Umwandlungsgesetz. Oliver Schmidt. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Oliver Schmidt
Издательство: Bookwire
Серия: Heidelberger Kommentar
Жанр произведения:
Год издания: 0
isbn: 9783811456150
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kann (Pöllath/Philipp DB 2005, 1505). Nach Abs 1 ist der „durch die Verschmelzung“ erlittene Schaden zu ersetzen. Dies setzt voraus, dass die Verschmelzung wirksam, dh in das Handelsregister des Sitzes des übernehmenden Rechtsträgers eingetragen wurde (§ 20 Abs 1 Nr 1).

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      Der viel zu weit gefasste Wortlaut des Abs 1 S 1 erweckt den Eindruck, dass es auf eine Pflichtverletzung des Organmitglieds nicht ankäme. Dies ist, wie sich Abs 1 S 2 entnehmen lässt, jedoch nicht der Fall. Gem Abs 1 S 2 sind Organmitglieder von der Ersatzpflicht befreit, die bei der Prüfung der Vermögenslage der Rechtsträger und beim Abschluss des Verschmelzungsvertrags ihre Sorgfaltspflicht beachtet haben. Zu Recht wird Abs 1 S 1 restriktiv ausgelegt und eine die Ersatzpflicht auslösende Sorgfaltspflichtverletzung der Organmitglieder auf Verstöße bei der Prüfung der Vermögenslage der beteiligten Rechtsträger oder bei Abschluss des Verschmelzungsvertrags beschränkt (Grunewald in Lutter, § 25 Rn 9; Kübler in Semler/Stengel, § 25 Rn 8; Marsch-Barner in Kallmeyer, § 25 Rn 6; vgl auch Kiem ZGR 2007, 542, 547. Einige Entscheidungen konkretisierten die hierbei von den Organmitgliedern zu beachtenden Pflichten (OLG Stuttgart 14.10.2010 – 20 W 16/06 – Umtauschverhältnis DaimlerChrysler; BAG NZA 2009, 790, 794 – Ausgliederung von Versorgungsverbindlichkeiten auf Rentnergesellschaft).

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      Zu den im Rahmen der Prüfung der Vermögenslage der beteiligten Rechtsträger zu beachtenden Sorgfaltspflichten zählt insbes die sorgfältige Auswahl der Verschmelzungsprüfer (Kübler in Semler/Stengel, § 25 Rn 9; Grunewald in Lutter, § 25 Rn 10). Zur Prüfung der Vermögenslage des übernehmenden und der übrigen an der Verschmelzung beteiligten Rechtsträger wird im Vorfeld der Verschmelzung regelmäßig eine Due Diligence-Prüfung durchzuführen sein (Schnorbus ZHR 167 (2003), 666, 684; Pöllath/Philipp DB 2005, 1505; Grunewald in Lutter, § 25 Rn 10; Henssler/Strohn/Müller UmwG § 25 Rn 9; Marsch-Barner in Kallmeyer, § 25 Rn 6; Kiem ZGR 2007, 542, 547. Die Pflicht zur Prüfung der Vermögenslage zielt insbes auf die Pflicht der Organe des übertragenden Rechtsträgers den übertragenden Rechtsträger, seine Anteilsinhaber und Gläubiger vor Schäden durch die Verschmelzung zu bewahren. Die Einschätzung der wirtschaftlichen Chancen und Risiken der Verschmelzung setzt in aller Regel fundierte Kenntnisse von der rechtlichen und wirtschaftlichen Situation der übrigen an der Verschmelzung beteiligten Rechtsträger voraus. Der Umfang der Prüfung der Rechts- und Vermögenslage ist einzelfallabhängig. Bei der Beurteilung wirtschaftlicher Aspekte einer Fusion, zB auch hins der Frage der Angemessenheit eines Umtauschverhältnisses, besteht für die Organmitglieder ein weiter Beurteilungsspielraum (OLG Stuttgart 14.10.2010 – 20 W 16/06 – Umtauschverhältnis DaimlerChrysler; vgl dazu auch die Anm von der Linden GWR 2010, 553), auch bei der Festlegung der Bewertungsmethode. Eine nachträgliche gerichtliche Überprüfung der Angemessenheit setzt idR voraus, dass das Vertretungsorgan gegen die Sorgfalten eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters verstoßen hat (OLG Stuttgart aaO) – sog „Business Judgement Rule“. Ähnlich entschied auch das BAG hins der Dotierung einer „Rentnergesellschaft“, auf die Versorgungsverbindlichkeiten ausgegliedert werden sollten (BAG NZA 2009, 790). Auch hier wurde festgehalten, dass ein Beurteilungsspielraum der Organmitglieder bei der Prüfung der Angemessenheit der Dotierung der „Rentnergesellschaft“ bestünde – zugleich wurden jedoch Leitlinien für die umwandlungsrechtliche Prüfung aufgestellt (BAG NZA 2009, 790, 794 ff) und das Bestehen individueller arbeitsvertraglicher Schutzpflichten bestätigt (BAG aaO).

