Mit der Lieferung einer mangelhaften Kaufsache verletzt der Verkäufer seine Vertragspflicht aus § 433 I 2, und der Nacherfüllungsanspruch ist die Rechtsfolge dieser Vertragsverletzung. Die Nacherfüllung soll die Kaufsache in den vereinbarten Zustand versetzen und die gerügten Mängel vollständig und dauerhaft beseitigen[82].
Die Absätze IV und V des § 439 berechtigen den Verkäufer dazu, die Nacherfüllung zu verweigern oder nach Lieferung einer mangelfreien Sache die Rückgabe der mangelhaften Sache zu verlangen.
2. Die Rechtsfolge des Anspruchs auf Nacherfüllung
2.1 Das Wahlrecht des Käufers
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§ 439 I gibt dem Käufer einen Anspruch auf Nacherfüllung und lässt ihm die freie Wahl zwischen Mängelbeseitigung und Lieferung einer mangelfreien Sache. Seine Wahl trifft der Käufer nach § 263 durch Erklärung gegenüber dem Verkäufer (I) mit der Folge, dass die gewählte Art der Nacherfüllung von Anfang an allein geschuldet ist (II)[83].
Die Freiheit der Wahl ist indes bei weitem nicht so groß, wie § 439 I vorgibt, denn Stück- und Gattungskauf, die das modernisierte Kaufrecht in einen Topf wirft, wollen dort partout nicht bleiben, sondern fordern eine unterschiedliche Behandlung. Mit seiner unausgegorenen Formulierung hat der Gesetzgeber ein überflüssiges Problem produziert, über dessen Lösung sich die Gelehrten seit Jahren den Kopf zerbrechen. Das ist der Preis einer Modernisierung, die das Recht weder vereinfacht noch verbessert, sondern die Fahne nach dem Wind hängt.
Zur Ersatzlieferung berechtigt und verpflichtet eigentlich nur der Gattungskauf. Der Autokauf liefert ein anschauliches Beispiel. So darf der Käufer eines mangelhaften Neuwagens, der nur nach Gattungsmerkmalen bestimmt ist, einen mangelfreien Ersatzwagen aus der vereinbarten Gattung verlangen[84]. Soll aber auch der Käufer eines mangelhaften Gebrauchtwagens dieses Recht haben und nach welchen Merkmalen soll der Ersatzwagen bestimmt werden, wo doch der Gebrauchtwagenkauf nach dem Parteiwillen ein einmaliger Stückkauf ist?
Der Käufer hat jedenfalls dann kein Recht auf einen Ersatzwagen, wenn er den Gebrauchtwagen vor dem Kauf besichtigt oder gar Probe gefahren hat[85]. Das aber ist der Normalfall. Wer will schon die Katze im Sack kaufen. Wenn sich dagegen ein Käufer über das Internet mit allgemeinen Angaben zu Marke, Typ, Kilometerstand und Motorleistung zufrieden gibt, ohne den Gebrauchtwagen auch nur gesehen zu haben, mag er sein Heil im Anspruch auf einen gleichwertigen Ersatzwagen suchen[86]. Nimmt man den BGH, der zu Recht ganz auf den Parteiwillen abstellt[87], beim Wort, darf man dem Verkäufer einer individuell bestimmten Sache auch in anderen Fällen nicht unbesehen die Lieferung einer Ersatzsache aufzwingen.
Und es gibt Sachmängel, die weder durch Reparatur noch durch Ersatzlieferung beseitigt werden können. Aus einem gebrauchten Unfallauto lässt sich beim besten Willen kein unfallfreies Auto machen[88], aus einem gefälschten Nolde kein echter, so dass dem Käufer nur Rücktritt, Minderung oder Schadensersatz bleiben (RN 58).
Den Erfüllungsort für die Nacherfüllung regelt § 269: Vereinbarung oder Natur des Schuldverhältnisses, hilfsweise Wohnsitz oder gewerbliche Niederlassung des Verkäufers bei Kaufabschluss, weil auch die Nacherfüllung eine Vertragserfüllung nach § 433 I 2 ist[89].
