36
Das Unbedenklichkeitsverfahren ist auch dann noch sinnvoll, wenn die Klage in der Hauptsache bereits entscheidungsreif sein sollte, da die Hauptsacheentscheidung noch angefochten werden könnte und dies zu einer Verzögerung führen würde.
a) Art
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Das Unbedenklichkeitsverfahren gem § 16 Abs 3 ist als summarisches Eilverfahren ausgestaltet, das dem im Hauptsacheverfahren (Klage gegen die Wirksamkeit des Verschmelzungsbeschlusses) beklagten Rechtsträger die Möglichkeit bietet, das Prozessgericht zu einer vorläufigen Prüfung der Sach- und Rechtslage zu veranlassen.
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Es ist an das Verfahren gem §§ 935, 940 ZPO angelehnt. Merkmale wie das Erfordernis der Glaubhaftmachung sowie der verschuldensunabhängige Schadensersatzanspruch belegen die Nähe zum einstweiligen Rechtsschutzverfahren (Stratz in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, § 16 Rn 47; Sosnitza NZG 1999, 965, 966). Da selbst bei Vorliegen eines Anfechtungsgrunds gem § 16 Abs 3 Nr 3 ein Freigabebeschluss ergeht, sofern der Anfechtungsgrund nicht in einem wesentlichen Rechtsverstoß besteht, geht das Freigabeverfahren sogar über die Möglichkeiten des einstweiligen Rechtsschutzes hinaus (vgl Verse NZG 2009, 1127, 1130).
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Für das Verfahren gelten – soweit durch § 16 Abs 3 nicht anders geregelt – die Grundsätze der ZPO. Es handelt sich um ein Verfahren der ordentlichen Gerichtsbarkeit, § 13 GVG.
b) Verfahrensablauf
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IdR entscheidet das OLG nach mündlicher Verhandlung. Gem § 16 Abs 3 S 4 kann in dringenden Fällen der Unbedenklichkeitsbeschluss auch ohne mündliche Verhandlung ergehen. Dem Antragsgegner muss aber in jedem Fall rechtliches Gehör gewährt werden. Soll dies nicht in einer mündlichen Verhandlung geschehen, muss das Gericht eine Frist setzen, innerhalb der sich der Antragsgegner schriftlich äußern kann. Diese Frist sollte mindestens zwei Wochen betragen (Decher in Lutter, § 16 Rn 84).
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Das Gericht entscheidet gem § 16 Abs 3 S 1 durch Beschl, der kurz zu begründen ist. Gem § 16 Abs 3 S 5 soll das im Freigabeverfahren angerufene Gericht innerhalb von drei Monaten über den Antrag entscheiden, Verzögerungen sind zu begründen. Der Beschl gem § 16 Abs 3 S 1 kann nicht unter Auflagen ergehen. Er ist gem §§ 91 ff ZPO mit einer Kostenentscheidung zu versehen. Zugestellt wird der Beschl von Amts wegen gem § 329 Abs 3 ZPO. Gem § 16 Abs 3 S 9 ist der Beschl unanfechtbar.
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Gem Nr 1641 KV GKG löst das Unbedenklichkeitsverfahrens eine 1,5-Gebühr aus. Für die Höhe des Streitwerts ist nach § 16 Abs 3 S 2 die Regelung gem § 247 AktG maßgeblich.
a) Zuständig
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Zuständig für den Unbedenklichkeitsbeschluss ist ein Senat des OLG, in dessen Bezirk die Gesellschaft ihren Sitz hat, § 16 Abs 3 S 7.
b) Statthaftigkeit
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Die Klage in der Hauptsache (gegen die Wirksamkeit des Verschmelzungsbeschlusses) muss erhoben sein, dh sie muss bei Gericht eingegangen und dem betroffenen Rechtsträger zugestellt sein (§ 253 Abs 1 ZPO). Wird der Antrag vor Zustellung aber nach Einreichung der Klage gestellt, ist aus Gründen der Verfahrensbeschleunigung der Antrag mit der Zustellung der Klage als zulässig zu erachten (Decher in Lutter, § 16 Rn 38; Fronhöfer in Widmann/Mayer, § 16 Rn 126). Mit der Einfügung des § 16 Abs 3 S 2 ist § 82 ZPO entsprechend anzuwenden. Ist in der Hauptsache eine rechtskräftige Entscheidung ergangen, ist der Antrag gem § 16 Abs 3 nicht mehr zulässig (Marsch-Barner in Kallmeyer, § 16 Rn 37).
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Die erhobene Klage muss sich gegen die Wirksamkeit eines Verschmelzungsbeschlusses richten. Sonstige Klagen, wie bspw Auskunftsklagen (§ 132 AktG), können nicht Grundlage des Unbedenklichkeitsverfahrens sein. Eine Ausnahme besteht bei Klagen gegen die zur Durchführung der Verschmelzung beschlossene Kapitalerhöhung. In diesen Fällen ist ein Antrag auf Durchführung des Unbedenklichkeitsverfahrens gem § 16 Abs 3 statthaft. Vom Wortlaut des § 16 Abs 3 ist diese Konstellation zwar nicht umfasst. Die Eintragung der Verschmelzung ist jedoch abhängig von der Eintragung der Kapitalerhöhung. Zweck des § 16 Abs 3 ist es, die Interessen der klagenden Anteilsinhaber, die eine auf einem Mangel beruhende Verschmelzung verhindern wollen, und die Interessen der verschmelzungswilligen Rechtsträger an einem raschen Verfahrensvollzug zu einem Ausgleich zu bringen. Diese Zielsetzung gilt auch für Verschmelzungsvorgänge, für deren Umsetzung zunächst eine Kapitalerhöhung notwendig ist. Dieses Ziel kann nur erreicht werden, wenn das Unbedenklichkeitsverfahren auch bei Klagen gegen die Wirksamkeit von Kapitalerhöhungsbeschlüssen Anwendung findet.
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Um eine einheitliche Zuständigkeit in diesen Fragen zu gewährleisten, findet die Zuständigkeitsregelung gem § 16 Abs 3 auch dann Anwendung, wenn ausschließlich eine Klage gegen den Kapitalerhöhungsbeschluss erhoben wurde. Nur so kann ein unerwünschter Wechsel der Zuständigkeit bei einer möglichen späteren Klageerhebung gegen den Verschmelzungsbeschluss vermieden werden (Fronhöfer in Widmann/Mayer, § 16 Rn 105; aA Marsch-Barner in Kallmeyer, § 16 Rn 38, 55).
c) Antrag
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Antragsbefugt ist allein der Rechtsträger, gegen dessen Verschmelzungsbeschluss sich die Klage richtet. Die übrigen an der Verschmelzung beteiligten Rechtsträger haben kein Antragsrecht. Der Antrag hat inhaltlich den allgemeinen Voraussetzungen gem § 253 Abs 2 ZPO zu entsprechen.
d) Glaubhaftmachung
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§ 16 Abs 3 S 6 lässt die Glaubhaftmachung (§ 294 Abs 1 ZPO) der vorgebrachten Tatsachen, auf deren Grundlage der Unbedenklichkeitsbeschluss ergehen soll, genügen. Er trägt damit dem Bedürfnis nach einer Beschleunigung des Verfahrens Rechnung und belegt die Nähe zum einstweiligen Rechtsschutzverfahren. Der Antragsteller kann dazu eine