3. Die Voraussetzungen des Schenkungsversprechens
3.1 Die vertragliche Einigung über die Unentgeltlichkeit der Zuwendung
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Schenkweise versprochen ist eine Zuwendung nach § 516 I nur, wenn beide Vertragspartner darüber einig sind, dass sie unentgeltlich sein soll[14]. § 518 I 1 verlangt dafür einen formbedürftigen Verpflichtungsvertrag[15]. Beim Vertrag zugunsten Dritter (§ 328) ist das Zuwendungsverhältnis eine Schenkung, wenn der Versprechensempfänger und der anspruchsberechtigte Dritte sich über die Unentgeltlichkeit der Zuwendung einig sind (RN 1459)[16].
3.2 Die unentgeltliche Zuwendung
Unentgeltlich ist alles, was rechtlich nicht zu vergüten ist, mögen auch Moral und Anstand eine Vergütung verlangen[17]. Kostenlos muss die Leistung nicht sein[18].
Beispiele
- | Belohnende Schenkung: Die Zuwendung soll eine frühere Leistung des anderen nicht vergüten sondern belohnen (BGH NJW 82, 436; 84, 797); |
- | Pflicht und Anstandsschenkung: Zuwendung aus moralischer oder Anstandspflicht (§ 534) im Unterschied zur Zuwendung, die etwas rechtlich vergüten soll (BGH WM 70, 755); |
- | Zuwendung eines Kommanditanteils durch Aufnahme in eine KG ohne Einlageverpflichtung (BGH 112, 40); |
- | Anlage eines Sparkontos zugunsten eines anderen (§ 328) oder Einzahlung auf ein fremdes Konto (BGH 46, 198; NJW 65, 1913); |
- | Versorgungsversprechen des Arbeitgebers gegenüber der Witwe des Arbeitnehmers, die (noch) nicht selbst versorgungsberechtigt ist (BAG NJW 59, 1746; DB 66, 76); |
- | Die Übernahme dinglicher Lasten auf dem zugewendeten Grundstück ist weder unentgeltlich noch eine Gegenleistung, sondern mindert nur den Wert des Geschenks (BGH 107, 156: Übergabevertrag). |
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Entgeltlich ist die Leistung aber nicht erst im gegenseitigen Vertrag (§ 320), sondern schon dann, wenn sie für eine noch nicht geschuldete künftige Handlung des Empfängers versprochen wird[19].
Beispiele
- | Der Maklervertrag verpflichtet einseitig nur den Auftraggeber, dennoch ist die Provision nach § 652 das Entgelt für die erfolgreiche künftige Maklertätigkeit. |
- | Die Ehefrau übernimmt die Schulden des Ehemannes, der ihr dafür eine Baugenehmigung besorgen soll (BGH NJW 82, 436). |
- | Entgeltlich ist das Versprechen des Vereinsvorstands, dem Verein Kosten zu ersetzen, die ein fehlerhafter Trainervertrag verursacht hat (BGH NJW 2008, 1589). |
- | Entgeltlich ist die Zuwendung des Sponsors an den Sportverein für den Fall, dass der Verein deutscher Meister werde (BGH NJW 2009, 2737; dazu Grunewald ZGS 2010, 164). |
- | Die Aufnahme in eine OHG ohne Einlage ist schon deshalb keine Schenkung, weil der neue Gesellschafter persönlich haftet, am Verlust teilnimmt und seine volle Arbeitskraft einsetzen soll (BGH 112, 44; NJW 59, 1433), anders die Aufnahme als Kommanditist in eine KG (BGH 112, 40). |
- | Zuwendungen unter Ehegatten haben ihren Rechtsgrund oft in der ehelichen Lebensgemeinschaft (§ 1353) und sind dann keine Schenkungen, sondern „ehebedingte“ Zuwendungen (BGH 115, 132; 116, 178; NJW 92, 238; 95, 1889; 2006, 2330; 2014, 2638: gilt auch für die nichteheliche Lebenspartnerschaft). Die ehebedingte Zuwendung ist freilich eine Erfindung der Familiensenate des BGH und wird außerhalb des Familienrechts nicht anerkannt (BGH 116, 167: Erbrecht; BFH NJW 94, 887: Steuerrecht). Keine ehebedingte Zuwendung, sondern eine Schenkung ist das, was Eltern um der Ehe ihres Kindes wegen dem Schwiegerkind zuwenden (BGH NJW 2010, 2202; 2010, 2884; 2015, 690; 2015, 1014: auch zur Rückabwicklung nach § 313, wenn die Ehe des Kindes scheitert). Eine Schenkung ist auch die unentgeltliche Zuwendung an den geschiedenen Ehegatten (OLG München NJW 2013, 946). |
3.3 Die gemischte Schenkung
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Eine Zuwendung kann teils entgeltlich, teil unentgeltlich sein. Um eine gemischte Schenkung handelt es sich aber nur, wenn beide Vertragspartner darüber einig sind, dass ein Teil der Zuwendung unentgeltlich sei[20]. Es kommt nicht darauf an, ob Leistung und Gegenleistung objektiv gleichwertig sind, sondern wie die Vertragspartner sie übereinstimmend bewerten[21]. Die Vertragsfreiheit endet erst beim Verstoß gegen die guten Sitten (§ 138)[22] und am zwingenden Pflichtteilsrecht (§ 2325)[23].
Sobald aber die Leistung weit wertvoller ist als die Gegenleistung, wird zugunsten Dritter nach der Lebenserfahrung dem ersten Anschein nach vermutet, die Vertragspartner hätten sich über die Unentgeltlichkeit des Mehrwertes geeinigt[24].
Wer sich auf diese tatsächliche Vermutung beruft, muss freilich das grobe Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung beweisen[25]. Erst wenn dies feststeht, muss der Gegner die tatsächliche Vermutung erschüttern.
Beispiel
Die Eltern übereignen ihr Hausgrundstück im Wert von 300 000,– € durch Vorwegnahme der Erbfolge für 100 000,– € ihrem Kind.
Das Geschäft wird jedoch entgeltlich, wenn die Eltern sich den Nießbrauch vorbehalten und das Kind sie in alten und kranken Tagen versorgen sowie die Geschwister auszahlen soll (BGH NJW 95, 1349; ähnlich NJW 2012, 605).
3.4 Die fiktive Annahme des Geschenks
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Ohne Schenkungsabrede oder eine andere causa ist die Zuwendung eine rechtsgrundlose Bereicherung (§ 812). Der Zuwendende kann den Empfänger jedoch auffordern, binnen angemessener Frist sich über die Annahme der Schenkung zu erklären (§ 516 II 1). Mit Ablauf der Frist gilt die Schenkung als angenommen (§ 516 II 2). Diese Fiktion ist eine Ausnahme von der Regel der §§ 147-149, 151 und ein Beispiel für das Schweigen an Erklärungs Statt (RN 2016). Die rechtzeitige Ablehnung des Geschenks verpflichtet den Empfänger nach § 516 II 3, die empfangene Zuwendung als rechtsgrundlose Bereicherung herauszugeben.
4. Die Form des Schenkungsversprechens
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Nach § 518 I 1 mit § 128 muss das Schenkungsversprechen notariell