2.2 Der Anspruch des Käufers auf Mängelbeseitigung
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Der Käufer klagt auf Beseitigung eines bestimmten Sachmangels, den der Klageantrag so deutlich beschreibt, dass der Verkäufer ihn finden und beseitigen kann. Wie der Verkäufer dies bewerkstelligt, ist seine Sache, denn er schuldet nur den Erfolg, nicht auch eine bestimmte Art und Weise der Reparatur[90], den Erfolg gemäß § 439 II aber auf seine Kosten, zu denen vor allem Transport-, Arbeits- und Materialkosten gehören[91]. Der Käufer hat gegen den Verkäufer nach § 439 II nicht erst Anspruch auf Erstattung entstandener Auslagen sondern schon auf Vorschuss für künftige Auslagen[92].
Vollstreckungsrechtlich ist die Mängelbeseitigung in aller Regel eine vertretbare Handlung nach § 887 ZPO.
Was den Sachmangel nicht folgenlos beseitigen kann, ist keine Nacherfüllung nach § 439 I[93].
Schäden aus fehlerhafter oder gescheiterter Nachbesserung hat der Verkäufer nach § 280 I 1 zu ersetzen[94].
2.3 Der Anspruch des Käufers auf Lieferung einer mangelfreien Sache
Der Käufer klagt auf – gemäß § 439 II kostenlose[95] – Übergabe und Übereignung einer mangelfreien Sache, vorsichtshalber aber nur Zug um Zug gegen Rückgabe und Rückübereignung der mangelhaften Sache (§§ 439 V, 348). Der Klageantrag beschreibt exakt die nachzuliefernde, mangelfreie Sache.
Vollstreckt wird die Verurteilung nach §§ 883, 887 III ZPO (Übergabe) und § 894 ZPO (Übereignung). Die Vollstreckung einer Zug-um-Zug-Verurteilung ist mit Rücksicht auf die Gegenleistung nach §§ 726, 756, 894 I 2 ZPO beschränkt.
2.4 Der Anspruch des Käufers auf Ersatz seiner Aufwendungen
Hat der Käufer die mangelhafte Sache, so wie es ihrer Art und ihrem Verwendungszweck entspricht, in eine andere Sache eingebaut oder an einer anderen Sache angebracht, ist der Verkäufer nach § 439 III im Rahmen der Nacherfüllung verpflichtet, dem Käufer die erforderlichen Aufwendungen für das Entfernen der mangelhaften Sache und den Einbau oder das Anbringen der nachgebesserten oder gelieferten mangelfreien Sache zu ersetzen (S. 1)[96]. § 442 I ist derart anzuwenden, dass für die Kenntnis des Käufers an die Stelle des Vertragsschlusses der Einbau oder das Anbringen der mangelfreien Sache durch den Käufer tritt (S. 2).
2.5 Der Anspruch des Verkäufers auf Rückgewähr der mangelhaften Sache
Wenn der Verkäufer durch eine Ersatzlieferung mangelfrei nacherfüllt, hat er nach §§ 439 V, 346-348 Anspruch auf Rückgewähr der mangelhaften Sache und auf Ersatz der Nutzungen, die der Käufer während seiner Besitzzeit aus der mangelhaften Sache gezogen hat. Eine Ausnahme macht der Verbrauchsgüterkauf: Nach § 475 III 1 schuldet der Verbraucher keinen Nutzungsersatz[97].
2.6 Das Zahlungsverweigerungsrecht des Käufers
Was so deutlich nicht im Gesetz steht: Eine mangelhafte Sache muss der Käufer weder abnehmen noch bezahlen, sondern darf die Abnahme nach § 273 I und die Kaufpreiszahlung nach § 320 I 1 bis zur Beseitigung des Mangels verweigern[98] und kann dann mit dem Kaufpreis auch nicht in Verzug geraten[99]. Auch behält er seinen vertraglichen Erfüllungsanspruch aus § 433 I 2, solange er die mangelhafte Sache nicht annimmt, denn der Nacherfüllungsanspruch entsteht gemäß § 434 I 1 erst mit dem Gefahrübergang.
Auf eine Nacherfüllung muss sich der Käufer dann nicht einlassen, wenn der Verkäufer ihm den Mangel arglistig verschwiegen hat (zur Arglist RN 103 f.)[100].
3. Die Voraussetzungen des Nacherfüllungsanspruchs
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Nach §§ 437 Nr. 1, 439 I hat der Anspruch des Käufers auf Nacherfüllung drei Voraussetzungen: einen Sachkauf und einen Sachmangel der in § 434 beschriebenen Art bei Gefahrübergang. Nach § 446 geht die Gefahr entweder durch Übergabe der Kaufsache (S. 1) oder durch Annahmeverzug (S. 3) auf den Käufer über, beim Versendungskauf nach § 447 I