»Sir, das darf nicht wahr sein …!« Parkers Wangen röteten sich.
»Hier, lesen Sie, ein Irrtum ist ausgeschlossen, Parker. Ich gratuliere Ihnen.«
Rander wollte noch mehr zu diesem Thema sagen, doch das Schrillen des Telefons unterbrach ihn.
»Für Sie, Parker«, sagte er dann und reichte den Hörer an seinen Butler weiter. Leutnant Custer grinste breit und genießerisch.
»Was haben Sie?« erkundigte sich Rander, als Parker den Hörer in die Gabel zurückfallen ließ. »Sie sehen ja ziemlich mitgenommen aus.«
»Sir, ich wage nicht, davon zu sprechen …!«
»Was ist passiert?«
»Mr. Ralgon rief gerade an …!«
»Er wird Ihnen gratuliert haben, denke ich.«
»Das allerdings auch, Sir …!«
»Wie, noch etwas …?«
»Ja, Sir, und es klingt wie ein schlechter Witz. Ich schäme mich direkt, davon zu sprechen.«
»Schlimmer als ein Kunstpreis kann es ja schließlich nicht sein«, witzelte Mike Rander.
»Ich weiß nicht recht, Sir. Mr. Ralgon teilte mir gerade mit, daß er alle Bilder verkaufen konnte …!«
»Ihre Gemälde sind verkauft worden?« Mike Rander schlug die Hände über dem Kopf zusammen.
»Freuen Sie sich doch«, meinte Leutnant Custer.
»Ich weiß nicht, Sir, ob mir das gelingen wird. Die Sache hat nämlich, wie man so treffend im Volksmund sagt, einen Haken.«
»Und der ist …?«
»Mr. Ralgon fordert mich flehentlich auf, ihm weitere Gemälde zu liefern!«
»Und wie werden Sie sich entscheiden, Parker?«
»Ich denke, Sir, ich werde eine längere, schöpferische Pause eintreten lassen, damit der Kunstmarkt nicht mit Cavella-Gemälden gesättigt wird …!«
Der Butler verbeugte sich und schritt gemessen von dannen. Er hörte durch das Zufallen der Tür nicht mehr, wie Rander und Custer vor Lachen laut aufbrüllten und sich die Tränen aus den Augen wischten …!
Das große mit Stroh umwundene Holzkreuz brannte lichterloh. Prasselnd stoben die Funkengarben in die Nacht hoch und erhellten die dunkle Kulisse eines nahen, kleinen Wäldchens. Im Lichtkreis der gespenstisch zuckenden Flammen stand ein seltsam vermummter Mensch.
Er trug einen weit fallenden weißen Umhang, auf dessen Vorderseite zwei rote, züngelnde Drachenköpfe eingestickt waren. Der Kopf wurde von einer hohen und spitz zulaufenden Kapuze verborgen, in die Augenschlitze eingeschnitten waren. In Mundhöhe war ein klaffender roter Einschnitt zu erkennen, der wie eine frische Wunde aussah.
Weit breitete diese vermummte Gestalt die Arme aus. Heiser und geifernd war der Klang der lauten Stimme. In der linken Hand trug der Vermummte eine Stielaxt, die im Widerschein des zuckenden Feuers kleine Blitze verschleuderte.
Dieser Vermummte sprach zu einer Gruppe von etwa dreißig Menschen, die ähnlich wie er vermummt und maskiert waren. Sie standen unterhalb des kleinen Hügels und starrten aus ihren Sehschlitzen zu dem Mann hoch, der seine Worte in das Halblicht hinausschleuderte.
»Die Zeit unserer Milde hat sich dem Ende zugeneigt«, geiferte die heisere Stimme. »Länger werden wir die Frechheiten nicht hinnehmen. Nicht umsonst hat Gott uns verschiedene Hautfarben gegeben. Es ist ein göttliches Gesetz, daß es Herren und Knechte geben muß. Diese verdammten Nigger sind nun einmal dazu geboren, unsere Knechte zu sein. Wir werden sie wieder daran erinnern, wem sie zu gehorchen haben. Jedes Mittel muß uns recht sein, die alten Gesetze wiederherzustellen.«
Der Vermummte mit den beiden Drachenköpfen auf dem weißen Umhang hob drohend die Axt und wartete, bis das zustimmende Gemurmel seiner Zuhörer sich wieder gelegt hatte. Dann drehte er sich herum und schleuderte die Axt mit einer blitzschnellen Bewegung auf das brennende Holzkreuz. Funken stoben hoch, als die Axt sich in das Holz tief einschnitt.
