Butler Parker Jubiläumsbox 5 – Kriminalroman. Günter Dönges. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Günter Dönges
Издательство: Bookwire
Серия: Butler Parker
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740929428
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Er kehrte in das Haus zurück und genierte sich nun nicht mehr, Licht einzuschalten.

      Im Obergeschoß fand er eine Frau, die ohnmächtig in einem Rollstuhl saß. Ihr Kopf war zur Seite gesunken. Schwer ging der Atem. Sie mußte jeden Augenblick wieder zu sich kommen.

      Parker ging um den Rollstuhl herum und sah den Schrank mit den aufgebrochenen Türen. Papiere lagen auf dem Boden. Akten waren verstreut worden. Die Frau im Rollstuhl konnte das alles unmöglich verursacht haben. War hier eingebrochen worden, als die Klan-Männer unten vor dem Haus gebrüllt und gedroht hatten?

      Die Frau meldete sich mit einem tiefen Seufzer. Parker, der nicht gesehen werden wollte, lief wieder zur Tür und schloß sie vorsichtig. Unten im Haus hatte er ein zweites Telefon gesehen. Von dort aus wollte er die Polizei anrufen. Damit kam er sicher der Frau zuvor, deren Rollstuhl neben einem kleinen Tischchen stand, das ebenfalls ein Telefon aufwies.

      Die Leitung war unbrauchbar. Sie mußten draußen am Haus durchschnitten worden sein. Der Butler überlegte einen Moment, ob er zurück zu der Frau gehen sollte. Allein und ohne jede fremde Hilfe mußte sie sich bestimmt zu Tode fürchten.

      Ging er aber zurück in ihr Zimmer, sah sie ihn. Sie hätte ihn später ungewollt verraten können. So leid Parker es auch tat, er blieb im Erdgeschoß und kümmerte sich um die Aktentasche. Als er die Straße überquerte, tauchten am Wegeknick Scheinwerfer auf. Rotlicht auf dem Dach des Wagens sagte ihm, daß die Polizei nun endlich erschien. Sie konnte sich um Mrs. Brewster kümmern und den Tatort sichern.

      Die brennende Strohpuppe im Vorgarten des Hauses hatte sich in ein nur noch glühendes Häuflein Asche verwandelt. Der Spuk war vorüber. Selbst Parker glaubte, nur einen Alptraum gehabt zu haben.

      In seinem Leihwagen nahm er das Schrotgewehr auseinander und verstaute es unter dem Vordersitz. Dann öffnete er die Aktentasche und ließ das Innenlicht des Wagens hineinfallen.

      Beinahe hätte Parker seine gewohnte Selbstbeherrschung verloren, als er die vielen Banknotenbündel sah. Nach roher Schätzung stellten sie einen Wert von ca. 5000 Dollar dar. Der Nachtwandler hatte im Haus der Eheleute Brewster eine ganz passable Beute gemacht …

      *

      Am anderen Morgen lernte Josuah Parker Sheriff Jess Wing kennen. Er sah sich einem groß gewachsenen, breitschultrigen Mann gegenüber, dessen scharf geschnittenes Gesicht von der Sonne stark gebräunt war. Wing war ein Sportsmann durch und durch. Er paßte mehr in den Sattel eines Pferdes als vor das Steuer eines Streifenwagens. Den Stetson hatte er sich leicht ins Genick geschoben. Am Leibgurt baumelte ein schwerer 45er Colt.

      »Sie sind Josuah Parker?« fragte Wing und konnte ein spöttisches Blinzeln seiner Augen nicht verbergen.

      »Ich hoffe, ich enttäusche Sie nicht zu sehr«, erwiderte Josuah Parker. »Darf ich in aller Form danach fragen, ob ich etwas für Sie tun kann?«

      »Haben Sie Ausweise bei sich?«

      »Ich glaube, Sie zufriedenstellen zu können, Sir.«

      »Schön, die werde ich mir nachher ansehen, Parker. Was tun Sie hier in Alexander City?«

      »Ich bereite das Quartier meines Herrn vor, Sir.«

      »Was tun Sie?« Ungläubig klang Wings Stimme.

      »Ich bin Butler, um mich präzise auszudrücken«, führte Josuah Parker aus. »Mein Herr ist Anwalt Mike Rander aus Detroit. Nach Monaten aufreibender Tätigkeit hat Mr. Rander sich entschlossen, ein paar Wochen Urlaub zu machen. In aller gebotenen Bescheidenheit möchte ich betonen, daß ich an dem Entschluß, Ferien zu machen, nicht ganz unbeteiligt gewesen bin. Ja, ich schlug Mr. Rander sogar vor, hierher nach Alexander City zu fahren. Die Angelmöglichkeiten sollen hervorragend sein.«

      Sheriff Jess Wing grinste unverhohlen. Er amüsierte sich über Parkers barocke Ausdrucksweise. Die Wachsamkeit in seinen Augen hatte sich längst verloren. Er hatte sich von Parker bereits ein umfassendes Bild gemacht. Glaubte er wenigstens …!

