Es handelte sich um ein Manuskript, das von Brewster bearbeitet worden war. Schnell überlas der Butler die Zeilen. Der Ton des Artikels war scharf und ohne Angst verfaßt worden. John Brewster befaßte sich darin mit dem Ku-Klux-Klan und nannte die Dinge beim Namen.
Er behauptete, aufgehetzte Bürger des Districts ließen sich von Gangstern am Gängelband führen. Den Anführern des Klans ging es im Grunde gar nicht um das Rassenproblem. Sie seien nur darauf aus, ihre Mitbürger zu erpressen und Beute zu machen.
Brewster hatte auch Namen genannt. Er wies in seinem Artikel darauf hin, ein gewisser Mr. Spokane habe sich zum Anführer des Klans aufgeworfen. Es sei aber sehr angebracht, Spokanes Vergangenheit einmal gründlich zu durchleuchten. Noch wichtiger für Parker aber war der Hinweis, Spokane stünde noch heute mit einem Mann der Unterwelt in enger Verbindung. Dieser Mann heiße Richard Carlesi und sei erst vor wenigen Monaten aus dem Staatsgefängnis entlassen worden.
Beweiskraft besaß dieses Manuskript natürlich nicht. Um John Brewster nicht noch mal in Schwierigkeiten zu bringen, Warf Parker das Blatt in den Papierkorb und zündete es an. Innerhalb weniger Sekunden löste es sich in Rauch und Flammen auf. Parker aber merkte sich den Namen Richard Carlesi sehr genau. Bevor er jedoch etwas unternahm, wollte er sich mit John Brewster unterhalten.
Nach einer kurzen und schnellen Fahrt parkte der Butler den Wagen vor Brewsters Haus. Auf sein Klingeln hin öffnete der Herausgeber der kleinen Zeitung. Scheu und ängstlich sah Brewster seinen Besucher an. Sein Gesicht war scheußlich gezeichnet. Selbst nach einem Tag waren die Spuren des Gummiknüppels noch sehr gut zu erkennen. Brewster hielt sich gebeugt. Er litt noch unter den Fußtritten und Hieben.
»Mein Name ist Parker, Josuah Parker«, stellte sich der Butler vor. »Ich komme aus Ihrer Redaktion, Sir, vermißte Sie dort und versuche es nun hier. Kann ich Sie einen Moment sprechen?«
»Kommen Sie geschäftlich?« fragte Brewster mit heiserer Stimme.
»In etwa, Sir.«
»Ich habe meine Zeitung eingestellt«, sagte Brewster und hüstelte. »Sie wird nicht mehr erscheinen.«
»Oh, das bedaure ich ungemein …! Ich sehe, Sie wollen verreisen?« Parker hatte einige Koffer in der kleinen Diele bemerkt.
»Richtig, ich werde Alexander City verlassen.«
»Gehe ich richtig in der Annahme, daß Sie Ihre Zeitung verkauft haben?« fragte Parker aus einer schnellen Eingebung heraus.
»Richtig, warum sollen Sie es nicht schon jetzt wissen. In den nächsten Tagen wird es sowieso bekannt werden.«
»Heißt der neue Besitzer etwa Spokane?« tippte Parker an.
»Woher wissen Sie das? Wer sind Sie eigentlich? Ich habe Sie hier in Alexander City noch nie gesehen.«
»Ich bin ein Feriengast«, schwindelte Parker.
»Und da kennen Sie Spokane bereits?« wunderte sich Brewster.
»Ich erkannte ihn wieder«, meinte Parker beiläufig. »Wenn mich nicht alles täuscht, las ich vor Jahren von ihm in den Zeitungen. Damals waren auch Fotos von ihm abgebildet worden. Ich lebte zu dieser Zeit in Miami.«
»Mich interessiert hier nichts mehr«, gab Brewster zurück. »Entschuldigen Sie mich bitte, ich habe noch zu tun.«
In diesem Augenblick war vor dem Haus ein Auto zu hören. Bremsen quietschten, Stimmen wurden laut, Brewster, der an Parker vorbei zur Straße gesehen hatte, verfärbte sich leicht.
»Gehen Sie jetzt«, bat er.
»Es war mir keine Freude, Sie so gesehen zu haben«, meinte Josuah Parker. Aber Brewster hörte schon nicht mehr zu. Er trat etwas zurück, als habe er Angst vor seinem Besucher.
Parker lüftete seine Melone, grüßte höflich und wollte zurück zu seinem Wagen gehen.
