V. Buchwertfortführung
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Nach § 24 kann der übernehmende Rechtsträger als Anschaffungskosten die Buchwerte lt Schlussbilanz des übertragenden Rechtsträgers ansetzen. Für die Buchwertfortführung muss das entspr Wahlrecht ausgeübt werden; andernfalls gelten die allg Grundsätze für die Ermittlung der Anschaffungskosten.
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Die Buchwerte lt Schlussbilanz des übertragenden Rechtsträgers gelten bei Ausübung des Wahlrechts als Anschaffungskosten des übernehmenden Rechtsträgers. Es liegt also keine bloße Buchwertfortführung vor. Vielmehr sind die Buchwerte des übertragenden Rechtsträgers die Anschaffungskosten des übernehmenden Rechtsträgers (Hörtnagl in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, § 24 Rn 63). Dies hat bspw Bedeutung bei Wertaufholungen (Priester in Lutter, § 24 Rn 66; Lanfermann in Kallmeyer, § 24 Rn 44). Obergrenze für eine vom übernehmenden Rechtsträger vorzunehmende Wertaufholung sind dessen Anschaffungskosten und damit die Buchwerte des übertragenden Rechtsträgers. Ob die tatsächlichen Anschaffungskosten des übertragenden Rechtsträgers über diesen Buchwerten liegen und der übertragende Rechtsträger deshalb eine höhere Wertaufholung hätte vornehmen müssen, ist unbeachtlich.
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Die erstmalige Bilanzierung beim übernehmenden Rechtsträger erfolgt in dessen Jahresbilanz, deren Stichtag auf den Verschmelzungsstichtag folgt (Moszka in Semler/Stengel, § 24 Rn 55). Die Buchwerte lt Schlussbilanz können deshalb wegen des zeitlichen Zwischenraums zwischen Schlussbilanzstichtag und Bilanzstichtag beim übernehmenden Rechtsträger nicht identisch sein. Vielmehr sind die Buchwerte lt Schlussbilanz nach allg Grundsätzen auf den Bilanzstichtag des übernehmenden Rechtsträgers fortzuentwickeln (Lanfermann in Kallmeyer, § 24 Rn 43).
1. Ansatz bei Buchwertfortführung
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Wählt der übernehmende Rechtsträger die Buchwertverknüpfung mit der Schlussbilanz des übertragenden Rechtsträgers, ist er an die bilanziellen Ansätze des übertragenden Rechtsträgers gebunden (Lanfermann in Kallmeyer, § 24 Rn 13, 44; Priester in Lutter, § 24 Rn 38; Moszka in Semler/Stengel, § 24 Rn 20). Dies gilt auch dann, wenn die Ansätze beim übernehmenden Rechtsträger aufgrund dessen Rechtsform eigentlich nicht zulässig wären. Aufgrund der Buchwertverknüpfung wird jedoch schlicht der beim übertragenden Rechtsträger bestehende Rechts- und Bilanzierungszustand fortgesetzt.
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Daraus folgt eine Bindung an ausgeübte Ansatz- und Bewertungswahlrechte. Aktivierte Geschäfts- oder Firmenwerte nach § 246 Abs 1 S 4 GHB sind weiterhin anzusetzen. Ein Ansatz der geringwertigen Wirtschaftsgüter erfolgt aufgrund der Buchwertfortführung nicht. Selbstgeschaffene immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens dürfen nach § 248 Abs 2 HGB weitergeführt werden, sofern sie bereits der übertragende Rechtsträger angesetzt hat (Hörtnagl in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, § 24 Rn 67). Der Ansatz der Pensionsrückstellungen bleibt unverändert; eine etwaige Nichtpassivierung ist beizubehalten (Priester in Lutter, § 24 Rn 39). Gebildete Rückstellungen sind fortzuführen, soweit nicht der Grund für ihren Ansatz entfallen ist. Aktive und passive Steuerabgrenzungsposten sind fortzuführen, soweit nach den Verhältnissen des übernehmenden Rechtsträgers die Voraussetzungen hierfür in der Zukunft auch noch beim übernehmenden Rechtsträger vorliegen (Hörtnagl in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, § 24 Rn 69). Die angesetzten Verbindlichkeiten sind zu übernehmen. Nicht ausgeübte Wahlrechte aus der Umstellung durch das BilMoG sind fortzuführen. Vermögenswerte, die aufgrund der Verschmelzung durch Konfusion erlöschen, dürfen jedoch auch bei Buchwertfortführung nicht angesetzt werden. Dies gilt für wechselseitige Forderungen und Verbindlichkeiten zwischen den beteiligten Rechtsträgern sowie für eigene Anteile des übertragenden Rechtsträgers, da diese durch Konfusion erlöschen.
