Die Fünf und Vierzig. Александр Дюма. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Александр Дюма
Издательство: Public Domain
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Жанр произведения: Зарубежная классика
Год издания: 0
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inmitten von Blumen, unter einer schönen Weinrebe begraben; und sobald Chicot todt und in effigie beerdigt war, half er Gorenflot bei seinem Umzuge.

      Modeste nahm mit großem Gepränge Besitz von seiner Priorei der Jacobiner. Chicot wählte die Nacht, um in Paris einzuschlüpfen. Er kaufte bei der Porte Bussy ein kleines Haus, das ihn drei hundert Thaler kostete, und wenn er Gorenflot besuchen wollte, so hatte er drei Wege: den durch die Stadt, der der kürzere, den am Strande des Wassers, der der poetischere, und den längs den Mauern, der der sicherste war.

      Aber Chicot, ein Träumer, wählte beinahe immer den an der Seine, und da der Fluß in jener Zeit noch nicht zwischen steinerne Mauern eingeschachtet war, so leckte das Wasser, wie der Dichter sagt, seine Ufer, an denen die Bewohner der Cité mehr als einmal die lange Silhouette von Chicot bei schönem Mondschein sich hervorheben sehen konnten.

      Nachdem Chicot eingezogen war und seinen Namen verändert hatte, war er bemüht. auch sein Gesicht zu verändern; er nannte sich Robert Briquet und ging leicht vorwärts gebeugt; dann hatte ihn die beständige Unruhe und der Verlauf der letzten sechs Jahre beinahe kahl gemacht, so daß sein sonst krauses schwarzes Haar sich, wie das Meer bei der Ebbe, von seiner Stirne gegen sein Genick zurückgezogen.

      Ueberdies trieb er, wie gesagt, die den alten Mimen so theure Kunst, welche darin bestand, daß man durch geschicktes Zusammenziehen das natürliche Spiel der Muskeln und das gewöhnliche Spiel der Physiognomie veränderte.

      Folge von diesem anhaltenden Studium war, daß Chicot am hellen Tag gesehen, wenn er sich die Mühe geben wollte, als ein wahrhafter Robert Briquet, das heißt, als ein Mensch erschien, dessen Mund von einem Ohr zum andern ging, dessen Kinn die Nase berührte und dessen Augen schielten, daß man bange bekam: Alles ohne Grimassen, aber nicht ohne einen gewissen Reiz für Liebhaber von Verwandlungen, weil sein Gesicht, sonst lang, fein und eckig, breit, aufgedunsen und stumpf wurde.

      Nur seine langen Arme und seine ungeheuren Beine konnte Chicot nicht verkürzen; da er aber sehr erfindungsreich war, so bog er, wie gesagt, seinen Rücken, so daß seine Arme beinahe so lang waren, als seine Beine.

      Mit diesen physiognomischen Uebungen verband er die Vorsicht, daß er mit Niemand eine Bekanntschaft anknüpfte. So ausgerenkt Chicot auch war, so konnte er doch nicht ewig dieselbe Postur behalten. Wie kann man buckelig um zwölf Uhr erscheinen, wenn man um zehn Uhr gerade gewesen war, und welchen Vorwand soll man einem Freund angeben, der uns plötzlich das Gesicht verändern sieht, weil uns, während wir mit ihm spazieren gehen zufällig eine verdächtige Person begegnet?

      Robert Briquet führte also ein Klausnerleben, was übrigens seinem Geschmacke entsprach; seine ganze Zerstreuung bestand darin, daß er Gorenflot besuchte, mit dem er vollends den ausgezeichneten 1550er trank, welchen in den Kellern von Beaune zu lassen der würdige Prior sich wohl gehütet hatte.

      Doch die gemeinen Geister sind Veränderungen unterworfen, wie die großen Geister. Gorenflot veränderte sich, Gott sei Dank nicht physisch, aber moralisch.

      Er sah denjenigen, welcher bisher sein Geschick in seinen Händen hatte, in seiner Macht und seiner Diskretion anheimgegeben. Chicot, der zum Mittagessen in die Priorei kam, erschien ihm als ein Chicot-Sklave, und Gorenflot hielt von diesem Augenblick an zu viel von sich und nicht genug von Chicot.

      Chicot sah, ohne sich dadurch beleidigt zu fühlen, die Veränderung seines Freundes. Er hatte sich durch ähnliche Erfahrungen bei König Heinrich zu einer solchen Philosophie gebildet. Er beobachtete sich mehr, und das war Alles. Statt alle zwei Tage in die Priorei zu gehen, ging er nur noch einmal in der Woche, dann alle vierzehn Tage, dann alle Monate dahin. Gorenflot war so aufgeblasen, daß er es gar nicht bemerkte.

      Chicot war zu sehr Philosoph, um empfindlich zu sein; er lachte im Stillen über die Undankbarkeit von Gorenflot und kratzte sich nach seiner Gewohnheit an der Nase und am Kinn.

      »Das Wasser und die Zeit,« sagte er, »sind die zwei mächtigsten auflösenden Mittel, die ich kenne. Das eine löst den Stein auf und das andere die Eitelkeit. Warten wir.« Und er wartete.

