Sachenrecht nach Anspruchsgrundlagen. Kurt Schellhammer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Kurt Schellhammer
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения:
Год издания: 0
isbn: 9783811487345
Скачать книгу
id="ucfa00f61-4f40-4d93-90ab-13c4cb932212">

      114

      Ein Anwartschaftsrecht auf Eigentum erwirbt unter bestimmten Voraussetzungen der Auflassungsempfänger. Die Auflassung allein, obwohl nach §§ 925 I, 873 II in aller Regel bindend, sichert den Eigentumserwerb noch nicht, denn sie hindert den Veräußerer nicht daran, noch einmal über das Grundstück zu verfügen und es einem anderen zu übereignen. Dies ändert sich erst, wenn der Erwerber selbst seine Eintragung im Grundbuch beantragt hat oder für ihn eine Auflassungsvormerkung im Grundbuch eingetragen ist, denn jetzt kann der Veräußerer den Eigentumswechsel einseitig nicht mehr verhindern (RN 283 ff.).

      115

      Ein Anwartschaftsrecht auf Eigentum begründet stets die Lieferung einer Ware unter Eigentumsvorbehalt. Es ist dies eine Übereignung nach § 929 S. 1, die nach § 158 I unter der aufschiebenden Bedingung steht, dass der Käufer den Kaufpreis vollständig bezahle. Da der Eigentumserwerb nur noch von der Kaufpreiszahlung abhängt, kann der Verkäufer ihn einseitig nicht mehr verhindern (RN 1226 ff.).

       [Bild vergrößern]

      So unterschiedlich die rechtliche Konstruktion der beiden Anwartschaftsrechte auch ist, haben sie doch einen gemeinsamen Nenner: Der dingliche Erwerb ist schon so weit gediehen, dass der Veräußerer ihn allein nicht mehr verhindern kann.

      116

      Treuhandeigentum entsteht dadurch, dass der Treugeber dem Treuhänder eine Sache übereignet, damit der Treuhänder mit ihr einen bestimmten Zweck verfolge[52].

      Während die Verwaltungstreuhand Interessen des Treugebers verfolgt[53], soll die Sicherungstreuhand in Gestalt der Sicherungsübereignung das Sicherheitsinteresse des Treuhänders befriedigen[54].

      Die Treuhand ist indes keine sachenrechtliche, sondern eine schuldrechtliche Errungenschaft. Dinglich erwirbt der Treuhänder wie jeder andere Erwerber unbeschränktes Eigentum mit voller Verfügungsmacht, die sich nach § 137 S. 1 durch Rechtsgeschäft dinglich nicht beschränken lässt[55]. Schuldrechtlich hingegen darf er nur in bestimmter Weise oder gar nicht über das Treugut verfügen, denn es ist ihm nicht endgültig zur freien Verfügung übertragen, sondern nur auf Zeit und zu treuen Händen anvertraut.

      Die Treuhand ist Vollrechtsübertragung mit schuldrechtlicher Beschränkung[56]. Der Treuhänder darf schuldrechtlich weniger, als er dinglich kann[57]. Dinglich ist auch die vertragswidrige Verfügung wirksam, denn der Treuhänder verfügt als Berechtigter[58], schuldrechtlich hingegen verletzt sie den Treuhandvertrag und verpflichtet nach § 280 I 1 zum Schadensersatz.

      Dies alles gilt auch für die Sicherungsübereignung (RN 1264 f.).

3. Teil Der Herausgabeanspruch des Eigentümers 1. Kapitel Das gesetzliche System 1. Eigentum contra Besitz

      117

      Wer von beiden hat Recht, wenn der Eigentümer mit dem Besitzer um den Besitz an einer Sache streitet? Die §§ 985, 986 beantworten die Frage klar und einleuchtend: Es gewinnt der Eigentümer, wenn der Besitzer kein Recht zum Besitz hat, und es gewinnt der Besitzer, wenn er dem Eigentümer gegenüber zum Besitz berechtigt ist.

      Keinesfalls darf der Eigentümer die Sache dem Besitzer kurzer Hand wegnehmen, auch dann nicht, wenn der Besitzer kein Recht zum Besitz hat, denn dies wäre verbotene Eigenmacht nach § 858. Selbsthilfe ist auch hier nur als letztes Mittel unter den strengen Voraussetzungen der §§ 229, 859 erlaubt. Stattdessen muss der Eigentümer im Streitfall sein Glück im Prozess suchen, den Besitzer nach § 985 auf Herausgabe verklagen und das Herausgabeurteil nach §§ 883 ff. ZPO vollstrecken.

      118

      Auch im Herausgabestreit hängt der Prozesserfolg wesentlich von der Beweislast ab: Wer muss was beweisen? Anspruchsgrundlage ist § 985. Sie hat zwei Voraussetzungen: Eigentum des Anspruchstellers und Besitz des Anspruchsgegners; beides muss der Anspruchsteller beweisen. Ob der Besitzer ein Recht zum Besitz habe, ist sein Problem, denn das Recht zum Besitz begründet nach § 986 eine anspruchshindernde Einwendung, die der Besitzer als Anspruchsgegner beweisen muss.

       § 985 ist als Anspruchsgrundlage die gesetzliche Regel, § 986 als anspruchshindernde Gegennorm die gesetzliche Ausnahme.

      So gesehen hat der Eigentümer rechtlich eine starke Position. Das Eigentum ist das absolute dingliche Recht schlechthin, die umfassende rechtliche Herrschaft über eine Sache. Nach § 903 S. 1 kann der Eigentümer mit seiner Sache machen, was er will, und andere von jeder Einwirkung auf die Sache ausschließen. Dies gilt zwar nur, „soweit nicht das Gesetz oder Rechte Dritter entgegenstehen“. Aber schon die negative Formulierung verrät, dass dies Ausnahmen sind von der gesetzlichen Regel.

      Nun kann der Eigentümer zwar Teilbefugnisse von seinem Eigentum abspalten und dinglich oder schuldrechtlich einem anderen überlassen. Auf diese Art und Weise entstehen Gebrauchs-, Nutzungs- und Verwertungsrechte, die das Eigentum beschränken und ihm vorgehen. Aber wer dergleichen geltendmacht, muss den Erwerb beweisen.

      119

      

      Wenn aber zwei Personen über das Eigentum an einer beweglichen Sache streiten, sitzt der unmittelbare Besitzer rechtlich am längeren Hebel, denn er hat die gesetzliche Vermutung des § 1006 I 1 für sich, dass er mit dem Eigenbesitz nach § 872, der auch vermutet wird, zugleich Eigentum erworben habe. Sein Gegner, der aus § 985 klagt, muss diese Vermutungen widerlegen und das Gegenteil beweisen. Dieser Beweis kann ihm schwer zu schaffen machen (RN 1174 ff.). Die Eigentumsvermutung des § 1006 I 1 hilft dem unmittelbaren Besitzer freilich nicht, wenn er schon nach dem unstreitigen Sachverhalt nur Fremdbesitzer ist oder aus einem anderen Grund kein Eigentum erworben haben kann[1].

      120

      Wer von einem anderen die Herausgabe einer Sache verlangt, ist nicht auf § 985 angewiesen, sondern hat vielleicht noch eine andere Anspruchsgrundlage:

- § 861 nach verbotener Eigenmacht;
- § 1007 aus besserem

e-mail: [email protected]