Pfad des Feuers. Alexander Mosca Spatz. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Alexander Mosca Spatz
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783844260304
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schlief Luciana nicht mehr ein …

      III

      Plötzlich hielt die Kutsche an.

      Erleichtert atmete Luciana aus und schloss kurz ihre Augen, griff nach der Klinke an der Tür, als diese bereits aufgerissen wurde. Der Diener verneigte sich übertrieben und reichte ihr eine Hand, um ihr hinunter zu helfen; demonstrativ stieg Luciana alleine hinab und ließ die Hand des Dieners unberührt in der Luft hängen.

      „Das kann ich alleine, danke“, lachte sie leise und ignorierte die unzähligen kalten Stiche der Regentropfen auf ihrer Haut.

      Die Taverne ragte groß vor ihr auf, weit abstehend von den anderen Gebäuden der Oberstadt. Licht brannte in den zahllosen Fenstern.

      Jeder kannte die Taverne als den Wohnort einiger Paladine und den Treffpunkt der Agenten des Ordens, um Informationen auszutauschen. Die Taverne selbst war nur für sehr reiche Adelige und Mitglieder des Ordens zugänglich, alle anderen mussten draußen bleiben und hinter vorgehaltener Hand munkeln, was dort drinnen wohl vor sich ging.

      Und ich darf heute dort hinein … der erste Gardist, der jemals die Taverne zur silbernen Klinge betritt. Sollte ich mich jetzt geehrt fühlen?

      Sie trat unsicher auf die Taverne zu und blickte sich suchend um.

      Soll ich jetzt einfach eintreten? Ich glaube kaum, dass sie mich erklären lassen würden, wer ich bin und wieso ich hier bin. Eher sperren sie mich ein oder werfen mich aus der Garnison.

      Plötzlich bemerkte sie den unscheinbaren jungen Mann neben der Tür der Taverne und als er ihr zulächelte und sie zu sich winkte, trat sie auf ihn zu.

      „Willkommen, Luciana …“, grüßte der junge Mann sie und deutete eine neckische Verbeugung an.

      „Mein Name ist Sirian und ich bin der Adept von General Aaron. Mein Herr wartet bereits auf uns.“

      Lucianas Augenbrauen wanderten in die Höhe und sie erwiderte den Gruß des Adepten leise.

      Sie wusste nicht, was sie von alldem hier halten sollte, also beschloss sie, einfach still zu sein und zu warten, bis ihr jemand erklärte, was sie hier eigentlich sollte.

      Der Adept namens Sirian blinzelte ihr aus seinen hellen grünen Augen zu, strich sich die nassen Strähnen braunen Haars aus dem Gesicht und öffnete die Tür zur Taverne, trat ein; Luciana folgte ihm zögerlich.

      Beinahe augenblicklich fiel die steife Kälte von ihr ab, wich aus ihren Gliedern und machte einer behaglichen Wärme Platz, die sich rasch in ihrem ganzen Körper ausbreitete.

      Musikanten spielten auf einem kleinen Podest, ein Akrobat schlug Salti und begeisterte mit waghalsigen Sprüngen durch das Publikum, darunter Paladine, die ausgelassen lachten. Sie prosteten den Musikern zu, während diese ihre Stücke zum Besten gaben. Es gab keine Theke, keinen Wirt; die Paladine holten sich ihre Getränke alle selbst. Das erste Mal sah Luciana Paladine des Ordens ohne eine Schar von Dienern um sie herum und sie runzelte die Stirn, als sie zwischen den Bank – und Sitzreihen hindurchschritt.

      Sie spürte misstrauische Blicke auf ihr ruhen und sah zu Boden, versuchte die neugierigen Stiche zu ignorieren, die sich in ihren Rücken bohrten.

      Staunend legte sie ihren Kopf in den Nacken und blickte hinauf; über ihr erblickte sie etliche weitere Etagen, den jeweiligen Rängen im Orden zugeordnet. Ganz unten saßen die gewöhnlichen Paladine und Adepten. In der zweiten Loge erkannte sie Hauptmann Darion mit allen anderen Hauptmännern des Ordens. Als er sie sah, warf er ihr ein breites Grinsen zu.

      Über den Hauptmännern kamen die Kommandanten und ganz oben lag die Loge der Generäle.

      Die Marschälle des Ordens, die höchste Instanz des Ordens direkt unter Lord Marschall Ragnir und dem Letzten Herrscher persönlich, waren nicht vertreten.

      Wahrscheinlich halten sie sich für zu edel, um an solch niederen Festen teilzunehmen, dachte Luciana verächtlich und folgte Sirian schweigend, als dieser die Wendeltreppe betrat, die sie nach oben führen würde.

