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Durch eine Statusentscheidung des Zulassungsausschusses wird der Leistungserbringer ab dem im Beschluss genannten Zeitpunkt dazu berechtigt, Leistungen innerhalb des Systems der gesetzlichen Krankenversicherung zu erbringen und – durch Überweisung, Verordnung und ärztliche Anordnung – Leistungen anderer Leistungserbringer zu veranlassen. Diese Statusentscheidung ist zwar anfechtbar, aber zunächst voll wirksam und damit verbindlich.[533] Die Wirksamkeit ist nicht mit der Bestandskraft gleichzusetzen, sondern ist deren Voraussetzung. Man unterscheidet die äußere und die innere Wirksamkeit. Von äußerer Wirksamkeit spricht man, wenn der Verwaltungsakt einem Betroffenen bekannt gegeben worden ist.[534] Die innere Wirksamkeit bedeutet, dass der Verwaltungsakt die in ihm geregelten oder kraft Gesetzes mit ihm verbundenen Rechtswirkungen auslöst.[535]
b) Der Begriff der Vollziehbarkeit
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Vollziehbarkeit[536] bedeutet bei Geboten und Verboten, dass sie zwangsweise durchgesetzt (vollstreckt) werden können, bei anderen (z.B. feststellenden) Verwaltungsakten, dass die sich aus ihrer Wirksamkeit ergebenden Rechtsfolgen realisiert werden können,[537] m.w.W. die (vorläufige) Berechtigung oder Verpflichtung zu allen Folgerungen tatsächlicher oder rechtlicher Art, die Behörden, Gerichte oder Bürger aus dem Bestand des Verwaltungsaktes ziehen können.[538] Da die aufschiebende Wirkung gemäß § 86a Abs. 1 S. 2 SGG auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten gilt,[539] wird der Begriff der „Vollziehung“ in einem weiten Sinne verstanden und umfasst bspw. auch das Ausnutzen einer Begünstigung.[540]
2. Aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage
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Gegen die Entscheidungen der Zulassungsausschüsse können die am Verfahren beteiligten Ärzte und Einrichtungen, die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Landesverbände der Krankenkassen sowie die Ersatzkassen den Berufungsausschuss anrufen.[541] Die Anrufung hat aufschiebende Wirkung (§§ 96 Abs. 4 SGB V, 44 Ärzte-ZV).[542] Für die aufschiebende Wirkung hat die früher strittige Frage des Verhältnisses der §§ 96 Abs. 4 S. 2, 97 Abs. 4 SGB V zu §§ 86a, 86b SGG[543] keine Bedeutung, da sich die aufschiebende Wirkung aus beiden Normenkomplexen ergibt.
a) Voraussetzungen der aufschiebenden Wirkung, insbesondere aufschiebende Wirkung bei feststellenden Beschlüssen
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Gemäß § 96 Abs. 4 S. 2 SGB V hängt der Eintritt der aufschiebenden Wirkung lediglich davon ab, dass der Berufungsausschuss angerufen wird. Daher hat grundsätzlich auch ein unzulässiger und unbegründeter Widerspruch aufschiebende Wirkung.[544] Ist der Rechtsbehelf allerdings offensichtlich unzulässig, tritt die aufschiebende Wirkung nicht ein.[545] Dies ist z.B. der Fall, wenn eine Rechtsverletzung schlechthin ausgeschlossen ist oder nicht mehr geltend gemacht werden kann,[546] bei Rechtsbehelfen eines Dritten, in dessen Rechte unter keinen Umständen eingegriffen worden sein kann[547] oder bei offensichtlicher Verfristung des Rechtsbehelfs und Aussichtslosigkeit der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.[548] Ergibt sich das Fehlen der Drittanfechtungsbefugnis klar aus der Rechtsprechung des BSG, liegt ebenfalls ein Fall offensichtlicher Unzulässigkeit vor. War die entscheidungsrelevante Sachverhaltskonstellation noch nicht Gegenstand höchstrichterlicher Rechtsprechung und kann man ernstlich über das Vorliegen der Anfechtungsberechtigung streiten, scheidet die Annahme offensichtlicher Unzulässigkeit aus.[549]
