Schuldrecht nach Anspruchsgrundlagen. Kurt Schellhammer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Kurt Schellhammer
Издательство: Bookwire
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Год издания: 0
isbn: 9783811456495
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taucht in den §§ 607-609, unmittelbar hinter der Leihe, auch noch ein „Sachdarlehensvertrag“ auf, ein Zwitter zwischen Darlehen und Miete (RN 311).

2. Kapitel Die Ansprüche auf Erfüllung des Darlehensvertrags

      309

      Anspruchsgrundlage ist § 488 I 1. Der Darlehensvertrag gibt dem Darlehensnehmer einen Anspruch auf Auszahlung des versprochenen Geldbetrags. Das Darlehen des § 488 ist ein Gelddarlehen. Das Sachdarlehen über vertretbare Sachen steht jetzt aus unerfindlichen Gründen weitab in § 607.

      Der Anspruch auf Auszahlung des Darlehens ist unabtretbar und unpfändbar, weil das Kreditgeschäft persönliches Vertrauen erfordert. Umgekehrt darf der Darlehensgeber ohne besondere Absprache seine Verpflichtung zur Auszahlung nicht durch Aufrechnung mit Gegenansprüchen tilgen[11].

      Einzige Anspruchsvoraussetzung ist ein entgeltlicher oder unentgeltlicher Darlehensvertrag (RN 310, 312). Wer einen Baukredit haben will, muss außerdem das vereinbarte Eigenkapital nachweisen[12].

      2.1 Die Anspruchsgrundlage und ihre Rechtsfolge

      310

      Nach § 488 I 2 hat der Darlehensgeber Anspruch auf Zahlung der versprochenen Zinsen. Fällig sind Zinsen gemäß § 488 II nach Vereinbarung, hilfsweise nach Ablauf eines Jahres, für kurzfristige Darlehen erst mit der Rückzahlung. Anspruchsgrundlage ist ein entgeltlicher Darlehensvertrag (RN 312).

      Die Zinshöhe ist bis zur Grenze des § 138 frei vereinbar. Nichtig ist nach § 248 I in der Regel die Zinseszinsabrede. Unwirksam ist nach § 308 Nr. 4 das vorformulierte, undurchsichtige Zinsänderungsrecht der Bank[13].

      Die Zinsforderung ist eine Nebenforderung zur Kapitalforderung, mit der zusammen sie spätestens verjährt (§ 217). Ist die Zinsforderung aber einmal entstanden, kann man sie auch selbständig einklagen, abtreten und pfänden.

      2.2 Zinsen und andere Nebenleistungen

      Zinsen sind die regelmäßig wiederkehrende und laufzeitabhängige Vergütung für eine Kapitalnutzung, auch wenn sie als „Kreditgebühr“, „Provision“, „Teilzahlungszuschlag“, „Disagio“ oder „Damnum“ bezeichnet wird[14]. Nicht der Name zählt, den man der Vergütung aufklebt, sondern die vereinbarte Zweckbestimmung.

      Keine Zinsen sind die einmaligen und laufzeitunabhängigen Zahlungen des Darlehensnehmers, denn sie sollen nicht die Nutzung, sondern die Beschaffung des Kapitals vergüten oder den Aufwand des Darlehensgebers erstatten. Dazu gehören Bearbeitungs- und Verwaltungsgebühren, Vermittlungsprovisionen und sonstige Kreditnebenkosten (zu § 307: RN 2120 f.)[15].

      Keine Zinsen sind einmalige Abzüge vom verzinslichen Kapital wie Damnum und Disagio, wenn sie pauschal die Kreditbeschaffungskosten abdecken sollen[16]. Der Unterschied zwischen Zinsen und Disagio hat sich in der Praxis freilich stark verwischt. Sobald das Disagio ein Bestandteil der Zinskalkulation ist und bei Auszahlung des Darlehens sofort fällig wird, handelt es sich um verkappte Zinsen[17].

