Worte des Diogenes: Eigentlich wird euch das Leben von den Göttern nicht schwergemacht, aber über dem Haschen nach Leckerbissen, Wohlgerüchen und derlei Klimbim habt ihr das halt vergessen. – Streck nie die Hand mit eingebogenen Fingern nach Freunden aus. Die Habsucht ist die Mutterstadt alles Übels. – Grammatiker spüren zwar die Fehler des Odysseus auf, nicht aber ihre eigenen. – Man muß sich zum Leben entweder mit Verstand ausrüsten oder mit einer Schlinge. – Der Reiche frühstückt, wenn er Lust hat; der Arme, wenn er Brot hat. – Ihr armen Beter, ihr betet immer nur um das, was euch gut scheint, aber nie um tatsächlich Gutes! – Verrichte hemmungslos vor aller Augen, was du sonst nicht mal im Verborgnen tust!
Diogenes über sich selbst: Ich bin einer der vielgepriesenen Hunde. – Andere Hunde beißen ihre Feinde, ich aber meine Freunde – um sie zu retten. – Es gab eine Zeit, da pißte ich unbeherrscht die Leute an, jetzt aber nicht mehr. – Lieber leck ich in Athen Salz, als beim Krateros an prunkvollster Tafel zu schlemmen.
Andere über Diogenes: Ein guter Dämon kam in mein Haus. (Xeniades, Herr des Sklaven Diogenes nach dessen Ankauf). – Wär ich nicht Alexander, würde ich Diogenes sein wollen. (Alexander der Große) – Besonders stark war er darin, anderen seine Verachtung kundzugeben. (Diogenes Laertius) – Diogenes genoß sein Faß, so wie Xerxes Babylon genoß. Diogenes genoß seinen Gerstenfladen, so wie der Sybarit seine Blutsuppe. Er genoß die Sonne wie Sardanapal seinen Purpur. (Maximus von Tyros, 2. Jh. n.Chr.) – Es war seine Gewohnheit, ganz unverblümt alles herauszusagen, was er dachte, indem er die Unvernunft der Leute kritisierte und sich bemühte, ihnen ihre Dummheit und Beschränktheit auszutreiben. (Lukianos von Samosata) – Darum sprach der, der nackt in der Tonne saß, zum großen Alexander, der die ganze Welt unter sich hatte: »Ich bin ein viel größerer Herr, als du bist; denn ich habe mehr verschmäht, als du in Besitz genommen hast.« (Meister Eckhart) – Er beschränkte sich auf das engste Naturbedürfnis, wollte sich lustig machen über die anderen, die nicht so dachten als er und die sich über seine Manier lustig machten. (G.W.F. Hegel) – Bevor man den Menschen sucht, muß man die Laterne gefunden haben. (Friedrich Nietzsche) – Wenn Diogenes sich einen Kosmopoliten nannte, so lag darin auch keine Spur des idealen Gedankens einer Zusammengehörigkeit aller Menschen, sondern nur die Ablehnung seiner Zugehörigkeit zu irgendeiner Kulturgemeinschaft – (Wilhelm Windelband, 1891) – ich glaube, nicht zu weit zu gehen, wenn ich sage, daß die hübschesten Anekdoten über ihn von den antiken Humoristen nicht anders erfunden und umgeformt worden sind, als Wilhelm Busch sie neu gesehen und gezeichnet hat. (Fritz Mauthner, 1923) – Was nun Diogenes anlangt, so hatte auch dieser einen possenhaften Zug, der sich jedoch in seinem Nachruhm über Gebühr vorgedrängt hat, denn er war daneben auch ein wirklicher Weiser. (Egon Friedell) – Dieser Mann war weder ein prahlerischer Spaßmacher noch ein abgeklärter Weiser, wozu ihn eine platonische Tradition einerseits und eine stoische Tradition andererseits erklären. Er war vielmehr ein Opfer und ein Kritiker seiner Zeit. (Klaus Heinrich, 1966) – Diogenes ist einer der großen Sufis. Er lebte nackt, gerade so wie die Tiere. Und er war außerordentlich schön in seiner Nacktheit … denn nur das Häßliche verbergen wir, nicht das Schöne. Alexander fragte ihn: »Wie kann ich so werden wie du? – so unschuldig, so schön?« Diogenes sagte lachend: Da gibt es kein Wie!