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Gesetzliche Voraussetzung der aufschiebenden Wirkung ist die Regelungs-, Gestaltungs- oder Feststellungswirkung des Beschlusses (vgl. § 86a Abs. 1 SGG). Für feststellende Verwaltungsakte[550] ist die Rechtslage umstritten. Feststellende Verwaltungsakte sind Verwaltungsakte, durch die die materielle Rechtslage und etwa daraus folgende Ansprüche oder Eigenschaften, insbesondere der Status von Personen (statusgestaltender Verwaltungsakt), verbindlich festgestellt werden oder mit denen eine insoweit beantragte Feststellung abgelehnt wird.[551] Sie sichern gesetzlich begründete Rechtsverhältnisse mit den Rechtswirkungen des Verwaltungsakts ab.[552] Im Vertragsarztrecht zählen hierzu insbesondere Beschlüsse gemäß § 28 Abs. 1 S. 3 Ärzte-ZV, sofern keine Fristverkürzung gemäß § 28 Abs. 1 S. 2 Ärzte-ZV beantragt wurde.[553] Anwendungsfälle sind bspw. das Zulassungsende durch Tod, Ablauf des Befristungszeitraums oder Wegzug aus dem Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung (§ 95 Abs. 7 SGB V), die Beendigung der belegärztlichen Tätigkeit i.S.d. § 103 Abs. 7 S. 3 Hs. 1 SGB V und das Ende einer Berufsausübungsgemeinschaft aufgrund der Aufgabe des Willens zur gemeinsamen Berufsausübung.[554]
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Die h.M. unterscheidet konstitutive und deklaratorische feststellende Verwaltungsakte.[555] Bei konstitutiven feststellenden Verwaltungsakten dürfen die Zulassungsgremien, die Kassenärztliche Vereinigung und die Krankenkassen wegen der aufschiebenden Wirkung keine Konsequenzen aus der Feststellung ziehen.[556] Verwaltungsakte, die eine durch Gesetz eintretende Rechtsfolge lediglich deklaratorisch feststellen, sollen demgegenüber keine aufschiebende Wirkung entfalten.[557] Die nach § 28 Abs. 1 S. 3 Ärzte-ZV zu treffenden Beschlüsse sollen zu den deklaratorischen Verwaltungsakten gehören, da die Zulassung in allen Fällen kraft Gesetzes endet, ohne dass es einer Entscheidung der Zulassungsgremien bedürfe.[558] Die Feststellung erfolge ausschließlich zu dem Zweck, Rechtssicherheit herzustellen und für alle an der vertragsärztlichen Versorgung Beteiligten Klarheit darüber zu schaffen, ob ein Arzt noch berechtigt ist, als Vertragsarzt tätig zu werden oder ob dies nicht der Fall ist.[559] Der betroffene Arzt sei trotz des Widerspruches nach Maßgabe der materiellen Rechtslage zu behandeln, da der Widerspruch gegen den deklaratorisch feststellenden Beschluss die kraft Gesetzes eintretende Rechtslage nicht verbessern könne.[560] Endet die Zulassung kraft Gesetzes, muss der betroffene Arzt daher nach h.M. seine Tätigkeit mit Eintritt des Beendigungsgrundes einstellen.[561]
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Weder die Begründung noch die Ergebnisse der h.M. überzeugen vollständig. § 86a Abs. 1 S. 2 SGG wäre sinnlos, würde man einem gegen einen feststellenden Verwaltungsakt eingelegten Rechtsbehelf den Suspensiveffekt versagen. Das ist aber das Ergebnis der h.M., da dem Betroffenen mit einem Suspensiveffekt nicht geholfen ist, der ihn dazu zwingt, die umstrittene Rechtslage bereits zu befolgen.[562] Der Suspensiveffekt bezieht sich bei deklaratorischen Feststellungsbeschlüssen nicht auf die materielle Rechtslage, die kraft Gesetzes eintritt (z.B. das Bestehen oder Nichtbestehen einer Vertragsarztzulassung), sondern auf die verfahrensrechtliche Frage, ob diese Änderung der materiellen Rechtslage im Verhältnis des betroffenen Arztes zu den weiteren Beteiligten im GKV-System bereits vollzogen werden darf.[563] Die Wirkung des feststellenden Verwaltungsakts besteht v. a. in der für