      Er war in diesem Warten begriffen, als die von uns erzählten Ereignisse eintraten, unter denen einige von den neuen Elementen aufzutauchen schienen, welche große politische Katastrophen weissagen. Da nun sein König, den er immer noch liebte, obgleich er gestorben war, ihm unter diesen zukünftigen Ereignissen einigen Gefahren, denen ähnlich, vor welchen er ihn bewahrt hatte, preisgegeben zu sein schien, so entschloß er sich, ihm im Zustande eines Gespenstes zu erscheinen und ihm in dieser Absicht allein die Zukunft vorherzusagen. Wir haben gesehen, wie Chicot durch die in die Entlassung von Joyeuse eingewickelte Ankündigung der nahe bevorstehenden Ankunft von Herrn von Mayenne, eine Ankündigung, welche Chicot im Grunde ihrer Hülle herausgefunden, wie Chicot, sagen wir vom Zustande eines Gespenstes zur Lage eines Lebendigen, und von der Stellung eines Propheten zu der eines Botschafters überging.

      Nun, da Alles, was in unserer Erzählung dunkel erscheinen könnte, erklärt ist, werden wir, wenn es unsere Leser erlauben, Chicot bei seinem Ausgang aus dem Louvre wiederaufnehmen und ihm bis zu seinem kleinen Hause im Carrefour Bussy folgen.

      4tes – 7tes Bändchen

       Erstes Kapitel

      Die Serenade

      Um vom Louvre nach Hause zu kommen, hatte Chicot keinen weiten Weg zu gehen.

      Er stieg an dem steilen Ufer hinab und fing an über den Fluß mit einem kleinen Schiffe zu fahren, das er selbst lenkte und von der Rive de Nesle an den verlassenen Quai des Louvre gebracht hatte.

      »Es ist seltsam,« sagte er zu sich selbst, indem er ruderte, und während er ruderte, nach den Fenstern des Pallastes schaute, von denen ein einziges das des Königs trotz der vorgerückten Nacht erleuchtet bliebe, »es ist seltsam, nach vielen Jahren ist Heinrich immer noch derselbe, die Einen sind groß geworden. Andere haben sich erniedrigt und wieder Andere sind gestorben, er hat ein paar Falten im Gesicht und im Herzen bekommen und mehr nicht, es ist immer derselbe schwache und erhabene phantastische und politische Geist; es ist ewig diese selbstsüchtige Seele, welche stets mehr verlangt, als man ihr geben kann, – die Freundschaft bei der Gleichgültigkeit, die Liebe bei der Freundschaft, die Ergebenheit bei der Liebe – und ein unglücklicher König, ein armer König, traurig bei Alledem mehr als ein Mensch seines Reiches. Ich glaube, ich habe diese seltsame Mischung von Ueppigkeit und von Reue, von Gottlosigkeit und Aberglauben ergründet; wie nur ich allein den Louvre kenne, durch dessen Gemächer so viele Günstlinge gezogen sind, um in das Grab, die Verbannung oder in die Vergessenheit zu gehen; auch nur ich allein ohne Gefahr mit dieser Krone spiele, welche einstweilen den Geist von so vielen Leuten verbrennt, da sie ihnen auch die Finger verbrennen wird.

      Chicot stieß einen mehr philosophischen als trauriger Seufzer aus und drückte kräftig auf seine Ruder.

      »Ah!« sagte er plötzlich, »hat mir der König nicht von Reisegeld gesprochen? dieses Vertrauen ehrt mich, den es beweist mir, daß ich immer noch sein Freund bin.«

      Dabei lachte Chicot im Stillen, wie es seine Gewohnheit war, und warf dann mit einem letzten Ruderschlag sein Schiff auf den feinen Sand, wo es sitzen blieb.

      Er band das Vordertheil mit einem Knoten, dessen Geheimniß er kannte, und der in jenen, vergleichungsweise unschuldigen Zeiten hinreichende Sicherheit bot, an einem Pfahl an und wandte sich sofort nach seiner, wie man weiß nur zwei Büchsenschüsse von dem Ufer der Seine entfernt liegenden Wohnung.

      Als er in die Rue des Augustins kam, war er sehr erstaunt, da er Stimmen und Instrumente ertönen hörte, welche das in so vorgerückter Stunde sonst so friedliche Quartier mit Harmonie erfüllten.

      »Es ist also hier eine Hochzeit,« dachte er Anfangs, »alle Wetter! ich hatte nur fünf Stunden zu schlafen, und werde genöthigt sein, zu wachen, ich, der ich nicht Hochzeit halte.«

      Während er sich näherte, sah er einen großen Lichtschein in den Fensterscheiben der wenigen Häuser tanzen, die sich in dieser Straße fanden; dieser Schein wurde durch Dutzend Fackeln hervorgebracht, welche Pagen und Lackeien trugen, indeß vier und zwanzig Musiker unter Befehlen eines besessenen Italieners aus Leibeskräften mit ihren Violen, Psaltern, Geigen, Zithern, Trompeten