»Das hast du, du hast mich aber auch sehr, sehr glücklich gemacht, und natürlich sage ich Ja. Du weisst ja, dass ich mir nichts mehr wünsche, als mit dir verheiratet zu sein, ich bin halt ein konservativer, hoffnungslos altmodischer Mensch.«
»Das hat auf mich abgefärbt, ich wehre mich auch nicht länger dagegen, weil ich dich nicht verlieren möchte, du bist wirklich das Beste, was mir in meinem Leben bislang widerfahren ist, und ich möchte nicht mehr ohne dich sein. Nach meiner Rückkehr feiern wir ein richtig großes Fest, und dann tauche ich auch mehr in deinen Alltag ein.«
»Ach, mein Liebster, du musst dich doch zu nichts zwingen. Wir werden schon einen Weg finden, mit dem wir beide leben können. Wichtig ist doch nur, dass wir zwei beisammen sind, so richtig verheiratet …«
»Meine kleine Romantikerin, du hast es wirklich geschafft, mir das schmackhaft zu machen, was ich niemals in meinem Leben haben wollte. Jetzt kann ich es kaum erwarten, dich in eurer kleinen Kapelle zu heiraten, mit dir zwei, drei Kinder zu bekommen und sesshaft zu werden. Bettina Fahrenbach, hast du mich mit einem Zaubertrank verhext?«
»Wenn Liebe ein Zaubertrank ist, dann ja«, antwortete sie.
Er lachte.
»Dann vergiss nicht, mir immer wieder etwas davon zu geben. Liebe für ein ganzes Leben ist mehr, als man erwarten kann … ich wäre jetzt so gern bei dir. Ich möchte dich in meinen Armen halten, dich küssen und dir sagen, wie sehr ich dich liebe und dass ich dich niemals mehr loslassen will, und weisst du, was ich noch tun möchte …?«
Das sollte Bettina nicht erfahren, wenigstens nicht in diesem Telefonat, denn das war nach einem ganz fürchterlichen Krachen und Knacken in der Leitung unterbrochen.
So sehr Bettina auch darauf hoffte, Jan möge noch einmal anrufen, so wurde diese Hoffnung nicht erfüllt.
Es gab keinen zweiten Anruf.
Aber so richtig enttäuscht war Bettina nicht. Jan hatte wider Erwarten angerufen, und er hatte ihr so wundervolle Dinge gesagt. Das war mehr als genug, und es reichte, sich noch tiefer in die Kissen zu kuscheln und von ihm zu träumen.
Wie selbstverständlich es auf einmal zwischen ihnen geworden war.
Sogar von zwei, drei Kindern hatte er bereits gesprochen.
Mit einem glücklichen Lächeln auf den Lippen schlief Bettina schließlich ein.
*
Weil Jörg am Telefon ein wenig deprimiert geklungen hatte, war Bettinas Entschluss schnell gefasst, ihn spontan zu besuchen.
Und genau das war die richtige Entscheidung gewesen.
Nie würde sie sein strahlendes Lächeln vergessen, als sie so einfach bei ihm hereingeschneit kam.
»Ist das zu glauben?«, rief er begeistert. »Kannst du Gedanken lesen? Ich hab mir nämlich wirklich nichts mehr gewünscht, als Besuch zu bekommen, aber ich hätte dich nicht darum gebeten, weil ich doch weiß, wie beschäftigt du bist, Schwesterlein.«
Sie begrüßten sich herzlich, und Bettina spürte wieder dieses unbändige Glücksgefühl in sich, dass Jörg diesen Flugzeugabsturz überlebt hatte und dass Jan nicht aufgegeben hatte, ihn aus dem australischen Busch nach Hause zurückzuholen.
Sie zog sich einen Stuhl an sein Bett, überreichte ihm die Zeitschriften und Bücher.
»Wie geht es dir, ich mein, abgesehen von deiner Langeweile?« Sie schaute ihn an. Abgesehen davon, dass er blass war, sah er gut aus, ihr Bruder Jörg. »Hast du das endgültige Untersuchungsergebnis?«
Er nickte.
