»Sir, Mr. Rander und ich sind in erster Linie an Forellen, Schleien und Barschen interessiert.«
»Dabei sollten Sie auch tunlichst bleiben.«
»Einen Moment noch, Sir.« Parker stoppte Sheriff Wing, der zu seinem Streifenwagen zurückgehen wollte. Der Sheriff schlug mit der flachen Hand gegen die Tasche und drehte sich zu Parker um.
»Bei meinem Morgenspaziergang durch das Städtchen fielen mir einige hinkende Männer auf«, sagte Parker rundheraus, ohne dabei aber eine Miene zu verziehen. »Einem Fremden fällt solch eine häufige Übereinstimmung natürlich auf.«
»Hinken …?« Wing war überrascht.
»Die betreffenden Männer hatten Schwierigkeiten, aufrecht und leger zu gehen, Sir. Es handelt sich doch nicht um eine ansteckende Krankheit, nein?«
»Keine Ahnung. Sagen Sie mal, Parker, wollen Sie damit was Bestimmtes andeuten?«
»Aber nein, Sir, es war nur eine harmlose Frage, die aus der Neugier geboren wurde. Ich hoffe, daß meine Hinweise nicht taktlos gewesen sind.«
»Schon gut«, beendete Wing die Unterhaltung.
»Wollen Sie sich nicht meine Papiere ansehen, Sir?«
»Später vielleicht. Ich glaub’ Ihnen, daß Sie Butler sind.«
Sheriff Wing schien plötzlich schlechter Laune zu sein. Ohne zu grüßen, ging er leichtfüßig und geschmeidig zurück zu seinem Wagen und fuhr in einer Staubwolke davon, Josuah Parker lüftete in seiner unnachahmlichen Art die schwarze, steife Melone und ging dann zurück in den gemieteten Bungalow, der hart an dem kleinen Bachlauf lag, der im Tallapoosa-River mündete. Von diesem kleinen, flachen Holzbungalow aus zog Parker seine Fäden. Er zog sie wie immer, recht geschickt und unauffällig …
Obwohl Josuah Parker allein im Bungalow wohnte, gestattete er sich nicht den Luxus, etwas freizügiger zu leben als sonst. Er bereitete sich ein erstklassiges Essen, deckte den Tisch und nahm dann Platz. Er trank einen ausgezeichneten Whisky, den er sich aus Chikago mitgebracht hatte und wollte sich nach dem Essen gerade eine Zigarre anzünden, als er draußen vor dem Bungalow Stimmen hörte.
Ohne anzuklopfen, traten zwei Männer in den großen feudalen Hauptraum des Bungalows. Sie trügen einfache Farmerhosen, bunt karierte Hemden und Segeltuchkappen. Ihre Gesichter waren grob, die Augen hart und kalt.
Der Butler liebte es nicht, beim Genuß einer Zigarre gestört zu werden. Er ließ sich seinen Unmut jedoch nicht anmerken. Höflich stand er auf und deutete eine knappe Verbeugung an.
»Ich nehme an, Sie haben sich im Haus geirrt«, stellte er mit leicht verweisender Stimme fest.
»’nen Dreck haben wir«, antwortete der Mann mit der breiten Nase und grinste. »Sind Sie der Mann, der ’ne Tasche gefunden hat?«
»Ich bin überrascht, wie schnell diese Nachricht sich herumgesprochen hat«, stellte Parker fest.
»Sie sind das also …!« meinte der Mann im rotkarierten Hemd. Seine nackten Unterarme waren behaart. Er hatte breite, kräftige Hände.
»Die Tasche übergab ich bereits dem Sheriff Wing«, sagte Parker. »Ich hoffe, mich richtig und ganz in Ihrem Sinn verhalten zu haben. Ich darf wohl unterstellen, daß Sie der Verlierer sind, ja?«
»Mann, reden Sie bloß nich’ so viel«, schnauzte ihn der Behaarte an. »Wo haben Sie die Tasche gefunden, he?«
»Von Sheriff Wing hörte ich, daß es vor Mr. Brewsters Haus gewesen sein muß.«
»Und weiter …!«
»Das ist bereits meine Geschichte.«
»Was war in der Tasche?« Lauernd sah der Mann den Butler an.
