I. Methodik
1. Einführung
Der Herstellerbegriff ist ein normativer Rechtsbegriff, durch den beschrieben wird, welcher Wirtschaftsteilnehmer ein geeigneter Adressat für Marktüberwachungsmaßnahmen nach dem ProdSG ist. Um sich der Konkretisierung und Präzisierung eines normativen Rechtsbegriffs anzunähern, stehen verschiedene juristische Methoden zur Verfügung, die im Wesentlichen aus der Auslegung nach Savigny110, der Rechtsfortbildung und der unionsrechts- oder richtlinienkonformen Auslegung bestehen. Zwischen diesen verschiedenen Methoden besteht nach herrschender Meinung kein klares Rangverhältnis.111 Für eine umfassende Präzisierung des Herstellerbegriffs müssen die jeweiligen Methoden allerdings auf den normativen Rechtsbegriff anwendbar und in ihrer Zielrichtung zur Präzisierung geeignet sein. Im Folgenden wird daher untersucht, ob und in welchem Rahmen die aufgeführten Methoden zur Auslegung des Herstellerbegriffs anwendbar sind.
2. Auslegungsmethoden nach Savigny
Zur originären Auslegung von Rechtsbegriffen hat sich eine Reihe von Theorien entwickelt, die, der gestrafften Darstellung geschuldet, vorliegend nicht alle vorgestellt werden. Vielmehr beschränken sich die folgenden Ausführungen auf die derzeit allgemein anerkannten Auslegungsmethoden von Friedrich Carl von Savigny (1779–1861).112 Er unterscheidet vier klassische Auslegungsmethoden: die Auslegung nach Wortlaut, Systematik, Entstehungsgeschichte sowie Sinn und Zweck.113 Ihre Anwendung ergibt sich daraus, dass die Auslegung eines Rechtsbegriffs nicht grenzenlos sein kann. Vielmehr bedarf es einer anerkannten Methodik, welche die Bindung an Recht und Gesetz gemäß Art. 20 Abs. 3 GG und Art. 3 Abs. 1 GG berücksichtigt. Ob und in welchem Rahmen der Herstellerbegriff mit den Auslegungsmethoden nach Savigny präzisiert werden kann, ist auch im Wege einer Abgrenzung zur Rechtsfortbildung zu ermitteln, welche die Grenze zu einer noch rechtmäßigen Auslegung darstellt.
3. Abgrenzung zur Rechtsfortbildung
a) Allgemeines
Die dargestellten Auslegungsmethoden nach Savigny lassen sich für die Auslegung des Herstellerbegriffs nur innerhalb des Wortlauts der Norm anwenden; dies ist im Hinblick auf Art. 20 Abs. 3 GG ein verfassungsrechtliches Gebot.114 Falls über diesen Rahmen bewusst hinausgegangen wird, indem der Wortlaut aktiv angepasst wird, um ihn der Wertung der Norm anzupassen, wird die Auslegung einer Norm verlassen, und der Rechtsanwender begibt sich auf das Terrain der Rechtsfortbildung.115 Folglich handelt es sich nicht um die Suche nach der Wertung der Norm, sondern die Norm soll überhaupt erst verwirklicht werden, was vor allem Aufgabe der obersten Gerichte ist.116 Damit dient die Rechtsfortbildung dazu, Lücken in der Rechtsordnung zu füllen.117 Eine derartige Lücke liegt vor, wenn der Regelungsbedarf nicht vom bestehenden Gesetzesrecht abgedeckt ist.118 Eine ausfüllungsbedürftige Gesetzeslücke besteht dann, wenn ein Rechtsproblem im Gesetz nicht oder nicht so geregelt ist. Jedoch liegt beim Herstellerbegriff im Sinne des Produktsicherheitsrechts keine Gesetzeslücke vor. Der Regelungsadressat soll im öffentlichen Recht aufgrund einer effektiven Gefahrenabwehr möglichst ohne jeden Zweifel ermittelbar sein, sodass der Gesetzgeber an dieser Stelle besonders engmaschige und konkrete Regeln setzen will. Vielmehr ist vorliegend nur eine Klarstellung erforderlich, welcher Wirtschaftsteilnehmer als „Hersteller“ im Sinne des ProdSG im