Vertragsärztliche Zulassungsverfahren, eBook. Christian Wittmann. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Christian Wittmann
Издательство: Bookwire
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Год издания: 0
isbn: 9783811482227
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kommt nur in Betracht, wenn in der Hauptsache nicht die Anfechtungsklage die richtige Klageart ist (Vorrang der Anfechtungsklage).[666]

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      Voraussetzung des gerichtlichen vorläufigen Rechtsschutzes ist ein ordnungsgemäßer schriftlicher Antrag, für den § 92 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 SGG entsprechend gilt.[667] Die Sollvorschrift des § 92 Abs. 1 S. 4 SGG verdichtet sich im einstweiligen Rechtsschutzverfahren zu einem faktischen „Muss“. Das Vorbringen des Antragstellers muss klar ergeben, auf welche rechtlichen und tatsächlichen Aspekte er sein Begehren stützt. Das Gericht ist nicht gehalten, zu weiterem Vorbringen aufzufordern.[668] Der Antrag ist nicht fristgebunden und kann schon vor Einlegung eines Rechtsbehelfs gestellt werden. In Anfechtungssachen kann ihm jedoch nur stattgegeben werden, wenn im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung der die aufschiebende Wirkung begründende Rechtsbehelf schon eingelegt worden ist.[669] Ein vorheriger Antrag auf Anordnung der sofortigen Vollziehung bei den Zulassungsgremien ist hingegen nicht Voraussetzung eines an das Sozialgericht gerichteten Antrags. Das Sozialgericht kann direkt mit der Anordnung befasst werden.[670] In sachlicher Hinsicht sind für die gemäß § 86b Abs. 1 SGG gebotene Abwägung wirtschaftliche Interessen ein Kriterium neben einer Vielzahl anderer in die Abwägung einzubeziehender Umstände und können je nach Sachlage auch von untergeordneter Wertigkeit sein.[671]

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      Der Beschluss des Gerichts über die Anordnung der sofortigen Vollziehung oder die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung wirkt in Zulassungsangelegenheiten nach dem allgemeinen Grundsatz des BSG nur ex nunc und nicht ex tunc.[672] Er ist der materiellen Rechtskraft fähig und bindet die Beteiligten bis zur Hauptsacheentscheidung, wobei eine Änderung gemäß § 86b Abs. 1 S. 4 SGG beantragt werden kann. Hat das Gericht bspw. die aufschiebende Wirkung des Beschlusses der Zulassungsgremien wiederhergestellt, weil die Interessenabwägung ergab, dass die Vollzugsanordnung rechtswidrig war, dürfen die Zulassungsgremien eine erneute Vollzugsanordnung nur bei einer Änderung der Sach- oder Rechtslage beschließen. Es wäre bei gleicher Sach- oder Rechtslage unzulässig, einen neuen gleichlautenden Beschluss zu fassen und diesen erneut mit einer Vollzugsanordnung zu versehen.[673]

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      Das zuständige Sozialgericht kann auf Antrag die sofortige Vollziehbarkeit eines Beschlusses des Berufungsausschusses anordnen (§ 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG).[674] Ob das Sozialgericht auch Entscheidungen des Zulassungsausschusses für sofort vollziehbar erklären kann, ob § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG also schon vor der Entscheidung des Berufungsausschusses eingreift, ist umstritten. Dagegen wird die Einordnung des Verfahrens vor dem Berufungsausschuss als „zweitinstanzliches Verwaltungsverfahren“ angeführt.[675] Wegen der Sonderregelungen der §§ 96 Abs. 4, 97 Abs. 4 SGB V sei einstweiliger Rechtsschutz – auch durch die Sozialgerichte – erst nach der Entscheidung des Berufungsausschusses zu gewähren.[676] Nur bei einer Verletzung des Gebots effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) sei ausnahmsweise schon vor der Entscheidung des Berufungsausschusses vorläufiger Rechtsschutz zulässig.[677] Diese Ansicht widersprach schon vor der Entscheidung des BSG vom 5.6.2013[678] dem gesetzgeberischen Willen, den einstweiligen Rechtsschutz durch das 6. SGG-ÄndG umfassend auszugestalten. Dass der Zulassungsausschuss die sofortige Vollziehung seiner Beschlüsse nicht anordnen konnte, beruhte auf Gründen, die bei den Sozialgerichten nicht vorlagen. Dass dem Sozialgericht keine Anordnungsbefugnis zukommen sollte, solange der Berufungsausschuss nicht entschieden hatte, war § 97 Abs. 4 SGB V nicht zu entnehmen.[679] Da das BSG nunmehr schon dem Zulassungsausschuss die Kompetenz für Vollzugsanordnungen zuerkennt und § 97 Abs. 4 SGB V nicht als Sonderregelung betrachtet, fehlen überzeugende Argumente gegen die Kompetenz der Sozialgerichte, wie sonst auch bereits Beschlüsse der Ausgangsbehörde (des Zulassungsausschusses) für sofort vollziehbar zu erklären. Es ist heute somit davon auszugehen, dass das Sozialgericht jederzeit die sofortige Vollziehung der vom Zulassungsausschuss getroffenen Entscheidung anordnen und diese Anordnung auch wieder ändern kann.[680]