      Keine Darlehenszinsen sind die Bereitstellungszinsen; sie vergüten nicht erst die Nutzung, sondern schon die Bereitstellung des Kapitals[18]. Darlehenszinsen schuldet man erst ab Auszahlung des Darlehens[19].

      Auch Dividenden und Tantiemen sind keine Darlehenszinsen, denn sie vergüten nicht schon die Kapitalnutzung, sondern erst den gewinnbringenden Kapitaleinsatz[20].

      Die Vorfälligkeitsentschädigung (§ 490 II 3) soll den Darlehensgeber für die Nachteile entschädigen, die er erleidet, wenn der Darlehensnehmer das Darlehen ohne ein Sonderkündigungsrecht vorzeitig zurückzahlt (RN 317)[21].

3. Kapitel Der Anspruch des Darlehensgebers auf Rückzahlung des Darlehens

      311

      Nach § 488 I 2, III hat der Darlehensgeber einen Anspruch auf Rückzahlung des fälligen Darlehens. Er klagt auf Zahlung, beim Sachdarlehen nach § 607 I 2 auf Übereignung und Herausgabe einer bestimmten Menge vertretbarer Sachen gleicher Art und Güte[22].

      Der Rückzahlungsanspruch hat drei Voraussetzungen: einen Darlehensvertrag, den Empfang des Darlehens und die Fälligkeit der Rückzahlung.

      Die Beweislast trägt der Darlehensgeber als Anspruchsteller[23] auch dann, wenn der Anspruchsgegner behauptet, er habe das Geld geschenkt bekommen, denn damit erhebt er keine anspruchsfeindliche Einwendung, sondern bestreitet nur das anspruchsbegründende Darlehen[24].

      Der Darlehensnehmer darf sich allerdings nicht wundern, wenn ihn ein wildfremder Zessionar auf Rückzahlung des Darlehens in Anspruch nimmt, denn trotz Bankgeheimnis und Datenschutz sind Darlehensforderungen immer noch frei abtretbar[25].

      312

      Der Darlehensvertrag besteht aus dem vertraglichen Versprechen des Darlehensgebers, ein Darlehen zu gewähren, kann sich aber auch auf die Rechtsgrundabrede beschränken das ausbezahlte Kapital werde zur zeitweiligen Nutzung als Darlehen gewährt. Verspricht der Darlehensnehmer Zinsen, handelt es sich um einen gegenseitigen Vertrag nach § 320[26].

      Durch Vertrag können Gläubiger und Schuldner auch jede andere Geldschuld oder Verpflichtung zur Lieferung vertretbarer Sachen, wenn sie denn besteht, in ein Darlehen umwandeln[27]. Der Parteiwille bestimmt, ob die Umwandlung die alte Schuld nur ändern oder durch die Darlehensschuld völlig ersetzen soll (RN 1414 f.).

      Dadurch dass die Bank eine Kontoüberziehung ihres Kunden stillschweigend duldet, gewährt sie noch kein Darlehen[28]; anders § 505 zum Verbraucherdarlehen (RN 326). Auch der Lohn- oder Gehaltsvorschuss ist kein Darlehen, sondern eine Vorauszahlung auf Lohn oder Gehalt[29].

      Anders als der Girovertrag mit Kontokorrent begründet der Darlehensvertrag keine Auskunfts- und Rechenschaftspflicht nach §§ 675 I, 666, 259[30].

      Der Darlehensvertrag ist oft vorformuliert, Während die Zinsabrede als Abrede einer vertraglichen Hauptleistungspflicht nach § 307 III keiner Inhaltskontrolle unterliegt (RN 2120), sind vorformulierte Zinsänderungsklauseln und andere Preisnebenabreden an § 307 I, II zu messen (RN 2121). So ist die vorformulierte „Vergütung“ für den Vertragsabschluss und den Vertragsaufwand dem Verbraucher gegenüber nach § 307 I 1 unwirksam, da sie dem gesetzlichen Leitbild des Darlehens widerspricht[31].