« – und legte sich in den Sand am Ufer des Flusses. Es war Morgen und die Sonne ging eben auf. Er wollte sich nicht die Liebkosungen entgehen lassen, die heimlichen Botschaften, die der Sand seinem nackten Körper zuflüsterte, und die warmen Sonnenstrahlen, die auf ihn fielen. Diogenes sagte: »Du brauchst nicht nach dem Wie zu fragen. Dies Ufer ist für uns beide groß genug. Wirf deine Kleider ab und leg dich her zu mir!« (Bhagwan Shree Rajneesh, 1975) – Seht her, wie dieser weise Mann, vor dem Alexander der Große bewundernd stand, es sich mit seinem eigenen Glied gut gehen läßt! Und scheißen tut er vor aller Augen. Also kann das so übel nicht sein. Hier nimmt ein philosophisch wahrheitshaltiges Gelächter seinen Anfang, an das man sich schon deswegen wieder erinnern muß, weil heute alles darauf hinarbeitet, daß einem das Lachen vergeht. (Peter Sloterdijk, 1981) – Der kynische Philosoph Diogenes machte sich selbst zum Wachhund vor dem Eingang zum Tempel der Großen Mutter. Dort lebte er in einem »großen tönernen Gefäß«, das den Schoß der Mutter Erde darstellte. Die Kyniker waren die »Hundeähnlichen« (kynikoi) der Göttin. Ihre im 4. Jahrhundert v.Chr. gegründete Schule versuchte, das Ende der Welt über das zirkumpolare Sternbild Ursa Minor, welches als Hund bezeichnet wurde, vorauszusehen. (Barbara G. Walker, 1983/93) – Der Philosoph Diogenes von Sinope saß in seinem Faß und lauschte dem selten gewordenen Jahresregen, der seit einer knappen Stunde herniederging. Alles schön und gut, dachte der Philosoph, gibt es sanftere Klänge als die des herabstreichenden Wassers, das den Menschen die erhitzten Köpfe kühlt und Balsam ist auf den Rißwunden der Erde. (Otto A. Böhmer, 1991) – Mag sein, dass Menschen auch früher schon entspannt herumlagen und philosophierten. Diogenes scheint so einer gewesen zu sein, doch den lernte ich leider nicht persönlich kennen. (Luisa Francia, 2004)
Vielleicht ein hellerer Kopf als Simon Petrus
Simon Magus aus Samaria – Gnostiker, Gottmensch, Thaumaturg (1. Jh. v. und n.Chr.)
Seine Eltern hießen Antonius und Rahel. Er stammte aus einem Dorf bei Sebaste, bei Getthon (Gitton) in Samaria, trat in die Schule des Dositheos ein, im Kreis aus dreißig Jüngern und einer Frau; die hieß Helena. Simon studierte in der Metropole Alexandrien und ergab sich alsbald arabisch-jüdischer Zaubermedizin. Daß er christianische und hellenistische Weisheit verbinden wollte, wurde ihm als Häresie ausgelegt, wie später im Casus Origines. Predigten des Philippus machten Simon gläubig. Er ließ sich taufen, blieb aber der Scheinheiligkeit verdächtig, galt vielen als Heuchler, obwohl seine Auffassung vom Christentum vielleicht nur geringfügig abwich von der der Apostel. Das Opus »Große Verkündigung«, das er möglicherweise verfaßte, ging verloren. Darin grassierende vorsokratische Termini wie »Wurzel des Weltalls« und Theoreme, daß die unbegrenzte Dynamis mit Feuer identisch sein solle, klang weniger nach Bibel und dem Logos des Johannes als nach Anaxagoras oder nach chinesischem Dschi oder Sturm und Drang, Wille, Élan vitale, Energie, Drive & Power. Zunächst zögerten die Christianer, Simon als Zauberer zu verunglimpfen, denn die drei beliebten Astralmagier und Propheten aus dem Morgenland sah man durchweg positiv und unverzichtbar. Auch Petrus, der selber Simon geheißen hatte, und Jesus waren Magier gewesen, ohne deshalb gleich als Jesus Magus abgetan zu werden. In Wortgefechten, heiligen Gesprächen, drei Tage lang, ca. 40 n.Chr. in Kaisareia, beschuldigte Simon den Petrus der Nachbeterei, während er, Simon, Neues künde, ein gnostisch hochdynamisches und zudem so weiblich wie weise durchflutetes Evangelium. Daß er Petrus