führte Rander, Parker und Handy in den Salon.
»Nehmen Sie doch bitte Platz.« Lemming war unruhig und ging in kurzen Trippelschritten vor dem Tisch auf und ab.
»Setzen Sie sich auch«, sagte Rander zu seinem Butler. Aber Parker schüttelte den Kopf. Als alle erstaunt auf ihn sahen, räusperte sich der Butler.
»Es steht einem Butler nicht an, sich zu setzen«, sagte er betont und mit Würde. Mike Rander schüttelte unmerklich den Kopf. Parker hatte doch den Unsinn endlich aufgegeben. Oder sollte er etwa einen Verdacht haben? Mike Rander beschloß, wachsam auf der Hut zu sein.
»Mister Lemming«, begann Leutnant Handy. »Von den beiden Herren werden Sie ja schon erfahren haben, um was es sich handelt. Mister, Rander und Parker haben mit meiner Billigung gearbeitet, und mir sind auch die Ergebnisse des Gespräches zwischen Ihnen und den beiden Herren bekannt. Sie müssen zugeben, daß Sie sich in erhebliche Widersprüche verwickelt haben.«
»Haben Sie einen Haftbefehl gegen mich?« fragte Lemming verstört. »Ich verstehe nicht …«
»Sie haben Glubb Rauschgift geliefert, und er sollte es Ihnen zurückgeben, weil Sie eine Kontrolle erwarteten«, wurde Mike Rander sehr deutlich. »Die Frage ist nun, wie oft Sie so etwas getan haben, einmal oder laufend. Die Tatsachen sind bereits von Eddy Purcel zugegeben worden.«
»Meine Herren«, begann Lemming. Sein Gesicht hatte sich jäh gerötet. »Ich bin ein …«
Was nun folgte, spielte sich in Sekundenschnelle ab. Lemming griff sich an den Hals, ein Schuß peitschte auf, ein zweiter Schuß fiel, man hörte einen erstickten Aufschrei, ein Poltern, und Mike Rander und Leutnant Handy sprangen auf. »Lemming ist erschossen worden!« rief Leutnant Handy. »Verdammt …«
»Man soll den Tatsachen ins Auge sehen«, meldete sich da plötzlich die Stimme des Butlers von der Tür her. »Mister Lemming wird nur einen Herzanfall bekommen haben. Zuerst geschossen hat der Butler Paul, von dem ich behaupte, daß er kein Berufskollege von mir ist. Der zweite Schuß wurde von mir abgefeuert, um die Ermordung Mr. Lemmings durch Butler Paul zu verhindern. Wenn Sie sich in die Halle bemühen wollen, sehen Sie Paul. Er ist keinesfalls tot, aber ich bin sicher, daß ich ihn hart erwischt habe …«
*
Mike Rander, Butler Parker und Leutnant Handy saßen in dem Office des Leutnants. Nach der Entlarvung des Butlers waren einige Tage vergangen. Butler Paul, Lemming, Purcel und andere kleine Rauschgifthändler hatten ihre Geständnisse abgelegt. Leutnant Handy konnte die abschließende Zusammenfassung geben.
»Sie hatten durchaus richtig gelegen«, begann er die Unterhaltung. »Eddy Purcels Darstellung entspricht den Tatsachen. Gründer des Rauschgiftrings in der Stadt war Glubb. Weil ihm Kapital und Organisationstalent fehlten, ordnete er sich sofort einem Unbekannten unter. Dieser Unbekannte war Butler Paul. Wie er zu diesen Dingen kam? Glubbs Freundin war Ann Torca. Sie wurde von Glubb verwöhnt, schwenkte aber sofort ab, als sie eines Tages Butler Paul in Zivil kennenlernte. Der hatte schon seit langem Rauschgiftrosinen im Kopf, da er als Butler bei dem Inhaber der Narkotikawerke Lemming beschäftigt war. Wahrscheinlich dürfte sein, daß es Ann war, die sich an Paul herangemacht hatte. Glubb war ja zwar als Abteilungsleiter in Lemmings Fabrik beschäftigt, aber da die Produktionskontrolle scharf war, konnte er kein Gramm aus dem Werk schmuggeln.
Glubb hatte Pech. Er, der Ann auf Paul gehetzt hatte, um über den Butler auf Lemming einzuwirken, wurde kaltgestellt. Ann schwenkte auf den stärkeren und selbstsicheren Paul über, und gemeinsam heckten