3.3 Die Anspruchsvoraussetzungen
Der „einfache“ Schadensersatzanspruch aus §§ 437 Nr. 3, 280 I 1 setzt im Vergleich zu den anderen Ersatzansprüchen am Wenigsten voraus: einen Sachkauf, einen Sachmangel bei Gefahrübergang (RN 81 ff.) und einen (Begleit-) Schaden des Käufers durch eben diesen Sachmangel.
Keine Anspruchsvoraussetzung ist das Verschulden des Verkäufers. Dieser haftet nicht erst dann, wenn er den Sachmangel nach § 276 I oder § 278 zu vertreten hat, sondern bis zum Beweis des Gegenteils auch schuldlos, denn nach § 280 I 2 muss er sich entlasten (RN 108, 1608). Der Verkäufer, der die Kaufsache nicht selbst hergestellt hat, haftet nicht für versteckte Produktionsmängel, denn der Hersteller ist in aller Regel kein Erfüllungsgehilfe des Verkäufers nach § 278[161].
4. Der Anspruch des Käufers auf Schadensersatz statt der Leistung
4.1 Die Anspruchsgrundlage
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Schadensersatz statt der Leistung bekommt der Käufer nur nach § 437 Nr. 3 mit §§ 280 I, III, 281, 283, 311a II 1; das ist eine zahlenmäßig imponierende, rechtlich jedoch verwirrende Anspruchsgrundlage.[162]
4.2 Die Rechtsfolge: Der Ersatz des Mangelschadens
Nach verbreiteter Ansicht deckt sich dieser neue Anspruch mit dem früheren Schadensersatz wegen Nichterfüllung, denn statt der Leistung heißt: an Stelle einer mangelfreien Erfüllung und Nacherfüllung. Wozu dann der Namenstausch? Angeblich trifft der neue Name den Sinngehalt des Anspruchs besser als der alte, weil der Schadensersatz nicht die Erfüllung, sondern die Leistung ersetze. Das ist moderne Haarspalterei. Der unbefangene Leser jedenfalls muss annehmen, der Schadensersatz statt der Leistung sei eine revolutionäre Neuheit, und ist doch nur alter Wein in neuen Schläuchen.
Der Käufer darf zwischen dem „großen“ und dem „kleinen“ Schadensersatz wählen: Entweder gibt er die mangelhafte Kaufsache zurück und liquidiert seinen gesamten Mangelschaden[163], oder er behält die mangelhafte Sache und verlangt Ersatz des Geldbetrags, um den der Mangel ihn ärmer macht, als er nach einer mangelfreien Erfüllung wäre.[164]
Der „große“ Schadensersatz löscht die beiderseitigen Pflichten zur Vertragserfüllung aus und ersetzt sie durch den Schadensersatzanspruch. Der Käufer ist finanziell so zu stellen, wie er stünde, wenn der Verkäufer mangelfrei erfüllt hätte[165]. Wer daran zweifelt, dass dadurch auch die Kaufpreisschuld des Käufers erlösche, muss dem Käufer raten, auch noch nach § 323, 325 vom Kaufvertrag zurückzutreten[166].
Auf diesem Weg macht der Käufer seinen Mangelschaden geltend, der sich aus den Kosten für Reparatur oder Ersatzbeschaffung, aus Minderwert und entgangenem Gewinn zusammensetzt[167]. Ein Mangelschaden ist auch der bezahlte Kaufpreis. Der Ersatz all dieser Schäden verdrängt den Anspruch des Käufers auf eine mangelfreie Kaufsache, ist aber nicht zweckgebunden[168].
Seine „vergeblichen Aufwendungen“ bekommt der Käufer nicht nach § 281, sondern nur nach § 284 ersetzt (RN 78), denn nach § 437 Nr. 3 muss er zwischen dem Schadensersatz statt der Leistung und dem Aufwendungsersatz wählen[169].
Sobald der Käufer Schadensersatz statt der Leistung fordert, erlischt nach § 281 IV sein Anspruch aus § 433 I auf eine mangelfreie Kaufsache[170] und hat er die mangelhafte Kaufsache nach § 281 V mit §§ 346-348 zurückzugeben.
4.3 Die Anspruchsvoraussetzungen
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Für den Schadensersatz statt der Leistung verweist § 437 Nr. 3 auf die §§ 440, 280, 281, 283, 311a. Echte Anspruchsgrundlagen sind aber nur § 280 I, III mit § 281 und § 311a II 1. Die §§ 440, 283 dagegen erleichtern den Anspruch aus § 281 I lediglich, indem sie von einer Fristsetzung absehen.
Der Schadensersatz aus § 280 I 1, III mit § 281 I 1 setzt voraus: einen Sachkauf, einen Sachmangel bei Gefahrübergang (RN 81 ff.), einen Schaden des Käufers durch den Mangel und den Ablauf einer angemessenen Frist, die der Käufer dem Verkäufer zur Nacherfüllung gesetzt hat, ganz wie beim Rücktritt nach § 323 I (RN 62)[171]. Keine Anspruchsvoraussetzung ist das Verschulden des Verkäufers, sondern wird nach § 280 I 2 vermutet, und der Verkäufer muss sich entlasten[172].
Die Frist zur Nacherfüllung ist ausnahmsweise entbehrlich[173]:
- | nach § 281 II, wenn der Verkäufer die Nacherfüllung ernsthaft und endgültig verweigert[174]; |
- | nach § 281 II, wenn besondere Umstände nach Abwägung der beiderseitigen Interessen ein sofortiges Schadensersatzbegehren rechtfertigen[175]; |
- | nach § 440 S. 1, wenn der Verkäufer beide Arten der Nacherfüllung gemäß § 439 IV zu Recht verweigert; |
- | nach § 440, wenn die geschuldete Art der Nacherfüllung fehlgeschlagen oder dem Käufer nicht zumutbar ist (S. 1), was nach dem zweiten vergeblichen Versuch regelmäßig angenommen wird (S. 2); |
- | nach § 283 S. 1 mit § 275, wenn der Verkäufer zur Nacherfüllung nicht verpflichtet ist. |
Wenn der Käufer den Mangel ohne Nachfrist selbst beseitigt und die Nachfrist auch nicht ausnahmsweise entbehrlich ist, verliert er nicht nur alle Mängelrechte, sondern kann seinen Beseitigungsaufwand auch nicht als Schadens- oder Aufwendungsersatz geltend machen, denn die §§ 434 ff. regeln die Mängelhaftung abschließend[176].
4.4 Der Schadensersatz statt der Leistung nach einer unvollständigen Verkäuferleistung
Nach einer unvollständigen Lieferung des Verkäufers darf der Käufer gemäß § 281 I 2. Schadensersatz statt der ganzen Lieferung nur dann verlangen, wenn er an der Teilleistung kein Interesse hat. Die bereits erhaltene Teilmenge ist dann nach § 281 V mit §§ 346-348 zurückzugeben. Hat der Käufer sein Interesse an der Teilleistung nicht verloren, behält er im Übrigen seinen Anspruch auf Nacherfüllung und liquidiert seinen Verzögerungsschaden nach § 280 I, II mit § 286.
Die Leistung des Verkäufers ist dann unvollständig, wenn er nur einen Teil der verkauften Stücke oder zu wenig Gattungsware liefert, denn auch der Mengenfehler ist nach § 434 III ein Sachmangel. Auf Qualitätsmängel