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- | Der Eigen- oder Vertragshändlervertrag, verbreitet im Autohandel, ist noch kein Kauf, sondern ein langfristiger Rahmenvertrag zwischen Hersteller und Händler für künftige Käufe. Er gliedert den Händler nach Art einer Agentur in das Vertriebsnetz des Herstellers ein und regelt die Rahmenbedingungen der Geschäftsbeziehung[29]. Ein Kauf kommt erst durch die einzelne Bestellung zustande[30]. |
- | Das „echte“ Factoring ist ein Forderungskauf nach § 453 (RN 1772)[31]. Auch wenn der Factor die Forderungen bevorschusst, ist das Factoring kein Darlehen, sondern immer noch ein Kauf, denn die Forderungsabtretung ist endgültig. Das „unechte“ Factoring dagegen ist ein reines Kreditgeschäft (RN 1773)[32]. Der Unternehmer tritt hier seine Außenstände nicht kaufeshalber und endgültig, sondern nur vorläufig und sicherungshalber an den Factor ab. Der Factor darf die Kundenforderungen zwar einziehen, aber nicht weiterveräußern, der Unternehmer den Gegenwert nicht behalten, sondern nur auf Zeit als Darlehen nutzen. |
- | Der Lizenzspielertransfer im bezahlten Fußball und anderswo heißt im Volksmund zwar „Spielerkauf“, ist aber ein Verpflichtungsvertrag eigener Art, durch den der neue Verein dem alten eine Ablösesumme für die Freigabe des Spielers verspricht[33]. |
- | Das Darlehen (§ 488) berechtigt zur Kapitalnutzung auf Zeit. Der Darlehensnehmer nutzt zwar das Kapital durch Verbrauch, muss es aber in Geld zurückzahlen. Das Sachdarlehen (§ 607) ist ein Zwitter zwischen Darlehen und Miete[34]. |
- | Miete (§ 535), Pacht (§ 581) und Leihe (§ 598) verschaffen kein Eigentum, sondern nur ein Recht zum Besitz auf Zeit. Der Mietkauf ist Miete, verbunden mit einer Kaufoption des Mieters[35]. Das Finanzierungsleasing ist Miete, freilich ohne mietrechtliche Gewährleistung; statt dessen tritt der Leasinggeber seine kaufrechtlichen Sachmängelrechte gegen den Lieferanten an den Leasingnehmer ab (RN 291). Der Lizenzvertrag ähnelt der Pacht und berechtigt zur entgeltlichen Nutzung eines fremden Urheber- oder gewerblichen Schutzrechts[36]. |
- | Der Werkvertrag (§ 631) verpflichtet zur entgeltlichen Herstellung eines Werks, nicht zur Übereignung einer Sache[37]. |
4. Der Kaufgegenstand
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Kaufen und verkaufen kann man nicht nur Sachen (§§ 433-446), sondern auch Rechte und sonstige Gegenstände (§ 453). Die Rechtsfolgen sind die Gleichen.
Sachen sind körperliche Gegenstände (§ 90), ob fest, flüssig oder gasförmig, ob beweglich (im Handelsverkehr: Waren)[38] oder unbeweglich (Grundstücke)[39]. Wie Grundstücke behandelt § 452 eingetragene Schiffe und Schiffsbauwerke.
Kaufen und verkaufen kann man Sachen jeder Art und in jedem Zustand, auch künftige bewegliche Sachen, die der Verkäufer erst noch erzeugen oder herstellen soll (§ 650)[40], sogar fremde Sachen, die der Verkäufer erst noch beschaffen soll.
Früher hat man auch elektrische Energie und Heizwärme als Sachen behandelt[41], jetzt fallen sie als „sonstige Gegenstände“ unter § 453. Strom-, Gas-, Wasser und Wärmelieferungsverträge sind Sukzessiv- oder Dauerlieferungsverträge[42] und begründen ein Dauerschuldverhältnis nach § 314 (RN 1180)[43]. Man kann sie auf Jahre unkündbar schließen, unabdingbar ist nur die fristlose Kündigung aus wichtigem Grund[44]. Die Liefermenge kann fest vereinbart sein oder sich nach Bedarf und Abruf des Abnehmers richten. Sukzessiv- und Dauerlieferungsverträge gibt es auch für andere Waren[45].
Beispiele
- | Der Verkäufer soll 400 t türkische Erdbeeren auf Abruf in Teilmengen liefern (BGH NJW 91, 2699). |
- | Der Verkäufer soll dem Käufer nach Bedarf und auf Abruf bis zu 40 000 m3 Frostschutzkies auf eine Straßenbaustelle liefern, der Käufer die einzelnen Lieferungen binnen 30 Tagen nach Rechnungsstellung bezahlen (BGH NJW 81, 679). |
Der Ratenlieferungsvertrag zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher unterliegt nach § 510 dem Verbraucherschutz (RN 1880).
Beim Streckengeschäft im Ölhandel wird die Ware erst dadurch bestimmt, dass der letzte Käufer in der Käuferkette seinem Verkäufer das Transportmittel (Tanker) benennt und dieser die Nominierung über seine Vormänner bis zum Erstverkäufer weitergibt. Problematisch ist hier die Übereignung[46].
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Kaufen kann man nach § 453 auch Rechte aller Art, vor allem Forderungen (RN 125). Ein Forderungskauf ist sowohl das „echte“ Factoring (RN 39) als auch der Wechseldiskont[47]. Käuflich sind ferner Erbbaurecht[48], Grundpfandrecht, Anwartschaftsrecht und Recht zum Besitz[49], Aktien[50] und gewerbliche Schutzrechte[51].
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Als „sonstige Gegenstände“ sind nach § 453 sogar gewerbliche Unternehmen[52] und freiberufliche Praxen[53] käuflich (RN 126). Ein Unternehmenskauf ist auch der entgeltliche Erwerb aller Anteile einer AG oder GmbH[54]. Der Erwerb einer Anteilsmehrheit hingegen ist Rechtskauf, solange die Mehrheit nicht groß genug ist, die Satzung zu ändern und die Gesellschaft zu beherrschen[55]. So oder so sind nach § 453 die Vorschriften über den Sachkauf entsprechend anwendbar (RN 124).