»Ja, es sieht gut aus. Der Professor ist sehr zufrieden, und ich werde auf jeden Fall wieder ganz normal laufen können. Aber weißt du, Bettina, auch wenn ich für den Rest meines Lebens hätte hinken müssen, hätte es mir nichts ausgemacht. Nach dem, was ich erlebt habe, relativieren sich die Dinge, und da zählen auf einmal andere Sachen, und das Wichtigste ist doch, dass ich überlebt habe. Ich frage es mich schon häufig, warum ich und Miriam überlebt haben. In dieser kleinen Maschine gab es keine besonderen Plätze, die Chancen aller Passagiere waren gleich, und dennoch durften wir am Leben bleiben, warum?«
»Weil der liebe Gott euch noch nicht haben wollte, ich bin auf jeden Fall überglücklich, dass du lebst, Jörg, und ich habe es auch nicht wahrhaben wollen. Aus diesem Grund habe ich auch zusammen mit Marcel, der wirklich ganz großartig ist, es alles so weitergemacht, als kämest du irgendwann von deiner Reise zurück. Selbst als ich es schwarz auf weiß in den Händen hielt, dass du angeblich tot seist, habe ich es ignoriert. Und deswegen, lieber Bruder wirst du auf dem Chateau auch alles wieder so vorfinden, wie du es verlassen hast. Nein, etwas hat sich zum Positiven verändert, es werden wieder schwarze Zahlen geschrieben, und das liegt in erster Linie daran, dass die Chateauweine phantastisch bewertet wurden, es hat einige Goldmedaillen gegeben, sowohl für die Spitzenweine als auch für neue Eingangspreisklassen. Ist das nicht phantastisch?«
Sie hatte jetzt nicht erwartet, dass er ihr vor lauter Begeisterung um den Hals fallen würde, aber eine Reaktion schon.
Jörg sagte nichts, sondern starrte vor sich hin.
»Jörg …«
Bettina wollte ihn gerade fragen, ob er ihr überhaupt nicht zugehört hatte, doch da blickte er hoch.
»Bettina, ich werde das Chateau Dorlec verkaufen.«
Sie glaubte, sich verhört zu haben.
Was hatte er da gesagt?«
Jetzt war sie es, die nichts sagte, nichts sagen konnte, weil sie das erst einmal verdauen musste. Sie hätte mit allem gerechnet, aber mit so etwas wirklich nicht.
»Ich kann ja verstehen, dass du jetzt enttäuscht bist, vor allem, weil du dich meinetwegen so abgestrampelt hast. Aber ich möchte es nicht mehr. Wahrscheinlich habe ich es niemals wirklich gewollt.«
»Aber als du es geerbt hast, da warst du doch glücklich. Ich war bei der Testamentseröffnung doch dabei.«
»Ja, klar, von dem, was zu erben war, war es für mich das Beste.«
Bettina atmete auf.
»Du wirst dich in dein Leben auf dem Chateau wieder gewöhnen, an die Zivilisation überhaupt. Wenn man, wie du, eine so lange Zeit inmitten eines primitiven Volkes gelebt hat, das von der Zivilisation überhaupt nichts weiß, muss man erst Schritt für Schritt in ein normales Leben zurückfinden.«
»Ja, das stimmt, aber man lernt auch zu begreifen, dass das, was wir als lebensnotwendig erachten, nichts zählt. Worauf es wirklich ankommt, was man wirklich braucht, das ist, meine liebe Schwester, erschreckend wenig. Ich möchte mein altes Leben nicht zurückhaben, das habe ich abgestreift wie einen alten Mantel. Und ich möchte künftig nur noch das tun, was mich wirklich interessiert, und dazu gehört es auf keinen Fall, mir Gedanken um irgendwelche Jahrgangsweine oder Ähnliches zu machen, und so töricht, Musikfestivals zu veranstalten, ohne eine Ahnung davon zu haben, das ist auch Vergangenheit und ganz gewiss nicht der Weg, den ich gehen will. Das war nicht mehr als ein Ausbruchsversuch, da bin ich mir jetzt verdammt sicher.«
»Du kannst dir doch noch eine Auszeit nehmen, Jörg, um dir klar darüber zu werden, was du wirklich willst, aber deswegen musst du nicht das Chateau verkaufen. Es ist ein wundervoller Besitz.«
»Besitz belastet«, sagte er, »das möchte ich nicht mehr haben, und Wein, Alkohol, Bettina, ich weiß jetzt, dass mich das alles nicht wirklich interessiert hat. Ich wurde in dieses Leben hineingeboren, wir alle wurden es, und plötzlich waren wir in der Firma.«
»Aber Papa hat uns doch nicht dazu gezwungen.«
»Nein, das habe ich auch nicht gesagt, aber wir haben über Alternativen nicht nachgedacht. Es bot sich an, in der Firma einzusteigen, es gab schließlich auch viele Betätigungsfelder. Außerdem war es bequem,