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      Die Voraussetzungen einer gerichtlichen Anordnung der sofortigen Vollziehung wurden in § 86b SGG nicht geregelt. Sie entsprechen denen, welche die Verwaltungsgerichtsbarkeit zu § 80 Abs. 2 Nr. 4 und Abs. 5 VwGO entwickelt hat.[681]

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      § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG berechtigt die Sozialgerichte, die aufschiebende Wirkung auf Antrag des Betroffenen anzuordnen bzw. wiederherzustellen, wenn der Zulassungs- oder Berufungsausschuss die sofortige Vollziehbarkeit seiner Entscheidung angeordnet hat,[682] oder der Rechtsbehelf des Betroffenen von Gesetzes wegen keine aufschiebende Wirkung hat.[683] Dies ist nach der Rechtsprechung des BSG auch zulässig bei einer deklaratorischen Feststellung des Endes der Zulassung, wobei dann auch eine einstweilige Anordnung nach § 86b Abs. 2 SGG erlassen werden muss, mit dem Inhalt, dass die Zulassung vorläufig zu verlängern bzw. zu erteilen ist.[684] Der Beschluss des Gerichts ist rechtsgestaltender Natur, er beseitigt die Vollziehbarkeit des Beschlusses der Zulassungsgremien, ohne dessen Wirksamkeit in Frage zu stellen.[685] Soweit Gründe der Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit rechtfertigen sollen, hat das Sozialgericht bei seiner Entscheidung zu berücksichtigen, dass den Zulassungsgremien diesbezüglich ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zustehen kann.[686] Ein genereller Beurteilungsspielraum der Zulassungsgremien bei Entscheidungen über die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit ist dagegen abzulehnen.[687] Wird gegen eine Vollziehungsanordnung des Zulassungsausschusses gerichtlich vorgegangen, ist ausnahmsweise der Zulassungsausschuss selbst Antragsgegner.[688]

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      Ist die aufschiebende Wirkung eines eingelegten Widerspruchs streitig, kann das Sozialgericht auf Antrag des Widerspruchsführers das Bestehen[689] oder das Nichtbestehen[690] der aufschiebenden Wirkung feststellen (§ 86a Abs. 1 SGG analog). Das kommt bspw. in Betracht, wenn Streit über die Frage besteht, ob der Rechtsbehelf offensichtlich unzulässig ist.[691] Ein Antrag auf Feststellung des Nichtbestehens der aufschiebende Wirkung ist bspw. anzuraten, wenn die aufschiebende Wirkung zweifelhaft ist und das Interesse besteht, sogleich von der durch den Verwaltungsakt eingeräumten Befugnis (z.B. Ermächtigung) Gebrauch zu machen, andererseits aber die Möglichkeit, eine Anordnung der sofortigen Vollziehung zu erreichen, zweifelhaft ist.[692]

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      Die Feststellung des Suspensiveffekts kommt auch dann in Betracht, wenn ein Verwaltungsakt nicht von der ihn erlassenden, sondern einer anderen Behörde vollzogen oder anderweitig durchgesetzt wird. Der Antrag kann in diesen Fällen sowohl gegen die Erlassbehörde als auch gegen die vollziehende Behörde gerichtet werden. Zu einem Auseinanderfallen zwischen Ursprungs- und Umsetzungsbescheid kommt es bspw. bei der Festlegung der Leistungsobergrenze im Job-Sharing gemäß § 101 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 und Nr. 5 SGB V durch die Zulassungsgremien, die von der Kassenärztlichen Vereinigung gemäß § 45 Bedarfsplanungs-Richtlinie gegenüber dem betroffenen Vertragsarzt durch einen Verwaltungsakt umzusetzen ist. Legt der Vertragsarzt gegen den Ursprungsbescheid Widerspruch ein und beachtet die Kassenärztliche Vereinigung den Suspensiveffekt nicht, so ist der Antrag auf Feststellung der aufschiebenden Wirkung statthaft.[693]

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      Fraglich ist, ob dem Sozialgericht die Kompetenz zusteht, einen vertragsarztrechtlichen Status, z.B. die Zulassung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung oder die Genehmigung eines Anstellungsverhältnisses, im Wege der einstweiligen Anordnung gemäß § 86b Abs. 2 SGG vorläufig zu gewähren. Zwei obergerichtliche Entscheidungen haben diese Kompetenz für den Regelfall verneint.[694] Nach dieser Auffassung schließen