»Noch schlimmer aber als die hochnäsigen Nigger sind die Verräter in unserem Land«, brüllte er weiter. »In den Niggern sehen sie ihre Brüder. Wir müssen sie züchtigen und ihnen beweisen, daß wir vom Ku-Klux-Klan Verrat mit Blut vergelten. Wir werden sie zwingen, unser erwähltes Land zu verlassen. Und wer dann noch immer nicht begreifen will, der soll und muß sterben. Verräter an unseren Idealen haben den Tod verdient!«
Der Vermummte mit den beiden Drachenköpfen ließ erneut eine kleine Kunstpause eintreten. Seine Zuhörer klatschten Beifall und schwiegen schlagartig, als der Vermummte plötzlich wie durch einen Zaubertrick eine Pergamentrolle in Händen hielt. Mit einer dramatischen Geste entrollte er sie.
»Ihr sollt wissen, wer unsere Feinde sind«, dröhnte es durch die Nacht. »Name für Name ist auf dieser Rolle verzeichnet. Wir kennen die Verräter sehr genau. Sie werden der Reihe nach gezüchtigt und bestraft werden. Und weit oben auf dieser Liste der Verräter steht …«
Der Vermummte brach jäh ab und schien jeden einzelnen im Halbkreis anzusehen.
»… weit oben auf der Liste steht John Brewster«, brüllte er dann wie von Sinnen. »Brewster schreibt Tag für Tag in seiner Zeitung von Versöhnung und Toleranz. In der nächsten Ausgabe, Brüder, darf von ihm kein Kommentar mehr zu lesen sein. Wartet nicht, sondern handelt! Die Ehre der weißen Rasse steht auf dem Spiel, die Ehre eurer Kinder und Frauen. Handelt, Brüder, handelt …!«
Er streckte seine Arme aus und zeigte mit den Daumen seiner beiden Hände zu Boden, eine Geste, die nicht mißzuverstehen war. Sie bedeutete den Tod dieses John Brewster und war identisch mit einem Urteil, das noch in dieser Nacht vollstreckt werden sollte.
Jetzt war nur noch das Knistern der Flammen und das Stieben der Funken zu hören. Die Männer des Ku-Klux-Klan in ihren weißen Mänteln und Spitzkapuzen starrten zu dem »Großen Drachen« hoch, der furchtlos durch die Flammen griff und die Axt aus dem Kreuz löste. Dann drehte der »Große Drache« sich zu seinen Brüdern um und wollte das Zeichen zum Aufbruch geben.
Alles sah ungemein feierlich und zugleich auch unheimlich aus. Der Vermummte auf dem kleinen Erdhügel vor dem brennenden Holzkreuz strömte eine teuflische Suggestion aus. Er war sich seiner Macht durchaus bewußt. Er liebte die dramatischen Gesten und feierlichen Bewegungen. Er hob die rauschende Axt und wollte seinen Brüdern eine letzte Aufmunterung zurufen.
Doch genau in diesem Augenblick, als die Brüder des Ku-Klux-Klan bereit waren, ihrem Führer bedingungslos zu folgen, geschah etwas Unerwartetes.
Unbemerkt von den Brüdern und dem »Großen Drachen« zischte eine überreife Tomate durch die Nacht und nahm Richtung auf den Anführer vor dem brennenden Holzkreuz. Sie senkte sich in einer erstaunlich genau vorausberechneten Flugbahn und landete klatschend mitten zwischen den beiden Augenschlitzen.
Unter dem scharfen Aufprall barst die dünne Außenhaut der Tomate. Das weiche, überreife Fruchtfleisch platzte auseinander und verschmierte die beiden Augenschlitze der Kapuze. Bruchteile von Sekunden vorher hatte sich aber bereits der etwas faulig riechende Saft der Tomate gelöst und selbständig gemacht. Er blendete bereits den »Großen Drachen«, der von diesem unerwarteten Angriff vollkommen überrascht wurde.
Ein dumpfes Stöhnen ging durch die Brüderreihen. Aus diesem dumpfen Stöhnen löste sich irgendwoher i ein erstes, zaghaftes, vorsichtiges Laichen. Es sah auch zu komisch aus, wie die Würde des »Großen Drachen«! plötzlich vernichtet wurde. Eine einzige, überreife, vielleicht auch bereits faule Tomate reichte vollkommen aus, um den faulen Zauber sichtbar werden zu lassen!
Es dauerte nur wenige Sekunden, bis die Brüder lauthals lachten oder auch nur feixten. Es sah auch zu komisch aus, wie die Reste der Tomate vom »Großen