Schuldrecht nach Anspruchsgrundlagen. Kurt Schellhammer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Kurt Schellhammer
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения:
Год издания: 0
isbn: 9783811456495
Скачать книгу
Verkauf[421], nicht ein anderes Geschäft[422], und nur der Verkauf an einen Dritten[423].

      Vorkaufsfall kann nach dem Rechtsgedanken der §§ 162, 242 aber auch ein anderes Geschäft sein, das nur dazu dient, das Vorkaufsrecht zu vereiteln[424].

      Beispiele

- Unbefristetes, unwiderrufliches Kaufangebot mit Auflassungsvormerkung, Nießbrauch, Grundschuld und Veräußerungsvollmacht (BGH 115, 335);
- Erbvertrag mit Vermächtnis, Verfügungsverbot unter Lebenden, bedingter Übereignung und Auflassungsvormerkung (BGH NJW 98, 2136).

      Das sind zwar einfallsreiche Vertragsgestaltungen, aber nicht raffiniert genug, den ernstlich gewollten Verkauf samt böser Absicht vollständig zu verschleiern (BGH 115, 335; NJW 98, 2136).

      Damit der Vorkaufsberechtigte sein Vorkaufsrecht ausüben kann, soll der Verkäufer ihm nach § 469 I den Inhalt des Drittkaufs mitteilen; die Mitteilung durch den Dritten tut es auch.

      4.5 Die Ausübung des Vorkaufsrechts

      Das Vorkaufsrecht übt man nach Eintritt des Vorkaufsfalles gemäß §§ 464 I 1, 130 I 1 durch Erklärung gegenüber dem Verkäufer aus[425].

      Die Vorkaufserklärung ist nach § 464 I 2 stets formfrei, aber bedingungsfeindlich und unwiderruflich. Unwirksam ist sie nicht nur nach §§ 466 S. 2, 471, sondern nach § 469 II auch dann, wenn sie zu spät kommt[426] oder nach § 242 gegen Treu und Glauben verstößt.

      Beispiele

      Der Berechtigte hat versprochen, das Vorkaufsrecht nicht auszuüben (BGH 37, 151), ist offenbar zahlungsunfähig, verweigert von Anfang an beharrlich die Kaufpreiszahlung (BGH LM § 505 Nr. 3; MDR 62, 974) oder kündigt an, er werde die Höhe des Kaufpreises gerichtlich überprüfen lassen (BGH MDR 66, 134).

      Unwirksam ist die Vorkaufserklärung auch dann, wenn der Drittkauf zuvor aufgehoben worden ist[427]. Ist das Vorkaufsrecht aber einmal wirksam ausgeübt worden, kann eine spätere Aufhebung des Drittkaufs den Vorkauf nicht mehr zerstören[428].

      Die Ausübung des gesetzlichen Vorkaufsrechts der Gemeinde erfordert im Einzelfall ein öffentliches Interesse am Vorkauf[429].

      4.6 Der Kaufvertrag mit dem Inhalt des Drittkaufs

      146

      Der Kaufvertrag zwischen dem Vorkaufsberechtigten und dem Verkäufer hat, wenn dort nichts anderes steht, den gleichen Inhalt wie der Kaufvertrag zwischen dem Verkäufer und dem Dritten. Die beiden Kaufverträge sind aber rechtlich selbständig. Der Vorkaufsberechtigte tritt nicht an Stelle des Dritten in dessen Kaufvertrag ein, sondern hat seinen eigenen Kaufvertrag, freilich zu den Bedingungen des Drittkaufs[430]. Der Vorkaufsberechtigte und der Dritte sind keine Vertragsgegner, sondern nur Konkurrenten. Welchen der beiden Kaufverträge er erfülle, ist das Problem des Verkäufers. Vorsichtshalber hat er sich den Rücktritt vom Drittkauf vorbehalten oder eine andere Hintertüre offengehalten. Derartige Klauseln sind nach § 465 nur dem Vorkaufsberechtigten gegenüber unwirksam, dem Dritten gegenüber sind sie wirksam, weil nötig. Hat der Verkäufer es versäumt, das Erfüllungsrisiko auf den Dritten abzuwälzen, ist er demjenigen der beiden Käufer, der leer ausgeht, nach § 280 zum Schadensersatz verpflichtet.

      Der Vorkaufsberechtigte hat in der Regel nur die Wahl zwischen einem Kauf zu den Bedingungen des Drittkaufs und einem Kaufverzicht[431]. Er muss aber nicht alles schlucken. Ihm gegenüber unwirksam sind Abreden im Drittkauf, die mit dem Kauf sachlich nicht zusammenhängen, sondern ersichtlich nur dazu dienen, ihn vom Kauf abzuschrecken[432].

