Anspruchsgrundlage, deren Voraussetzungen der Käufer beweisen muss, ist nur Halbsatz 1 des § 284, Halbsatz 2 dagegen eine Ausnahme („… es sei denn …), die der Verkäufer beweisen muss.
6.2 Die Rechtsfolge: der Ersatz vergeblicher Aufwendungen
Ersatz seiner vergeblichen Aufwendungen kann der Käufer vom Verkäufer nur verlangen, wenn er keinen Schadensersatz statt der Leistung nach §§ 280 I, III, 281 oder § 311a II verlangt.
§ 284 begründet eine Ersetzungsbefugnis des Käufers: Aufwendungsersatz statt Ersatz des Nichterfüllungsschadens, also nur das eine oder das andere. Der Käufer kann den Ersatz seiner vergeblichen Aufwendungen jedoch zusätzlich zum einfachen Schadensersatz nach § 280 I, zum Verzugsschadensersatz nach §§ 280 II, 286 oder zum Rücktritt verlangen[183].
Aufwendungen sind freiwillige Vermögensopfer, normalerweise im Interesse eines anderen (§§ 670, 675 I), hier aber im eigenen Interesse. Der Käufer macht sie im Vertrauen darauf, eine mangelfreie Sache zu bekommen[184].
Beispiele
- | Vertrags-, Beurkundungs-, Übergabe-, Versand- und Grundbuchkosten; |
- | Kosten für Zusatzausstattung, Überführung und Zulassung des mangelhaften Kraftfahrzeugs (BGH NJW 2005, 2849); |
- | Investitionen für die Verwertung der Kaufsache (Hausbau auf dem gekauften Grundstück); |
- | Nicht Kosten für die Begutachtung der mangelhaften Ware (BGH NJW 2005, 2849) oder die Rüchabwicklung des Kaufs; |
- | Nicht Aufwand, der dem Käufer erst durch die Nacherfüllung entsteht (BGH NJW 2008, 2837: § 280 I 1). |
Aufwendungsersatz ist kein Schadensersatz, er deckt sich auch nicht mit dem Ersatz des Vertrauensschadens und erfasst nicht den entgangenen Gewinn aus einem anderen Geschäft, das der Käufer im Vertrauen auf diesen Kauf ausgelassen hat. Auch ist der Aufwendungsersatz der Höhe nach nicht durch das Erfüllungsinteresse begrenzt.
6.3 Die Anspruchsvoraussetzungen
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Der Anspruch auf Aufwendungsersatz aus § 437 Nr. 3 mit § 284 Hs. 1 und § 281 setzt voraus: einen Sachkauf, einen Sachmangel bei Gefahrübergang (RN 81 ff.), Aufwendungen des Käufers im Vertrauen auf den Erhalt einer mangelfreien Kaufsache, und den Ablauf einer angemessenen Frist, die der Käufer dem Verkäufer zur Nacherfüllung gesetzt hat.
Aber nicht alle Aufwendungen des Käufers sind zu ersetzen, sondern nur diejenigen, die er billigerweise machen durfte. Was billig ist, bestimmt der weite Rahmen von Treu und Glauben. Unbillig sind vielleicht voreilige Aufwendungen, die ein besonnener Käufer angesichts drohender Mängel besser unterlassen hätte. Notwendig müssen die Aufwendungen nicht sein, den Verkäufer auch nicht bereichern[185].
Das Erfordernis einer Nachfrist steuert § 281 I bei, weil der Aufwendungsersatz den Schadensersatz statt der Leistung ersetzt und deshalb auch die Voraussetzungen des § 281 I erfüllen muss[186]. Ausnahmsweise entbehrlich ist die Nachfrist nur in den Fällen der §§ 281 II, 283 S. 1, 311a II, 440.
6.4 Der Ausschluss des Aufwendungsersatzes
Ausgeschlossen ist der Aufwendungsersatz nach § 284 Hs. 2, wenn und soweit der Zweck der Aufwendung auch ohne den Sachmangel (trotz mangelfreier Lieferung) verfehlt worden wäre. Das ist eine Ausnahme von § 284 Hs. 1, die der Verkäufer beweisen muss. Das Gesetz stellt gewissermaßen eine Rentabilitätsvermutung auf, die der Verkäufer durch den Nachweis widerlegen muss, der Käufer habe seine Aufwendungen in den Sand gesetzt und ein Verlustgeschäft getätigt[187].
