Butler Parker Paket 1 – Kriminalroman. Günter Dönges. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Günter Dönges
Издательство: Bookwire
Серия: Butler Parker
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740943073
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Clive. Er ging mit vorsichtigen Schritten zu einem Sessel und setzte sich langsam. Er hatte große Schmerzen, denn sein Gesicht verzog sich dabei.

      »Wie ist es passiert?«

      »Er muß was geahnt haben«, berichtete Clive. »Wir zogen fast gleichzeitig. Ich war nur um eine Zehntelsekunde schneller. Er konnte mich aber noch anschießen.«

      »Wo ist es passiert?« fragte sie sachlich.

      »In der Nähe der White Star Piers.«

      »Sind Sie beobachtet oder verfolgt worden, Clive?«

      »No, ich hab Sammy in den Keller eines Neubaus geworfen und bin dann mit Mühe und Not zurückgekommen. Sehen Sie sich mal die Verwundung an, Joan. Ich glaube, ich brauche ’nen Arzt.«

      »Natürlich, ich werde das veranlassen. Sie brauchen die Wohnung nicht zu verlassen. Wenn Sie ein paar Minuten warten wollen, werde ich den Arzt anrufen.«

      »Wird der Chef mit mir zufrieden sein?«

      »Natürlich. Hauptsache, Sammy kann uns nicht mehr verraten. Darauf allein kommt es doch an. Er ist doch wirklich tot, nicht wahr?«

      »Der macht den Mund nie wieder auf, Joan, dafür lege ich meine Hand ins Feuer.«

      »Ich helfe Ihnen jetzt ins Bett, Clive. Dann hole ich einen Arzt, auf den wir uns verlassen können, einverstanden.«

      »Und wie, ich kann mich kaum noch auf den Beinen halten. Das Geschoß muß noch in der Wunde stecken.«

      »Es wird Sie bald nicht mehr stören«, meinte Joan doppelsinnig und lächelte. »In spätestens einer Viertelstunde sieht die Sache schon anders aus.«

      Als Clive auf dem Bett lag und leise stöhnte, verließ Joan Shadow die kleine Wohnung des Gangsters und ging hinunter auf die Straße. Hier wartete sie auf die Ankunft des Chefs. Er sollte und konnte dann das nachholen, was Sammy versäumt hatte. Clive war eigentlich schon ein toter Mann. Er wußte es aber noch nicht, sondern lag stöhnend auf dem Bett und träumte trotz allem von Geld.

      Eine Viertelstunde war vergangen, als Joan einen Mann entdeckte, der langsam die Straße herunterkam und auf das Haus zuhielt. Er trug eine Ledertasche und sah unverfänglich und durchschnittlich aus. Dieser Mann war mittelgroß, trug eine Sonnenbrille und einen etwas zu weiten grauen Anzug. Er sah keineswegs wie ein Mann aus, der den Tod in der Ledertasche mit sich führte …!

      *

      Anwalt Mike Rander und Josuah Parker schliefen in ihren getrennten Zimmern, die durch eine Tür miteinander verbunden waren. Es war weit nach Mitternacht. In dem großen Hotel herrschte eine fast vollkommene Ruhe. Die Lichter in den langen Korridorgängen waren bis auf Notbeleuchtungen abgedreht worden.

      Um diese Zeit verschaffte sich ein Mann Zutritt, der sich im Hotel gut auszukennen schien. Auf dem Umweg über die weiträumige Hotelküche erreichte dieser Mann die breite Betontreppe, die die einzelnen Stockwerke miteinander verband und im Notfall als Feuertreppe diente.

      Der Mann trug einen gut geschnittenen Smoking und verströmte einen ausgeprägten Geruch von Alkohol. Er schien demnach also sehr viel getrunken zu haben. Doch dieser Eindruck täuschte. Der Eindringling bewegte sich mit der Geschmeidigkeit eines trainierten Sportlers. Er huschte über die Stufen hinauf in die vierte Etage. Er trug eine Ledertasche mit breiten Chrombügeln.

      Er hatte sich genau informiert und blieb vor dem Zimmer stehen, hinter dem Josuah Parker schlief. Der Mann sah sich die Zimmernummer genau an, bevor er die Ledertasche auf den Boden setzte und die Bügel öffnete.

      Er entnahm ihr eine kleine Preßluftflasche, auf deren Ventil ein dünner, etwa zwanzig Zentimeter langer Gummischlauch befestigt war. Prüfend öffnete er den Drehknopf des Ventils. Ein feines, fast giftiges Zischen war zu hören. Der Mann nickte zufrieden.

      Aus der Innentasche des Smokings zog er ein dünnes, biegsames Rohr und befestigte es am freien Ende des Gummischlauches. Dann beugte er sich nieder, untersuchte das Türschloß und führte das biegsame Rohrstück ein.

