»Wenn Ihr nur zurückgekehrt seid, um mir solche Mittheilungen zu machen, so hättet Ihr bleiben können, wo Ihr waret.«
»Was willst Du, Heinrich? die Gespenster sind keine Schmeichler.«
»Du gestehst also, daß Du ein Gespenst bist?«
»Ich habe es nie geleugnet.«
»Chicot!«
»Aergere Dich nicht, denn vom Kurzsichtigen, der Du bist, würdest Du ein Blinder werden. Sprich, hast Du mir nicht gesagt, Du hieltest Deinen Bruder in Flandern?«
»Ja, gewiß, und ich behaupte, das ist eine gute Politik.«
»Höre nun, und ärgern wir uns nicht. In welcher Absicht denkst Du, daß Herr von Guise in Nancy bleibe?«
»Um dort eine Armee zu organisiren.«
»Gut! Ruhe… Wozu bestimmt er diese Armee?«
»Ah! Chicot, Ihr ermüdet mich mit allen diesen Fragen.«
»Werde müde, werde müde, Heinrich, Du wirst nachher besser ruhen, das verspreche ich Dir. Wir sagten also, er bestimme diese Armee?«
»Zu Bekämpfung der Hugenotten im Norden.«
»Oder vielmehr, um Deinem Bruder entgegenzutreten, der sich Herzog von Brabant nennen läßt, der sich einen kleinen Thron in Flandern zu bauen trachtet, und der Dich beständig um Unterstützung bittet, um zu diesem Ziele zu gelangen.«
»Eine Unterstützung, die ich ihm stets verspreche und nie schicken werde, wohl verstanden!«
»Zur großen Freude des Herrn Herzogs von Guise. Nun wohl, Heinrich, einen Rath.«
»Welchen?«
»Wenn Du Dich einmal stellen würdest, als wolltest Du ihm die versprochenen Hilfstruppen schicken, wenn Du diese Truppen gegen Brüssel vorrücken ließest, und würden sie auch nur halbwegs gehen?«
»Ah! Ja, ich verstehe,« rief Heinrich, »Herr von Guise würde sich nicht von der Gränze rühren.«
»Und das Versprechen, das Frau von Montpensier uns Liguisten gegeben hat, daß Herr von Guise vor acht Tagen in Paris sein werde…«
»Dieses Versprechen würde ins Wasser fallen.«
»Das hast Du gesagt, mein Meister,« erwiederte Chicot, der es sich ganz bequem machte. »Sprich, was denkst Du von meinem Rath?«
»Ich halte ihn für gut… doch…«
»Was noch?«
»Während diese beiden Herren dort einer durch den andern beschäftigt wären…«
»Ah! ja, der Süden, nicht wahr? Du hast Recht, Heinrich, vom Süden kommen die Stürme.«
»Würde sich während dieser Zeit nicht meine dritte Geißel in Bewegung setzen? Du weißt, was der Bearner macht.«
»Der Teufel soll mich holen, nein.«
»Er macht Ansprüche.«
»Worauf?«
»Auf die Städte, welche die Mitgift seiner Frau bilden.«
»Seht Ihr den Unverschämten, dem die Ehre, mit dem Hause Frankreich verwandt zu sein, nicht genügt, und der sich auf das, was ihm gehört, Ansprüche zu machen erlaubt!«
»Cahors zum Beispiel, als ob es gute Politik wäre, eine solche Stadt seinem Feinde zu überlassen.«
»Nein, in der That, das wäre nicht die Sache eines guten Politikers, aber zum Beispiel die eines redlichen Mannes.«
»Herr Chicot!«
»Nehmen wir an, ich habe nichts gesagt; Du weißt, daß ich mich nicht in Deine Familienangelegenheiten mische.«
»Doch das beunruhigt mich nicht; ich habe meinen Gedanken.«
»Gut.«
»Kommen wir also auf das Dringendere zurück.«
»Auf Flandern.«
»Ich werde Einen nach Flandern zu meinem Bruder schicken; aber wen schicke ich, mein Gott! wem kann ich eine so wichtige Sendung anvertrauen?«
»Verdammt…«
»Ah! ich bedenke.«
»Ich auch…«
»Gehe Du dahin, Cicot!«
»Ich soll nach Flandern gehen?«
»Warum nicht?«
»Ein Todter nach Flandern gehen! Stille doch!«
»Da Du nicht mehr Chicot, sondern Robert Briquet bist…«
»Gut, ein Bürger, ein Liguist, ein Freund von Herrn von Guise soll die Funktionen eines Botschafters beim Herrn Herzog von Anjou versehen.«
»Du weigerst Dich?«
»Bei Gott!«
»Du bist ungehorsam gegen mich?«
»Ich Dir ungehorsam? Bin ich Dir Gehorsam schuldig?«
»Du bist mir keinen Gehorsam schuldig, Unglücklicher?»
