»Lebt diese Frau noch in Alexander City?«
»Natürlich. Sie ist in einem Lokal angestellt. Sie arbeitete dort als Kellnerin.«
»Darf ich den Namen erfahren, Sir?«
»Gwenda Croswell. Damit wir uns aber nicht mißverstehen, Parker, mir geht es nicht darum, diese Frau zu überführen. Ich hab’s längst verwunden, hereingelegt worden zu sein. War schließlich mein Fehler, daß ich allein zu ihr fuhr. Ich kannte sie ja schließlich.«
»Sie kannten sie, Sir?«
»Natürlich, Gwenda Croswell ist ein Mädchen mit sehr viel Sex und Aggressivität. Sie wechselte ihre Bekanntschaften wie die Hemden. Meiner Meinung nach ist sie damals gekauft worden. Aber Schwamm darüber! Mir geht es jetzt darum, daß dem Ku-Klux-Klan das Handwerk gelegt wird. Seit Monaten werden die Burschen immer frecher.«
»Hat Sheriff Wing sich bisher nicht eingeschaltet?«
»Jess Wing …? Der rührt doch keine Hand. Er ist mein Nachfolger. Er legt größten Wert darauf, sich mit der Bevölkerung gutzustellen. Er möchte seinen Job als Sheriff nicht verlieren. Dazu gehört es, auf der Seite des Klans zu stehen!«
»Und die Staatspolizei?«
»Die gibt sich zwar alle Mühe, doch sie rennt gegen eine Mauer des Schweigens an. Vergessen Sie nicht, Parker, daß die vernünftigen Menschen hier im District eine tolle Angst vor dem Klan haben. Sie sind diesen Fanatikern hoffnungslos ausgeliefert. Auf dem flachen Land herrschen andere Sitten als in irgendeiner größeren Stadt.«
»Wer riet Ihnen, sich an Mr. Rander zu wenden, Sir?«
»Leutnant Field von der Staatspolizei. Er lernte Mr. Rander vor, glaube ich, einem Jahr in Huntsville kennen.«
»Das stimmt. Mr. Rander erinnerte sich.«
»Um eine weitere wichtige Sache zu klären, Parker. Ihre Arbeit werde ich selbstverständlich bezahlen. Machen Sie sich deswegen nur keine Sorgen.«
»Sir, Mr. Rander und ich interessieren uns kaum für Geld. Der Fall an sich steht an erster Stelle. Um auf den Klan zurückzukommen, steht er mit den farbigen Friedensfahrern und den sogenannten Rassenkrawallen in Montgomery in Verbindung?«
»Ich denke ja, allerdings mit einer Einschränkung.«
»Sie deuteten am Telefon an, unter dem Deckmantel des Klans arbeite eine Gangsterbande.«
»Das ist meine Vermutung. Geschickte Gangster nutzen die Krawalle aus, um ihr Geschäft zu machen. Ich bin davon überzeugt, daß sie als Erpresser arbeiten.«
»Und nach welchem Verfahren dürften diese Erpresser arbeiten?«
»Sie lassen sich entweder bezahlen, oder aber streuen aus, daß bestimmte Bürger mit den Farbigen sympathisieren. Sie führen den ganzen irrsinnigen Zauber mit Kapuzen und brennenden Holzkreuzen auf, um ihre Opfer in Angst und Schrecken zu jagen. Dabei bedienen sie sich meiner Schätzung nach jener Trottel, die immer noch glauben, gegen die Farbigen angehen zu müssen. Diese Mitläufer, die in den närrischen Spuk verliebt sind, haben in der überwiegenden Mehrzahl bestimmt keine Ahnung, von wem sie dirigiert werden.«
»Haben Sie hingegen einen bestimmten Verdacht?«
»Natürlich, aber da ich bekannt bin, kann ich nichts ausrichten. Deshalb bat ich ja um fremde Hilfe. Nur völlig fremde Leute sind in der Lage, echte Ermittlungen anstellen zu können.«
»Wen verdächtigen Sie, Sir?«
»Das Lokal, in dem diese Gwenda Croswell arbeitet, gehört einem Carter Spokane. Spokane ist ein Gangster, der noch vor knapp zwei Jahren in Miami gearbeitet hat. Nach einem Zwischenspiel in Montgomery ließ er sich nach der letzten Sheriffwahl hier in Alexander City nieder. Solch ein Mann legt seine Hände nicht in den Schoß. Vergessen Sie nicht, daß hier im Staat Geld verdient wird. Es gibt sehr viele reiche Baumwollfarmer, die angezapft werden könnten. Für einen Gangster ist das hier das richtige Betätigungsfeld. Verstehen Sie mich recht, Parker! Ich war Sheriff. So lange ich hier wirkte, herrschte Ruhe und Ordnung. Ich fühle mich für meinen District immer noch verpflichtet und verantwortlich. Da ich es allein nicht schaffen kann, brauche ich Hilfe.«
»Mr. Rander wird in einigen Tagen ebenfalls nach Alexander City kommen«, sagte Josuah Parker. »Inzwischen werde ich die Vorarbeiten leisten. Ich bin der guten Hoffnung, wie es so treffend heißt, bereits einige Spuren gefunden zu haben.«
Walt Shyness wollte antworten, doch in diesem Augenblick sprang sein Hund hoch und knurrte.
