Vertragsärztliche Zulassungsverfahren, eBook. Christian Wittmann. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Christian Wittmann
Издательство: Bookwire
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Год издания: 0
isbn: 9783811482227
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die Unanfechtbarkeit des Beschlusses der Zulassungsgremien eintreten, bevor aus dessen Tenor Rechtsfolgen abgeleitet werden könnten.[600] Die Anordnung des Sofortvollzugs ermöglicht es den Zulassungsgremien, ihren Beschlüssen sofort zur Geltung zu verhelfen, soweit öffentliche Interessen und/oder private Drittinteressen dies erfordern.[601]

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      Für die Anordnung der sofortigen Vollziehung sind gemäß § 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG grundsätzlich die Behörden zuständig, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden haben, in Zulassungsverfahren also Zulassungs- und/oder Berufungsausschuss. Gemäß § 86a Abs. 3 S. 5 SGG umfasst die Anordnungsbefugnis grundsätzlich auch die Änderungs- und Aufhebungsbefugnis.[602] Im Verfahren vor den vertragsärztlichen Zulassungsgremien war und ist die Zuständigkeitsverteilung zwischen Zulassungs- und Berufungsausschuss allerdings umstritten.[603]

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      Der Zulassungsausschuss besitzt nach umstrittener aber heute h.M. die Kompetenz, die sofortige Vollziehbarkeit seiner Beschlüsse anzuordnen.[604]

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      Die von Teilen des Schrifttums bisher vertretene sogenannte absolute Unzuständigkeit des Zulassungsausschusses ist nicht gegeben, weil die Befugnis des Zulassungsausschusses zur Anordnung der sofortigen Vollziehung einen sachlichen Bezug zu seinem Aufgabenbereich hat.[605] Auch aus § 97 Abs. 4 SGB V lässt sich die fehlende Kompetenz des Zulassungsausschusses für Vollzugsanordnungen nicht herleiten. Der Gesetzgeber des 6. SGG-ÄndG hat mit den §§ 86a, 86b SGG eine umfassende Regelung des vorläufigen Rechtsschutzes in sozialrechtlichen Angelegenheiten beabsichtigt.[606] § 97 Abs. 4 SGB V dient nur der Klarstellung, dass auch der Berufungsausschuss die sofortige Vollziehung seiner und der Beschlüsse des Zulassungsausschusses anordnen kann, da dies aus § 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG nicht zwingend herzuleiten ist.[607]

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      Die Entscheidung des BSG vom 5.6.2013 wird insbesondere vom LSG Nordrhein-Westfalen kritisiert.[608] Dieser Kritik ist zuzugeben, dass sich der bisherige Begründungsansatz des BSG auf den Hinweis reduziert, Sinn und Funktion des § 97 Abs. 4 SGB V sei es klarzustellen, dass der Berufungsausschuss nach Einführung des § 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG trotzdem die Kompetenz zum Erlass einer Vollzugsanordnung behalten habe. Mit sämtlichen weiteren dogmatischen und rechtspolitischen Argumenten gegen eine Anordnungskompetenz des Zulassungsausschusses hat sich das BSG bisher nicht auseinandergesetzt. Aus Sicht der Praxis ist die Entscheidung des BSG aber jedenfalls zu begrüßen.

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      Fraglich ist, ob die Zuständigkeit des Zulassungsausschusses und des Sozialgerichts nebeneinander bestehen. Dies wird zwar auch für das sozialgerichtliche Verfahren grundsätzlich so vertreten.[609] Da sich jedoch in vertragsärztlichen Statusverfahren die Zuständigkeiten von Zulassungs- und Berufungsausschuss gegenseitig ausschließen,[610] und nach der Rechtsprechung des BSG die Zuständigkeit des Berufungsausschusses neben der des Sozialgerichts besteht,[611] kann während des sozialgerichtlichen Verfahrens keine Zuständigkeit des Zulassungsausschusses zur Anordnung der sofortigen Vollziehung bestehen.