Auf dem schmalen Kiesweg kamen ihm zwei Männer entgegen. Er hatte sie vorher noch nie gesehen. Einer von ihnen war klein und dick. Er trug einen dunkelgrauen Anzug und rauchte eine Zigarre. Schräg hinter ihm marschierte der zweite Mann. Parker sah auf den ersten Blick, daß er es mit einer Art Gorilla zu tun hatte. Die stupiden Gesichtszüge dieses Mannes verrieten Brutalität und ein Minimum an Hirnsubstanz. Er trug eine Aktentasche, als handle es sich um eine Kostbarkeit.
Parker merkte gleich, daß diese beiden Männer ihm den Weg nicht freigeben wollten. Doch Parker dachte nicht im Traum daran, auf den Rasen auszuweichen.
Die beiden Männer dachten allerdings auch nicht daran. Der Schläger schloß sogar dichter auf. Wie eine Mauer aus Fleisch und Muskeln wirkten sie.
Parker übersah seine beiden Gegenüber. Sie schienen für ihn überhaupt nicht zu existieren. Die Distanz verringerte sich immer mehr. Nur wenige Meter trennten Parker von den beiden Männern.
Da der Butler dem feisten Mann entgegenging, wechselte der breitschultrige Schläger schnell die Position. Er schob sich an die Stelle seines Chefs.
Parker, unnahbar und würdevoll wie kaum, schritt vollkommen ruhig weiter. Gegen den Berg aus Sehnen und Muskeln wirkte er direkt klein. Der Breitschultrige mußte unbedingt den Eindruck haben, daß es eine Kleinigkeit war, Parker in Grund und Boden zu rammen.
Er sollte sich täuschen!
Ihn trennten jetzt nur noch wenige Zentimeter von Parker. Einen Augenblick später kollidierten sie miteinander. Der Schläger hatte seinen Leib absichtlich vorgeschoben. Wie ein mächtiger Rammsporn wirkte er.
Es kam anders …!
Parker war wie ein Fels, gegen den ein Schiffbug läuft. Der Schläger schnappte nach Luft, als er nicht weiterkam. Er zog seinen Bauch ein und sah den Butler verdutzt an.
Der Feiste, der weitergegangen war, blieb erstaunt stehen.
»Ihr Benehmen mißfällt mir«, stellte Parker fest und schien sein mächtiges Gegenüber jetzt zum erstenmal richtig zu sehen.
»Hau ab …!« keuchte der Gorilla wütend. Er schob sich in einem zweiten Anlauf nach vorn. Diesmal legte er alle Kraft in den Stoß. Er rechnete in seiner Beschränktheit damit, Josuah Parker müßte stehenbleiben und auf dieses zweite Ramming warten.
Doch der Butler handelte erneut anders, als sein Gegenüber es sich vorgestellt hatte.
Scheinbar höflich wich der Butler in letzter Sekunde aus. Der Gorilla vermißte den erwarteten Festpunkt und schoß mit seinen Fleischmassen dicht an Parker vorbei. Er geriet ins Stolpern und konnte wegen der schlechten Außensicht, die im Garten herrschte, nicht sehen, daß Josuah Parker mit dem Bambusgriff seines Regenschirms etwas nachhalf. Er hakte ihn hinter den Fußknöchel des Schlägers und brachte ihn so endgültig zu Fall.
Kies spritzte hoch, als der Fleischberg es sich auf dem Weg unbequem machte.
Der Feiste beobachtete diese Szene aus zusammengekniffenen Augen. Er wollte einfach nicht glauben, was ihm die Augen und seine Sinne bewiesen. Es geschah zum erstenmal, daß sein Gorilla eine Niederlage einsteckte.
Parker aber ging weiter, als sei nichts geschehen. Ein aufmerksamer Beobachter hatte allerdings festgestellt, daß er seinen Universal-Regenschirm nicht über den linken Unterarm legte, sondern ihn der Länge nach unter den Arm schob.
Der Gorilla raffte sich auf. Er brauchte keine Befehle seines Chefs. Er wußte selbst nur zu gut, was er jetzt zu tun hatte. Bevor er diesen komischen, ganz in Schwarz gekleideten Burschen nicht niedergeschlagen hatte, war er mit sich nicht zufrieden.
Ohne Parker zu warnen, wollte er ihn von hinten anfallen. Mit einer immerhin recht erstaunlichen Behendigkeit lief er dem Butler nach und wollte sich auf ihn stürzen.
Dabei übersah er die Spitze des Universal-Regenschirms, die nach hinten, also in seine Richtung wies.
Wieder fehlten nur wenige Zentimeter,