»Hast Du mir je etwas gegeben, was mich Dir verbindet? Das Wenige, was ich besitze, ist mir durch Erbschaft zugefallen. Ich bin bettelarm und dunkeln Standes. Mache mich zum Herzog und Pair, erhebe mein Landgut la Chicoterie zum Marquisat. Dotire mich mit fünfmal hundert tausend Thalern, dann wollen wir von der Botschafterei sprechen.«
Heinrich wollte antworten und einen von den guten Gründen finden, wie sie die Könige immer finden, wenn man ihnen solche Vorwürfe macht, als man den schweren sammtenen Thürvorhang rauschen hörte.
»Der Herr Herzog von Joyeuse,« sagte die Stimme des Huissier.
»Ei, alle Wetter! hier hast Du, was Du brauchst. Ich fordere Dich auf, mir einen Botschafter zu finden, der Dich besser vertreten würde, als Messire Anne.«
»In der That,« murmelte Heinrich, »dieser verteufelte Mensch ist offenbar ein besserer Ratgeber, als es je einer meiner Minister war!«
»Ah! Du gibst es also zu?»sagte Chicot.
Und er vertiefte sich in seinen Stuhl und nahm die Form einer Kugel an, so daß der geschickteste Seemann des Königreichs, gewohnt, dem kleinsten Punkt über den Linien des Horizonts zu unterscheiden, keinen Vorsprung über den Sculpturen des Lehnstuhls, in dem er sich begraben, hätte entdecken können.
Herr von Joyeuse mochte immerhin Großadmiral von Frankreich sein, er sah nicht mehr als ein Anderer.
Der König stieß einen Freudenschrei aus, als er seinen jungen Günstling erblickte, und drückte ihm die Hand.
»Setze Dich, Joyeuse, mein Kind,« sagte er zu ihm. »Mein Gott, wie spät kommst Du!«
»Sire,« erwiederte Joyeuse, »Eure Majestät ist sehr gnädig, daß sie es bemerkt.«
Und der Herzog näherte sich der Estrade des Bettes und setzte sich auf die mit Lilien besäten Kissen, welche zu diesem Behufe zerstreut auf den Stufen der Estrade umherlagen.
Fünfzehntes Kapitel
Wie schwierig es für einen König ist, gute Botschafter zu finden
Chicot war noch immer unsichtbar in seinem Lehnstuhl; Joyeuse lag halb auf den Kissen, der König hatte sich bequem in sein Bett gewickelt, und das Gespräch begann.
»Nun. Joyeuse,« fragte der König. »seid Ihr viel in der Stadt umhergestrichen?«
»Ja, Sire, sehr viel, ich danke,« antwortete mit gleichgültigem Tone Joyeuse.
»Wie schnell seid Ihr auf der Grève verschwunden!«
»Hört, Sire, offenherzig gestanden, ist das wenig erquicklich, und dann liebe ich es nicht, die Menschen leiden zu sehen.«
»Mitleidiges Herz!«
»Nein, selbstsüchtiges