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      An der Kompetenz des Berufungsausschusses, die sofortige Vollziehung eigener Entscheidungen anzuordnen, besteht wegen § 97 Abs. 4 SGB V kein Zweifel. Fraglich kann aber sein, ob dem Berufungsausschuss auch die Kompetenz zusteht, Beschlüsse des Zulassungsausschusses für sofort vollziehbar zu erklären. Diese Frage hat erhebliche praktische Bedeutung, da zwischen der Anrufung des Berufungsausschusses und dessen Entscheidung häufig ein längerer Zeitraum vergeht, in dem die rechtlichen Wirkungen der Entscheidung des Zulassungsausschusses blockiert sind, wenn dieser nicht selbst die sofortige Vollziehung angeordnet hat, und den Beteiligten, etwa bei einer von einem Dritten angefochtenen Nachbesetzung eines Vertragsarztsitzes, durch den Suspensiveffekt erhebliche wirtschaftliche Einbußen entstehen können. Aufgrund der Entscheidung des BSG vom 5.6.2013[612] ist davon auszugehen, dass der Berufungsausschuss die Kompetenz hat, die Beschlüsse des Zulassungsausschusses für sofort vollziehbar zu erklären.[613] Hierfür spricht zum einen die Einordnung des Zulassungs- und Berufungsausschusses als Ausgangs- bzw. Widerspruchsbehörde im Sinne des § 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG,[614] zum anderen das Gebot des effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 GG. Anders als im Verwaltungsverfahren, wo dies umstritten ist,[615] erlangt der Berufungsausschuss diese Kompetenz allerdings erst mit der Begründung seiner Zuständigkeit durch den Widerspruch eines Beteiligten. Es handelt sich um eine ausschließliche Zuständigkeit, die vor dem Widerspruch allein beim Zulassungsausschuss und nach dem Widerspruch allein beim Berufungsausschuss liegt.[616] Die Zuständigkeiten von Zulassungs- und Berufungsausschuss stehen also nicht selbstständig nebeneinander, sondern schließen einander aus. Vollziehbarkeitsanordnungen des Berufungsausschusses wirken ex nunc.[617]

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      Die Befugnis zur Anordnung der sofortigen Vollziehung ermächtigt den Berufungsausschuss nach § 97 Abs. 4 SGB V somit, die gemäß § 96 Abs. 4 S. 2 SGB V i.V.m. § 86a Abs. 1 SGG eingetretene aufschiebende Wirkung auszuschließen und seinem oder dem Beschluss des Zulassungsausschusses sofort die intendierten bzw. die ihm nach der Rechtsordnung zukommenden Wirkungen zu verschaffen.[618] Dem kommt insbesondere bei Zulassungsentziehungen und bei Konkurrentenstreitigkeiten erhebliche praktische Bedeutung zu.[619]

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      Die Zuständigkeiten des Berufungsausschusses und des Sozialgerichts bestehen nebeneinander.[620] Die gleichzeitige Anhängigkeit zweier Verfahren und die Möglichkeit sich widersprechender Entscheidungen ist hinzunehmen.[621] Eine vom Berufungsausschuss getroffene Anordnung der sofortigen Vollziehung behält ihre Wirksamkeit auch nach Klageerhebung,[622] wenn sie nicht vom Sozialgericht geändert oder aufgehoben wird (§ 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2, S. 4 SGG).[623]

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      Die Vollzugsanordnung kann – schon vor Erhebung eines Widerspruchs oder einer Klage – gleichzeitig mit dem zugrunde liegenden Beschluss oder in einem späteren Zeitpunkt erlassen werden, solange die Zuständigkeit der anordnenden Stelle andauert, sie kann geändert und wieder aufgehoben werden.[624] In der Regel wird der Sofortvollzug mit dem Hauptsachebeschluss des Zulassungsausschusses beziehungsweise Berufungsausschusses angeordnet werden. Insoweit ist darauf zu achten, dem Betroffenen im jeweiligen Verfahren, spätestens in der Sitzung, rechtliches Gehör zu gewähren.[625] Eine spätere Anordnung der sofortigen Vollziehung setzt einen erneuten Beschluss des Zulassungs- oder Berufungsausschusses aber nicht zwingend eine mündliche Verhandlung[626] voraus. Da der Zulassungsausschuss mit Einlegung des Widerspruchs seine Zuständigkeit für die Anordnung der sofortigen Vollziehung vollständig verliert,[627] werden Vollzugsanordnungen des Zulassungsausschusses in aller Regel in dem Hauptsachebeschluss erfolgen müssen.

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      Die Anordnung der sofortigen Vollziehung durch die Zulassungsgremien[628] kann von Amts wegen erfolgen, auch wenn dadurch ein Dritter begünstigt wird.[629] Die Erwägung, ob die sofortige Vollziehung anzuordnen ist, gehört zu den Amtspflichten der Zulassungsgremien.[630] Die Anordnung darf aber nicht regelhaft ergehen, da die aufschiebende Wirkung von Rechtsbehelfen die Regel ist[631] und dieses Regel-Ausnahme-Verhältnis hierdurch auf den Kopf gestellt würde.[632] Sie muss schriftlich erfolgen.[633] Dem Betroffenen ist vor der Anordnung grundsätzlich rechtliches Gehör zu gewähren, zumindest dann, wenn die Angelegenheit nicht so eilbedürftig ist, dass eine Anhörung den mit der Anordnung