»Los, such …!« feuerte Shyness seinen Hund an. Er schien Parker in diesem Augenblick vergessen zu haben. Parker konnte es nicht verhindern, daß Shyness zurück zur Farm lief. Er hatte die Wiese noch nicht ganz hinter sich gebracht, als vor dem Farmhaus eine Fackel aufflammte.
Angefeuert von seinem Herrn, rannte der Hund bellend zur Farm. Daß er damit seinen Herrn verriet, ließ sich leider nicht vermeiden. Josuah Parker, dem die Entwicklung der Dinge gar nicht gefiel, folgte Shyness, doch er war so beherrscht und so klug, unsichtbar zu bleiben. Dazu mußte er leider einen kleinen Umweg einschlagen. Auf der vom Mond erhellten Wiese wäre er sonst gesehen worden.
Plötzlich peitschten Schüsse auf. Eine Maschinenpistole spuckte Feuer. Parker hörte einen unterdrückten Aufschrei und sah, wie Shyness stolperte und dann zu Boden schlug.
Ein Wagen vor dem Farmhaus wurde in Bewegung gesetzt. Der Fahrer schaltete ungeniert das Licht an. Wegen der zu großen Entfernung konnte Parker zwar nicht das Wagenkennzeichen erkennen, doch er sah die große Aufschrift mit den geschwungenen Schriftzeichen auf der Breitseite des Lieferwagens. Bevor er sie entziffern konnte, verschwand das Auto hinter dem Farmhaus.
Klagend und heulend umstrich der Hund seinen Herrn. Shyness sah und hörte nichts mehr davon. Er war von der Maschinenpistole schwer getroffen worden.
Als Parker sich dem Toten nähern wollte, fletschte das verwirrte Tier die Zähne und knurrte.
*
Eine halbe Stunde später tauchte der Butler bereits vor dem Gebäude der »Alexander City-Review« auf. Er wollte dem Herausgeber und Redakteur John Brewster einen Besuch abstatten.
Die Tür zum Geschäftsraum war nur angelehnt. Parker drückte sie vollends auf und ging hinüber zur Theke, wo die Kunden abgefertigt wurden. Obwohl er auf die Tischklingel schlug, rührte sich nichts.
Mit der Spitze seines Universal-Regenschirms drückte der Butler die Pendeltür auf und schaltete Licht ein. Jetzt konnte er sich besser orientieren. Er sah die altersschwache Setzmaschine und eine kleine, unmoderne Schnelldruckpresse. Rechts an der langen Holzwand standen die Arbeitstische mit dem Akzidenzmaterial.
Im Glasverschlag, der Brewster als Büro diente, brannte eine Schreibtischlampe. Parker rief nach Brewster, doch der Inhaber der kleinen Zeitung meldete sich nicht.
Parker betrat den Glasverschlag. Es roch nach brandstickiger Luft. Neben dem Arbeitstisch entdeckte er einen Papierkorb, dessen Inhalt zu Asche geworden war.
War der Papierabfall angezündet worden? Wenn ja, warum hatte das Feuer dann den Korb nicht zerstört und das Holzhaus in Brand gesetzt? Die trockene Asche zeigte, daß der Brand im Korb nicht gelöscht worden war.
Sekunden später lüftete Parker das Geheimnis. Der Papierkorb hatte einen Einsatz aus dünnem Blech. Dieses Blech hatte die glühende Asche und die Flammen zusammengehalten und einen vernichtenden Brand verhindert. John Brewster konnte von Glück sagen, daß die Brandstifter nur den Papierkorb angezündet hatten. Den Blecheinsatz mußten sie in der Eile übersehen haben.
Der aufgestemmte, alte Geldschrank redete eine deutliche Sprache. Also auch hier hatte man nach Geld gesucht. Parker dachte an die Worte des ermordeten, ehemaligen Sheriffs. Unter dem Deckmantel des