2. Bewertung bei Buchwertfortführung
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Bei Buchwertfortführung hat der übernehmende Rechtsträger die übergehenden Aktiven und Passiven mit den Buchwerten des übertragenden Rechtsträgers lt dessen Schlussbilanz zu bewerten und anzusetzen (Hörtnagl in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, § 24 Rn 71). Die Buchwerte des übertragenden Rechtsträgers sind die Anschaffungskosten des übernehmenden Rechtsträgers (zur Fortrechnung der Buchwerte lt Schlussbilanz des übertragenden Rechtsträgers auf den Bilanzstichtag des übernehmenden Rechtsträgers vgl oben Rn 62). Der übernehmende Rechtsträger ist damit an die Bilanzierung in der Schlussbilanz des übertragenden Rechtsträgers gebunden (Priester in Lutter, § 24 Rn 65). Dies gilt selbst dann, wenn Wertansätze des übertragenden Rechtsträgers aufgrund Rechtsform beim übernehmenden Rechtsträger nicht zulässig wären (vgl oben Rn 63; Priester in Lutter, § 24 Rn 65; Hörtnagl in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, § 24 Rn 71; krit zum Konzept der Buchwertfortführung Scherrer FS Claussen, S 743).
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Wegen der Buchwertfortführung können Anschaffungsnebenkosten nicht als Anschaffungskosten aktiviert werden (Lanfermann in Kallmeyer, § 24 Rn 16). Sie stellen deshalb für den übernehmenden Rechtsträger Aufwand dar.
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Die Bindung an die Buchwerte der Schlussbilanz gilt für den ersten Jahresabschluss nach dem Verschmelzungsstichtag, in dem die Aktiven und Passiven des übertragenden Rechtsträgers erstmalig beim übernehmenden Rechtsträger angesetzt werden. Für künftige Jahresabschlüsse ist der übernehmende Rechtsträger nicht an die Bewertungsmethoden des übertragenden Rechtsträgers gebunden.
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Übersteigt der Nennwert der zur Durchführung der Verschmelzung vom übernehmenden Rechtsträger ausgegebenen neuen Anteile bzw – bei Beteiligung des übernehmenden Rechtsträgers am übertragenden Rechtsträger – der Buchwert der Beteiligung das Reinvermögen des übertragenden Rechtsträgers, liegt ein Verschmelzungsverlust vor. Der Verschmelzungsverlust ist für den übernehmenden Rechtsträger in dem Geschäftsjahr, in dem die Verschmelzung wirksam wird, Aufwand. Er vermindert deshalb das Jahresergebnis (Priester in Lutter, § 24 Rn 70). Eine Neutralisierung des Verschmelzungsverlusts durch Aktivierung eines Geschäftswerts ist nicht zulässig (Widmann in Widmann/Mayer, § 24 Rn 331 f; Hörtnagl in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, § 24 Rn 76; zur Aktivierung negativer Verschmelzungsdifferenzen Veit DB 1993, 1681).
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Übersteigt hingegen das übergehende Reinvermögen den Nennwert der vom übernehmenden Rechtsträger ausgegebenen Anteile bzw den Buchwert der untergehenden Beteiligung, entsteht ein Verschmelzungsgewinn. Erfolgt die Durchführung der Verschmelzung durch Hingabe neuer Anteile (geschaffen über eine Kapitalerhöhung oder durch Gründung bei Verschmelzung durch Neugründung) oder werden vorhandene eigene Anteile als Gegenleistung gewährt, ist der Verschmelzungsgewinn bei einer KapGes in die Kapitalrücklage nach § 272 Abs 2 Nr 1 HGB einzustellen (Priester in Lutter, § 24 Rn 71; Moszka in Semler/Stengel, § 24 Rn 62; Hörtnagl in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, § 24 Rn 77: § 272 Abs 2 Nr 1 HGB bei Kapitalerhöhung, § 272 Abs 2 Nr 4 HGB bei eigenen Anteilen; Schmitt/Hülsmann BB 2000, 1563). Bei Personenhandelsgesellschaften erfolgt die Verbuchung bei Kapitalerhöhung (eigene Anteile kann die Personenhandelsgesellschaft nicht halten) entweder auf den Kapitalkonten der Gesellschafter, sofern diese variabel sind, oder auf einem gesamthänderisch