      Problematisch ist die Abrede im Drittkauf, der Dritte solle die Maklerprovision übernehmen. Ist das noch eine kaufrechtliche Klausel oder schon ein Fremdkörper im Kaufvertrag? Man muss unterscheiden: Soll der Dritte die Verkäuferprovision übernehmen, handelt es sich wirtschaftlich um eine Erhöhung des Kaufpreises, die der Vorkaufsberechtigte übernehmen muss[433]. Betrifft die Provisionsklausel hingegen die Käuferprovision, dient sie nur Maklerinteressen und ist ein Fremdkörper im Kaufvertrag, der den Vorkaufsberechtigten nichts angeht[434].

      Nach § 465 sind dem Vorkaufsberechtigten gegenüber diejenigen Abreden unwirksam, die den Drittkauf von der Nichtausübung des Vorkaufsrechts abhängig machen oder dem Verkäufer für den Fall der Ausübung des Vorkaufsrechts den Rücktritt vorbehalten. Derartige Klauseln machen weder den Vorkaufsfall ungeschehen, noch werden sie Bestandteil des Vorkaufs[435], sondern gelten nur gegenüber dem Dritten. Versuche des Verkäufers, das Vorkaufsrecht auf unlautere Art und Weise zu vereiteln, sind rechtlich zum Scheitern verurteilt. Die Beweislast bleibt dem Vorkaufsberechtigten freilich nicht erspart[436].

      Beispiel

      Um den Vorkauf über § 139 zu Fall zu bringen, vereinbart der Verkäufer mit einem vollmachtlosen Vertreter des Vorkaufsberechtigten einen Verzicht auf das Vorkaufsrecht ohne Aussicht darauf, dass der Vorkaufsberechtigte ihn genehmige (BGH 110, 230).

      5.1 Das gesetzliche System

      147

      Der Handelskauf nach §§ 373 ff. HGB ist ein Handelsgeschäft. Handelsgeschäfte sind nach § 343 HGB alle Geschäfte eines Kaufmanns in seinem Handelsgewerbe. Wer Kaufmann sei, sagen die §§ 1-6 HGB[437]. Ist also jeder Kauf eines Kaufmanns auch ein Handelskauf? Bei weitem nicht.

      Ein Handelskauf ist nur der Waren- und Wertpapierkauf[438], weder der Grundstücks noch der Rechts- und auch nicht der Unternehmenskauf. Waren sind handelsrechtlich nur bewegliche Sachen, nach § 381 II HGB auch solche, die erst noch herzustellen oder zu erzeugen sind[439].

      § 345 HGB unterscheidet das einseitige vom beiderseitigen Handelsgeschäft danach, ob nur auf einer Seite oder auf beiden Seiten ein Kaufmann steht. Während die §§ 373-376 HGB über Annahmeverzug, Spezifikations- und Fixkauf schon dann gelten, wenn auch nur ein Vertragspartner Kaufmann ist, entsteht die Untersuchungs- und Rügelast des Käufers nach § 377 HGB erst, wenn der Kauf für beide Vertragspartner ein Handelsgeschäft ist.

      Die §§ 373-381 HGB beantworten nur Teilfragen des Handelskaufs, im Übrigen gelten die §§ 433 ff. BGB. Farbe bekommt der Handelskauf durch die Handelsbräuche (§ 346 HGB) und die typischen Vertragsklauseln über Lieferort und Lieferzeit, Zahlungsweise und Kostentragung. Auch darf der Kaufmann seinen entgangenen Gewinn stets abstrakt nach seiner Gewinnspanne berechnen (RN 1280).

      5.2 Die Untersuchungs- und Rügelast des Käufers

      148

      § 377 HGB regelt für den beiderseitigen Handelskauf nicht die ganze Sachmängelhaftung des Verkäufers, sondern nur einen kleinen Ausschnitt: den Rechtsverlust des Käufers durch Versäumung der rechtzeitigen Mängelrüge[440]. Alles andere richtet sich nach §§ 434 ff. BGB.

      § 377 HGB verpflichtet nicht zur Mängelanzeige, sondern begründet nur eine Obliegenheit oder Last: Der Käufer schadet nur sich selbst, wenn er Mängel der Ware nicht rechtzeitig rügt[441].

      § 377 HGB ist keine Anspruchsgrundlage, sondern eine Gegennorm: Die gelieferte Ware gilt trotz ihrer Mängel als genehmigt, wenn der Käufer sie nicht rechtzeitig beanstandet, und diese gesetzliche Fiktion nimmt dem Käufer die Mängelrechte. Es ist dies die rechtliche Konstruktion einer Ausschlussfrist (RN 25).