»Werg oder Hanf, würde ich sagen.«
»Sonst nichts?«
»O ja, richtig, das hätte ich beinahe vergessen …!«
»Na, was denn …?« Die Augen des Mannes leuchteten gierig auf.
»Einige Runddichtungen, wenn ich die Gegenstände richtig identifiziere. Ich möchte mich in dieser Beziehung aber nicht festlegen.«
»War das alles?«
»In der Tat …!«
»Und wann haben Sie die Tasche gefunden?«
»Ich würde sagen, bei Anbruch des Morgens. Ich machte einen kleinen Spaziergang.«
»Wo stecken die Piepen …?« mischte sich der zweite Mann in die Unterhaltung ein. Er besaß tiefliegende Augen und hatte erstaunlich krumme Beine.
»Darf ich Sie bitten, mir den Ausdruck ›Piepen‹ näher zu erklären?« fragte der Butler höflich.
»Piepen …? Das is’ Geld, klar? In der Tasche is‘ Geld gewesen.«
»Oh, das tut mir leid für Sie … Geld habe ich in der Tasche nicht gefunden.«
»Sie wollen uns wohl verkohlen, wie?« Der Krummbeinige war rabiater als sein Partner. »Wenn die Piepen in ein paar Minuten nicht hier auf dem Tisch liegen, geht’s dir an den Kragen.«
»Ich möchte feststellen, daß mir Ihr Ton nicht sonderlich gefällt«, sagte Parker.
»Dir wird gleich noch verschiedenes anderes nicht gefallen …! Wo sind die Piepen …!«
»Sie fragen mich zuviel.«
»In ’ner Minute wissen wir mehr, wetten?« Der Krummbeinige zog einen Gummiknüppel aus dem Hosenbund und wog ihn drohend in der Hand. Parker wich zum Tisch zurück. Er schien Angst zu haben.
»Warum willst du dich verprügeln lassen?« fragte ihn der Behaarte und grinste. »In der Tasche is’ Geld gewesen. Und das wollen wir uns zurückholen.«
»Könnte das Geld nicht von einem anderen Mann geborgen worden sein?« warf Parker ein.
»No, wir haben die ganze Gegend abgesucht …! Und ich glaub’ auch nicht, daß die Tasche erst heute morgen gefunden wurde …! Du hast sie schon in der Nacht gehabt, wie?«
»Laß mich mal machen, Chef«, sagte der Krummbeinige und baute, sich vor dem Butler auf. »Nach dem ersten Schlag wird der ulkige Vogel schon singen!«
»Die Art Ihrer Anrede gefällt mir zwar nicht«, stellte der Butler noch einmal fest.
»Gib’s ihm, Mike«, sagte der Behaarte und kam um den Tisch herum. Er wollte Parker den Rückweg ins Nebenzimmer abschneiden.
Chet, der breitnasige, behaarte Besucher, beging den Kardinalfehler, Parker einen Moment aus den Augen zu lassen. Und Mike, der krummbeinige Partner, fühlte sich dem mittelgroßen Butler turmhoch überlegen. Bevor er mit seinem Knüppel zuschlug, nahm er Maß.
Parker hatte das nicht nötig. Er war wesentlich schneller als seine beiden Besucher.
Mike fühlte sich am erhobenen Arm erfaßt. Überrascht brüllte er auf. Er wollte noch zuschlagen, doch dazu reichte es längst nicht mehr. Josuah Parker nahm sich die. Freiheit, einen recht wirkungsvollen, zugleich aber auch schmerzhaften Judogriff anzuwenden.
Der Krummbeinige verlor den Boden unter den Füßen. Parkers Hebelgriff brachte ihn vom Boden hoch. Dann lag Mike für Bruchteile von Sekunden waagerecht in der Luft, bevor er krachend auf dem Tisch landete. Er schlug dicht neben einer noch halb gefüllten Schüssel auf.
Würzig angerichtete Sauce in dieser Schüssel spritzte hoch und blendete den Schläger. Ingredienzen wie Paprika, Essig, Öl, Salz und Pfeffer übten einen nicht zu unterschätzenden Reiz aus. Der Schläger stöhnte, rieb sich die Augen und machte die Sache dadurch nur schlimmer. Parker durfte nach dieser ungewollten Einlage und Zugabe sicher sein, daß der Krummbeinige vorerst nicht mehr mitspielte.
Chet, der Schläger mit dem dichten Haarpelz, begriff