      Doch er stieß unerwartet gegen einen starken Widerstand. Es ließ sich nicht ins Zimmer schieben.

      Der Mann stutzte. Mit dieser Panne schien er nicht gerechnet zu haben. Er zog das Rohr wieder aus dem Schlüsselloch und leuchtete mit einer kleinen Taschenlampe hinein. Der Lichtschein wurde aufgehalten. Auf der Innenseite der Tür schien ein Hindernis angebracht worden zu sein.

      Der Eindringling unterdrückte einen wütenden Fluch. Er hatte seine unheimliche Arbeit so schnell wie möglich hinter sich bringen wollen. Und nun gab es dieses Hindernis …!

      Er holte einen langen Schraubenzieher aus der Ledertasche und stieß ihn durch das Schlüsselloch. Der Widerstand auf der anderen Seite gab nicht nach. Selbst mit Gewalt war da nichts zu machen.

      Der Mann im Smoking wußte sich aber zu helfen. Er zog das Blasrohr vom Gummischlauch und holte ein zweites aus der Jacke. Ein Ende davon war abgeplattet, und ließ sich unter die Tür schieben. Das alles besorgte er mit unwahrscheinlicher Schnelligkeit. Er mußte diese Arbeit schon häufig getan haben.

      Als das flache Ende unter der Tür verschwunden war, drehte der Eindringling das Ventil auf. Ein kleiner Druckmesser zeigte an, daß der komprimierte Inhalt der kleinen Stahlflasche sich ins Zimmer entleerte.

      Der Mann hatte nun nichts zu tun. Er richtete sich auf und kontrollierte den langen halbdunklen Korridorgang. Überraschungen wollte er möglichst ausschalten.

      Nach etwa fünf Minuten befaßte er sich mit dem Türschloß des benachbarten Zimmers. Hier wiederholte sich das seltsame Spiel. Wieder wurde das flache, abgeplattete Ende des Blasrohrs durch den unteren Türspalt geschoben. Dann spielte sich der Druckmesser ein und zeigte an, daß die Stahlflasche sich entleerte.

      Als der Zeiger zurück auf Null fiel, packte der Eindringling sein Gerät zusammen. Alles verschwand in der Bügeltasche. Ein böses Lächeln umspielte die Lippen des Mannes, als er zurück zur Feuertreppe huschte und dann nach unten stieg.

      Er wußte nur zu gut, warum er lächelte. Er kannte ja den komprimierten Inhalt der Stahlflasche. Er wußte, welche Wirkung es ausübte. Für das Leben der beiden Schlafenden, Mike Rander und Josuah Parker, hätte er keinen Cent mehr gegeben. Die leere Flasche garantierte ihm, daß er sich zwei aufdringliche Schnüffler vom Halse geschafft hatte. Daran zweifelte er nicht eine Sekunde.

      Währenddessen lagen Rander und Parker in ihren Betten. Selbst der sonst so wachsame und mißtrauische Josuah Parker war diesmal nicht alarmiert worden. Er wußte nicht, was sich ereignet hatte. Sein Mund war leicht geöffnet und produzierte erstaunliche Schnarch- und Pfeifgeräusche, die seinem Wesen gemäß allerdings recht diskret wirkten. Mit anderen Worten, Parker und Rander atmeten die Zimmerluft, eine Mischung, die tödlich werden konnte …!

      *

      Der Mann im Smoking verließ das Hotel, ging ein Stück die Straße hinunter und blieb vor einem Chrysler stehen. Nachdem er einen schnellen, prüfenden Blick in die Runde geworfen hatte, klinkte er die Tür auf und ließ sich auf dem Beifahrersitz nieder. Er nickte der jungen schwarzhaarigen Frau zu, die am Steuer saß.

      »Wir können starten«, sagte er lässig. »Es gab keine Schwierigkeiten. Ich habe beide Räume eingestäubt. Sie dürften jetzt schon besinnungslos sein.«

      »Ich habe ein ungutes Gefühl«, sagte Joan Shadow. Sie ließ den Wagen anrollen und nahm Richtung auf den Central Park.

      »Was paßt dir nicht?« fragte der Mann mit der baritonal gefärbten Stimme. Im grünen Licht der Armaturen sah sein glattes Gesicht bösartig und unheimlich aus.

      »Dieser komische Parker hat es faustdick hinter den Ohren«, stellte Joan fest.

      »Bisher bin ich noch mit jedem Gegner fertig geworden.« Der Mann nahm die Sonnenbrille herunter und lächelte. »Ich weiß genau, was ich will.«

      »Natürlich, aber warum machen wir die Polizei auf uns aufmerksam? Warum bekam Lactons diesen Zettel mit? Warum willst du die Behörden und die Öffentlichkeit auf den ›Blasrohr-Gang‹