Art Stonewell bekam einen leichten Hustenanfall, als Rander ihn ebenfalls so unkonventionell und gelassen anredete. Sekretär Herb Lasters warf Rander einen beschwörenden Blick zu.
»Sie... Sie haben Haare auf den Zähnen«, meinte Stonewell plötzlich und produzierte eine Art Lächeln, was allerdings gründlich mißlang. Er sah jetzt beleidigt und mißmutig aus.
»Aber, aber, ich versuche doch nur, mich dem Ton meines Gesprächspartners anzupassen«, gab Rander zurück. »Aber wollen Sie nicht endlich zur Sache kommen? Falls Sie mit mir noch Zusammenarbeiten wollen...!«
»Lasters, erzählen Sie ihm von unseren Schwierigkeiten!« sagte Stonewell, sich an seinen Sekretär wendend. Dann lehnte Stonewell sich in seinem Sessel zurück, schloß die Augen und legte die Fingerspitzen seiner Hände gegeneinander.
»Ich glaube, ich kann mich sehr kurz fassen«, begann Lasters nervös und räusperte sich. »Innerhalb von zwei Monaten hat die ›Star-Pictures‹ vier Starlets verloren. Und zwar auf den ersten Blick durch Unfall. Die Polizei fand aber in allen vier Fällen heraus, daß es sich um Mord handelt.«
»Wie bitte? Wiederholen Sie das noch einmal?«
»Vier Morde an Starlets innerhalb von zwei Monaten«, sagte Herb Lasters.
»In allen vier Fällen starben die jungen Damen am Biß der ›Schwarzen Witwe‹, wenn Sie wissen, was ich meine...!«
»Und ob ich das weiß...!« Rander dachte plötzlich sehr intensiv an die handtellergroße, häßliche, behaarte Spinne, die ihn um ein Haar in den dicken Zeh gebissen hatte. Er konnte ein Schütteln des Widerwillens gerade noch unterdrücken.
»Warum war davon kaum etwas in den Zeitungen zu lesen?« fragte Rander interessiert.
»Mr. Stonewell hielt das in Zusammenarbeit mit der Polizei für nicht angebracht«, antwortete Herb Lasters. »Es hätte nur unnötige Unruhe verursacht.«
»Schlagzeilen, Mr. Rander, können wir nicht brauchen. Sie schädigen nur das Geschäft.«
»Wie hießen die bisherigen Opfer?« fragte der Anwalt.
»Namen und Adressen habe ich für Sie zusammenstellen lassen«, schaltete sich Art Stonewell ein. »Wenn Sie mich fragen, wird hier ein gemeines Kesseltreiben gegen die ›Star-Pictures‹ veranstaltet.«
Der Boß der Filmfirma hatte die Augen geöffnet und sah den Anwalt jetzt fast anklagend an. »Die vier jungen Dinger, eh, ich meine, meine Mitarbeiterinnen, waren im Kommen, wie wir sagen. Sie hatten sich bereits die ersten Sporen verdient und sollten jetzt groß herausgestellt werden. Doch sie wurden nacheinander umgebracht. Die hiesige Polizei steht vor einem Rätsel. Sie, Mr. Rander, müssen es schaffen, diesen Massenmörder zu erwischen!«
»Gingen diesen Giftmorden irgendwelche Drohungen voraus?«
»Nichts, gar nichts! Sie starben plötzlich und ohne jede Vorwarnung.«
»Ihr Sekretär sprach eben von der ›Schwarzen Witwe*, Mr. Stonewell. Sind die jeweiligen Spinnen am Tatort gefunden worden?«
»In allen vier Fällen«, antwortete Herb Lasters. »Und in allen vier Fällen steht einwandfrei fest, daß als Todesursache eben nur ein Spinnenbiß vorlag!«
*
Nachdem Josuah Parker einige Anrufe getätigt hatte, landete er nach einer Stunde bei einem gewissen Mr. Steve Hardness, dem Besitzer einer gut florierenden Schlangenfarm am Stone Canyon Reservoire unterhalb des berühmten Mulholland Drive, nördlich von Beverly Hills.
Steve Hardness, ein langer, dürrer, sonnenverbrannter Mann von etwa fünfzig Jahren herrschte über ein großes, felsiges Grundstück und ein halbes Dutzend Holzbaracken, die allesamt von einem hohen Maschen- und Stacheldrahtzaun eingeschlossen waren.