      »Ist Ihr Chef schon im Lande?« erkundigte sich Wing weiter.

      »Ich erwarte ihn in den nächsten beiden Tagen, Sir. Darf ich fragen, was Sie nun zu mir führt?«

      »Eigentlich nichts«, gab Wings ausweichend zurück. »Ich interessiere mich für alle Fremden in meinem Bezirk.«

      »Ich kann mir Ihr Interesse sehr gut vorstellen. Ich möchte sogar noch einen Schritt weitergehen und von Sorgen sprechen.«

      »Warum?«

      »Nun, nachträglich bedaure ich es fast, Mr. Rander überredet zu haben, hierher zu fahren.«

      »Sind Sie mit der Unterkunft nicht zufrieden?«

      »Es scheint sich mehr um eine recht unruhige Gegend zu handeln, Sir.«

      »Was haben Sie auszusetzen? Sind Sie belästigt worden?«

      »Nur indirekt, Sir. Doch in der vergangenen Nacht hörte ich Schüsse und sah einige Feuerbrände. Ich muß ehrlich gestehen, daß ich etwas erschreckt wurde.«

      »Ach das …« Wing lenkte leicht ab. »Deswegen brauchen Sie keine Angst zu haben, Parker. Haben Sie schon mal was vom Ku-Klux-Klan gehört?«

      »Allerdings, Sir. Sie wollen damit doch nicht andeuten, daß der Klan hier arbeitet?«

      »Sieht so aus. Aber das sind schließlich Sorgen, die Ihnen nichts anhaben können, Parker. Oder doch …?«

      »Wie sollte es, Sir?«

      »Eben, Sie haben ja die richtige Hautfarbe. Und wohl auch die richtige Einstellung, wie?«

      »Der Begriff ›richtig‹ Sir, ist relativ«, meinte Parker würdevoll. »Man könnte sich stundenlang darüber unterhalten, was richtig ist und was nicht. Es kommt, so scheint mir, immer auf den Standpunkt des Betrachters an.«

      »Hoffentlich haben Sie auch den richtigen Standort, Parker. Die Leute hier im County sind ziemlich heißblütig.«

      »Und vielleicht auch unvorsichtig, Sir. Damit möchte ich auf ein wesentlich zivileres Thema zu sprechen kommen. Da Sie zufällig hier sind, Sir, möchte ich Ihnen eine Aktentasche übergeben, die ich vor wenigen Stunden ganz zufällig unter einem Gebüsch fand. Sie steht Ihnen sofort zur Verfügung.«

      »Eine Aktentasche haben Sie gefunden?«

      »Richtig, Sir. Und dazu völlig leer, wie ich schon bemerkte. Darf ich sie Ihnen zu treuen Händen übergeben?«

      »Wo fanden Sie das Ding?« Wing nahm die Tasche entgegen, die Parker plötzlich in der Hand hielt. Er schien sie sich im voraus zurechtgelegt zu haben.

      »In der Nähe einer kleinen Fabrik, würde ich sagen. Halt, ich kann mich genauer ausdrücken. Ich fand sie in der Nähe des Bachlaufs, der an einem freistehenden Haus vorbeiführt. Mir fiel auf, daß im Vorgarten dieses Hauses noch ein kleineres Strohfeuer rauchte.«

      »Brewsters Haus«, murmelte Sheriff Wing. Er sah sich die Tasche genau an, ließ aber nicht erkennen, ob er mit ihr etwas anfangen konnte.

      »Der Besitzer dieser Aktentasche dürfte meiner Laienmeinung nach in der Installationsbranche tätig sein«, führte Josuah Parker höflich und unaufdringlich fort. »Ich fand Fasern von Isolationshanf in der Tasche, zudem auch noch einige Runddichtungen, die ebenfalls zu diesem Handwerk passen.«

      Wing sah Pariser nachdenklich an. Was hinter seiner Stirn vorging, war leider nicht zu erraten.

      »Butler sind Sie?« fragte er dann.

      »Meine Papiere werden das eindeutig ausweisen, Sir.«

      »Stammen Sie nicht zufällig aus meiner Branche?« wollte Sheriff Wing wissen.

      »Ich weiß leider nicht, welchen Beruf Sie ausübten, bevor Sie zum Sheriff von Alexander-City gewählt wurden, Sir.«

      »Schon gut«, gab Wing zurück. Er wußte nicht, ob Parker nun ausgekocht und raffiniert, oder wirklich nur harmlos war. Sein erster Eindruck hatte sich längst verflüchtigt.