Auch der Anspruch auf Aufwendungsersatz ist nach § 280 I 2 oder § 311a II 2 ausgeschlossen, wenn der Verkäufer den Mangel unstreitig oder nachweislich nicht zu vertreten hat[188].
7. Der Rückgriff des Verkäufers
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Nach der neuen Vorschrift des § 445a kann der Verkäufer ab 1.1.2018, wenn er eine neu hergestellte Sache verkauft[189] und der vom Käufer gerügte Mangel schon beim Übergang der Gefahr auf den Verkäufer vorhanden war, von seinem Lieferanten Ersatz der Aufwendungen verlangen, die er gegenüber seinem Käufer nach §§ 439 II, III, 475 IV, VI zu tragen hatte (I).
Für die Rechte des Verkäufers gegen seinen Lieferanten nach § 437 bedarf es der sonst erforderlichen Fristsetzung nicht, wenn der Verkäufer die verkaufte Sache wegen ihres Mangels zurücknehmen musste oder der Käufer den Kaufpreis gemindert hat (II).
Die Abs. 1 und 2 sind auf die Ansprüche des Lieferanten und der übrigen Käufer in der Lieferkette gegen den jeweiligen Verkäufer entsprechend anwendbar, wenn der Schuldner ein Unternehmer ist (III). § 377 HGB bleibt unberührt (IV).
Nach § 445b verjähren die Aufwendungsersatzansprüche des Verkäufers aus § 445a I in zwei Jahren nach Ablieferung der Sache (I), und tritt die Verjährung der Ansprüche des Verkäufers gegen seinen Lieferanten aus §§ 437, 445a I frühestens zwei Monate nach Erfüllung der Ansprüche des Käufers durch den Verkäufer ein (II 1). Die Ablaufhemmung endet spätestens fünf Jahre nach Ablieferung der Sache durch den Lieferanten an den Verkäufer (II 2). Die Abs. 1 und 2 sind auf Ansprüche des Lieferanten und der übrigen Käufer in der Lieferkette gegen die jeweiligen Verkäufer entsprechend anwendbar, wenn der Schuldner ein Unternehmer ist (III).
1. Der Sachmangel als Vertragsverletzung
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§ 433 I 2 verpflichtet den Verkäufer, die Kaufsache mangelfrei zu übergeben und zu übereignen. Durch Lieferung einer mangelhaften Sache verletzt er den Kaufvertrag. Der Sachmangel, wie § 434 ihn beschreibt, ist eine Vertragsverletzung und muss der Kaufsache beim Gefahrübergang (RN 97 ff.) anhaften[190].
2. Die gesetzliche Definition des Sachmangels
Was ein Sachmangel rechtlich sei, definiert verbindlich die Hilfsnorm des § 434 in zweifelhafter Formulierung. Obwohl alle drei Absätze das gleiche Thema behandeln, spricht Absatz 1 negativ von der Mängelfreiheit, während die Absätze 2 und 3 den Sachmangel beim Namen nennen, so als seien hier verschiedene Verfasser am Werk gewesen.
Nach § 434 I tritt der Sachmangel in dreierlei Gestalt auf: Entweder fehlt der Kaufsache die vereinbarte Beschaffenheit (S. 1) oder sie taugt nicht für die vertraglich vorausgesetzte Verwendung oder nicht einmal für die gewöhnliche Verwendung (S. 2).
Die Zusicherung einer Eigenschaft nach früherem Recht geht jetzt in der Vereinbarung einer bestimmten Beschaffenheit auf und hat keine besonderen Rechtsfolgen mehr. Auch das arglistige Verschweigen eines Mangels gibt dem Käufer keine zusätzlichen Rechte, verhindert aber nach § 444 eine vertragliche Haftungsbeschränkung und verlängert nach § 438 III die Verjährungsfrist. Die Brauchbarkeit zum vertraglich vorausgesetzten