»Na, was haben Sie mir denn mitgebracht?« fragte er belustigt, nachdem der Butler sich höflich und wortreich vorgestellt hatte. »Ich sage Ihnen gleich, daß ich an Schlangen im Moment nicht interessiert bin. Ich bin vollbesetzt.«
»Sie kaufen Schlangen?« fragte Parker und stellte das verschnürte Päckchen auf den Arbeitstisch des Mannes.
»Normalerweise ja...! Ich brauchte für meine Farm immer Nachschub. Aber wie gesagt, im Moment bin ich restlos besetzt.«
»Darf ich Ihnen dieses Kerftier vorstellen?« fragte Parker und öffnete die Verschnürung. »Vielleicht können Sie mir darüber einige Auskünfte geben!«
Während der Butler redete, öffnete er das Päckchen.
Und im gleichen Augenblick krabbelte die Vogelspinne über den Rand, stutzte, sah sich interessiert um und entschloß sich, erst einmal in Lauerstellung zu gehen. Sie sah in diesem Moment äußerst tückisch und giftig aus.
»Donnerwetter, ein wunderschönes Exemplar!« Steve Hardness schien ehrlich begeistert zu sein. Ohne Scheu näherte er sich der Vogelspinne und beugte sich über sie.
»Giftig?« fragte der Butler knapp.
»Worauf Sie im wahrsten Sinne des Wortes Gift nehmen können«, gab Steve Hardness zurück. »Man sieht’s ihr ja direkt an. Sagen Sie, wo haben Sie sie her?«
»Ich fand sie in meinem Hotelzimmer«, sagte Parker vorsichtig.
»In einem Hotelzimmer? Ausgeschlossen!«
»Ich fand sie, nachdem ich dieses Päckchen aufgeschnürt und geöffnet hatte.«
»Machen Sie keine Witze! Das ist ja fast so was wie ein Mordanschlag.«
»So faßte ich die bewußte Geschenksendung auch auf«, antwortete der Butler. »Meine Frage an Sie, Mr. Hardness, wie beschafft man sich als normaler Durchschnittsbürger solch eine Spinne?«
»Na, so einfach ist das nicht. Man muß wissen, wo die Dinger sich verstecken und aufhalten. Im Stadtgebiet schon gar nicht.«
»Kann man Vogelspinnen kaufen?«
»Bei mir bestimmt nicht, Mr. Parker. Die, die ich habe, gehen alle an die Seruminstitute.«
»Besitzen Sie im Moment Vogelspinnen?«
»Selbstverständlich. Meine Spinnenabteilung ist berühmt.«
»Wissen Sie immer genau, entschuldigen Sie meine neugierige Frage, wieviel Vogelspinnen Sie besitzen?«
»Darüber wird immer genau Buch geführt. Schon wegen der Eigenkontrolle!«
»Sie betreiben Ihre Schlangenfarm allein?«
»Das würde ich allein niemals schaffen. Ich habe ein paar zuverlässige Angestellte.«
»Gibt es außer Ihnen noch weitere Schlangenfarmen hier in der Stadt?«
»Natürlich, mindestens noch sechs!« Hardness stutzte, lächelte dann gutmütig und nickte. »Ich merke schon, worauf Sie hinauswollen. Sie glauben, diese Spinne könnte irgendwo bei meinen Kollegen eingekauft worden sein, ja?«
»Wäre dies unter Umständen möglich, Mr. Hardness?«
»Ausgeschlossen! Keiner meiner Kollegen würde solch ein Biest verkaufen, ich meine, an irgendeinen unbekannten Kunden. Das sitzt einfach nicht drin! Moment mal, haben Ihre Fragen mit diesen rätselhaften Morden zu tun?«
»Morde?« Parker sah den Schlangenfarmbesitzer interessiert und abwartend an.
»Ich weiß nicht, ob ich darüber sprechen kann. Gerade wegen Vogelspinnen war auch schon die Polizei ein paarmal bei mir. Ich habe herausbekommen, daß irgendein Kerl seine Opfer mit ›Schwarzen Witwern umgebracht haben soll.«
»Sehr aufschlußreich! Sagen Sie mal, Mr. Hardness, könnte man als Privatperson Vogelspinnen züchten?«
»Natürlich, wenn Sie ein Pärchen haben und mit den Eiern umgehen können!«
»Braucht es dazu große Vorkenntnisse?«
»Na