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      Beim Abschluss des Verschmelzungsvertrags haben die Organmitglieder insbes für die Angemessenheit des Umtauschverhältnisses sowie für die Einhaltung der rechtlichen Bestimmungen über den Verschmelzungsvertrag einzustehen. Vor der Fassung des Verschmelzungsbeschlusses (§ 13 Abs 1) sind die Anteilsinhaber über den Inhalt des Verschmelzungsvertrags ordnungsgemäß zu unterrichten (Kübler in Semler/Stengel, § 25 Rn 10; Marsch-Barner in Kallmeyer, § 25 Rn 6; Grunewald in Lutter, § 25 Rn 11). Zu Recht wird darauf hingewiesen, dass den Organmitgliedern bei der Einschätzung der wirtschaftlichen Aspekte der Verschmelzung ein weiter Beurteilungsspielraum zusteht und dass gem Abs 1 insbes keine Haftung für das Ausbleiben des wirtschaftlichen Erfolgs der Verschmelzung besteht (Vossius in Widmann/Mayer, § 25 Rn 21; Marsch-Barner in Kallmeyer, § 25 Rn 6). Mit Wirksamwerden der Verschmelzung endet die Existenz des übertragenden Rechtsträgers. Teilweise wird daher vorgeschlagen, dass die Organmitglieder des übertragenden Rechtsträgers dafür sorgen sollen, dass die Absicherung der geschäftspolitischen Interessen des übertragenden Rechtsträgers durch eine Regelung im Verschmelzungsvertrag erfolgen soll (Blasche/Söntgerath BB 2009, 1432). Sollte dies unterbleiben oder sollten sich die Organmitglieder des übertragenden Rechtsträgers mit einem solchen Ansinnen nicht durchsetzen können, so begründet dies regelmäßig keine Haftung gem Abs 1, da die Geschäftspolitik als Teil der wirtschaftlichen Interessen anzusehen ist und den Organmitgliedern insofern eine große Einschätzungsprärogative zukommt. Zudem tangiert eine veränderte Geschäftspolitik nach der Verschmelzung idR keine vermögensrechtlichen Interessen, die von Abs 1 geschützt sind.

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      Der jedem einzelnen Anspruchsinhaber (Rn 19 ff) entstandene Verschmelzungsschaden ist in Geld zu ersetzen (§ 251 Abs 1 BGB), da das UmwR eine Naturalrestitution (iSv § 249 Abs 1 BGB) im Sinne einer „Entschmelzung“ nach einhelliger Auffassung nicht zulässt (§ 20 Abs 2; vgl Kübler in Semler/Stengel, § 25 Rn 17; Grunewald in Lutter, § 25 Rn 17; Vossius in Widmann/Mayer, § 25 Rn 20; Schnorbus ZHR 167 (2003) 666, 691). Kein ersatzfähiger Schaden ist daher die Verschmelzung als solche. § 25 setzt jedoch voraus, dass die Verschmelzung wirksam, dh im Register des übernehmenden Rechtsträgers eingetragen wurde, da dann mit dem Erlöschen des übertragenen Rechtsträgers (§ 20 Abs 1 Nr 1) eine bes Schutzwürdigkeit der Anteilsinhaber und Gläubiger des untergehenden Rechtsträgers gegeben ist. Umstr ist hingegen die Bestimmung des Verschmelzungsschadens. Ersatzfähig ist nur der Schaden, der auf der im Zusammenhang mit der Verschmelzung begangenen Pflichtverletzung beruht (Kausalität, vgl Rn 14). Dieser ist nach zutreffender Auffassung durch einen Vergleich zwischen der Vermögenslage des Anspruchsinhabers bei Hinzu- oder Hinwegdenken der schädigenden Pflichtverletzung zu bestimmen (Kübler in Semler/Stengel, § 25 Rn 17; Grunewald in Lutter, § 25 Rn 17; ungenau Schmitt/Hörtnagl/Stratz § 25 Rn