      „General Aaron wartet ganz oben auf uns“, erklärte Sirian eifrig und deutete auf die einzelnen Logen.

      „Er ist wohl mit Abstand der einflussreichste und intelligenteste Mann hier, so sagt man. Es ist eine besondere Ehre, ihn persönlich treffen zu dürfen … und erst recht, sein Adept sein zu können.“

      „Aha“, erwiderte Luciana uninteressiert und verkniff sich ein leichtes Seufzen.

      Was dieser Aaron wohl alles in seinem Leben geleistet hat? Hat er schon einmal im Kampf gegen gemeine Verbrecher um sein Leben fürchten müssen? Wohl kaum! Wahrscheinlich hat er sich von seinem Vater einkaufen lassen und seinen Rang genauso missbraucht wie die meisten anderen Wichtigtuer des Ordens. Wer von denen lässt sich schon dazu herab, etwas wirklich Großes zu tun? Wie dem Volk zu helfen zum Beispiel? In den einzelnen Schichten der Bevölkerung ist die Ansicht darüber, was groß und wichtig ist, wohl äußerst verschieden …

      „Wie bist du zur Stadtgarnison gekommen?“, riss Sirian sie aus ihren Gedanken, während sie die Loge der Kommandanten passierten. Luciana brauchte einen Augenblick, um zu realisieren, dass er mit ihr gesprochen hatte.

      „Es ist eine wirklich … komplizierte Geschichte, Sirian. Es fing alles damit an, dass meine Eltern ermordet wurden“, würgte sie das Thema ab und die Kälte in Lucianas Stimme ließ ihn augenblicklich verstummen. Sie hatte keine Lust, sich vom Orden einspannen zu lassen und sie würde alles unterbinden, was zu sehr in ihr Leben eingriff – soweit ihr das möglich war.

      Auf der Loge der Generäle angekommen, hielt Luciana kurz überrascht inne; sie war weitestgehend leer. Nur in der hintersten Ecke der Loge, weit vom Balkon entfernt – von dem aus sie hinab schauen konnte – stand ein einzelner Tisch, auf den Sirian direkt zuhielt.

      An dem Tisch saß ein Mann, den Luciana im herrschenden Dämmerlicht kaum auszumachen vermochte. Als sie näher trat, hatte Sirian sich schon auf einen anderen Stuhl gesetzt und ihr einen anderen heran gezogen.

      „Vivat Valazar …“, grüßte sie leise und verneigte sich steif.

      Der Mann erwiderte lange nichts, schaute sie einfach nur aus dunklen Augen an, dann entzündete er auf dem Tisch eine Kerze und das flackernde Licht der kleinen Flamme fiel auf seine Züge.

      Feine Fältchen zogen sich sein Gesicht entlang, gezeichnet vom Alter und zu vielen schlechten Erfahrungen. Durch das Schwarz seiner Haare zogen sich einzelne graue Strähnen; jedoch lag in seinen Augen eine steinerne Entschlossenheit, die Luciana bisher noch nie bei einem Mann gesehen hatte und als seine Lippen sich zu einem feinen Lächeln verzogen, fuhr ihr ein Schauer über den Rücken; es fühlte sich an, als könnte er direkt durch sie hindurch schauen.

      „Wir wissen, dass du das nicht wirklich so gemeint hast, wie du es sagtest …“, sagte er endlich und beim Klang seiner ruhigen, tiefen Stimme, schluckte Luciana schwer.

      Er winkte ab.

      „Aber meinetwegen. Vivat Valazar. Mein Name ist Aaron, wie du sicher schon erfahren hast und ich bin ein General dieses Edelbordells hier.“

      Aaron machte eine ausschweifende Handbewegung in Richtung des Balkons, von dem die Musik der Musikanten und das Gelächter der Paladine hinauf drang.

      Beinahe hätte Luciana laut aufgelacht, aber im letzten Moment beherrschte sie sich; ein amüsiertes Lächeln konnte sie sich aber nicht verkneifen.

      Edelbordell? Vielleicht ist er ja doch nicht so übel, wie sein Rang vermuten lässt …

      Langsam setzte sie sich auf den ihr dargebotenen Stuhl und neigte erneut leicht den Kopf.

      „Es ist mir eine Ehre, General Aaron. Ich bin Luciana, Kommandantin der Stadtgarnison, drittes Bataillon, Abteilung Unterstadt“, stellte sie sich vor … obwohl sie nicht den geringsten Zweifel daran hegte, dass dieser Aaron bereits genau über sie Bescheid wusste.

      „In der Tat …“, stimmte Aaron leise zu und legte entspannt die