Leben ist kälter als der Tod. Callum M. Conan. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Callum M. Conan
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783741835629
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      -„Es geht lediglich um ein Investment. Eine kurze Beratung zu einer Angelegenheit, die wir kürzlich besprachen.“

      Der Aufzug hielt und die Spanierin führte ihn über einen langen Flur zu einer kleinen Sitzecke mit tiefen Ledersesseln und einem Snack-, sowie einem Kaffeeautomaten.

      -„So, machen Sie es sich bequem, ich werde Ihnen dann mitteilen, wenn Sr. Nogales erscheint. Allerdings hat er sich seit drei Tagen nicht mehr bei uns gemeldet, aber über die Weihnachtsfeiertage ist das vermutlich nichts Ungewöhnliches. Ich möchte nur nicht, dass Sie vergeblich warten.“

      -„Nein, ist schon okay.“

      Die Frau lächelte und verschwand in einem der Büros. Fox sah sich auf dem Gang um. Weit und breit niemand zu sehen, nur das Surren der Elektronik und ab und zu Stimmen oder Tastengeklapper aus den Büros. Neben der Tür, die direkt an die Sitzecke angrenzte, war ein Schild mit der Aufschrift A. Nogales – Gestor del Fondo angebracht worden. Wenn er jetzt noch irgendwie unbemerkt in das Büro kam, hatte sein Plan funktioniert.

      Noch einmal blickte er sich um, dann nahm er einen Dietrich aus der Tasche, den er vor einiger Zeit von der Abteilung Gamma erhalten hatte. Man konnte nie sicher sein, dass ein Werkzeug zu dem Schloss passte, das man öffnen wollte, aber diese Weiterentwicklung erhöhte zumindest die Wahrscheinlichkeit. Fox kniete sich vor die Tür und begann, sich an dem Schloss zu schaffen zu machen. Ein erstes Klicken stimmte ihn optimistisch. Vielleicht noch ein paar Drehungen…

      Ein Widerstand machte den Optimismus schnell zunichte. Er drehte und zog, doch offenbar konnte der Dietrich nicht weiterhelfen. Fox befahl sich ruhig zu bleiben. Mit einem Ohr hörte er, wie in einiger Entfernung eine Bürotür geöffnet wurde. Sofort wurden seine Bewegungen hektischer. Er durfte sich hier nicht erwischen lassen. Seine Hand begann zu zittern, aber das Schloss wollte sich nicht öffnen lassen. Schritte kamen näher. Fox schätzte, dass er schon bald bemerkt werden würde. Noch einmal drehte er das Werkzeug.

       KLACK.

      Der Widerstand hatte sich gelöst. Fox drückte die Klinke hinunter und öffnete die Tür. Mit einem Satz sprang er in das Büro und schloss die Tür hinter sich. Er wartete einen Moment, bis die Schritte auf dem Flur wieder verklangen, dann sah er sich in dem Raum um. Schon auf den ersten Blick wurde deutlich, was die Mitarbeiterin der Bank bereits erwähnt hatte: Der Besitzer dieses Büros hielt sich die meiste Zeit an einem anderen Ort auf. Abgesehen von einer verwelkten Blume in einer kleinen Vase war das Büro makellos sauber und aufgeräumt. Ein Schreibtisch, davor zwei Stühle, ein Computer, ein Eckschrank – das war alles. Fox zog an einer der Schranktüren – verschlossen. In den Schreibtischschubladen befanden sich lediglich einige Schreibutensilien. Sein Blick fiel auf ein modernes Fax-Gerät, das er bislang nicht bemerkt hatte. Ein Blatt Papier lag auf der Auslage. Offenbar hatte Sr. Nogales seine letzte Nachricht nicht empfangen. Fox nahm das Blatt aus dem Gerät und begann zu lesen. Der Absender war ein gewisser Jack Nolte von Union Import Export Ltd., einer amerikanischen Handelsgesellschaft. Er überflog die Nachricht und stellte fest, dass er nichts Interessantes aus den Zeilen entnehmen konnte. Lediglich die Tatsache, dass dieser Nolte auf eine Zweigstelle in Mexico-City hinwies, ließ ihn stutzig werden. Aber in einer globalisierten Welt war es natürlich nicht ungewöhnlich, dass ein internationales Unternehmen und eine Bank in derselben ausländischen Metropole vertreten waren. Vermutlich nur eine einfache Geschäftsbeziehung. Er drehte und wendete das Blatt. Da fiel ihm plötzlich die Fußzeile ins Auge. Er hatte das Kleingedruckte für die üblichen Kontaktdaten gehalten, aber wie es schien, handelte es sich vielmehr um ein Post Scriptum. Fox musste sich anstrengen, die kleinen Buchstaben zu entziffern, aber letztendlich gelang es ihm.

       Bin über die Feiertage in Madrid. Sollten uns treffen. Jack

      Wenn er die Zeile richtig interpretierte, sagte das eine ganze Menge aus. Die Verbindung zwischen dem Amerikaner und Àlex Nogales bestand in einer Zusammenarbeit zwischen den Fonds-Geschäften des Spaniers und der Anstellung des Amerikaners bei einer internationalen Handelsgesellschaft. Beide hatten eine Vertretung in Mexico-City. Wenn das kein Hinweis war… Eine weitere Information, die dieses Fax enthielt, konnte sich als ebenso nützlich erweisen: Der Name des toten Amerikaners war Jack Nolte.

      Fox überlegte einen Moment. Im Grunde waren das schon mehr Informationen, als er erhofft hatte. Sollte er dennoch die Schränke untersuchen und den Computer kontrollieren? Ein Geräusch auf dem Flur nahm ihm die Entscheidung ab. Für einen Moment hatte er Angst, Àlex Nogales könnte doch erscheinen und ihn hier überraschen, aber schnell fiel ihm wieder ein, dass er selbst vor drei Tagen dafür gesorgt hatte, dass das definitiv nicht passieren konnte.

      Die Geräusche auf dem Flur wurden leiser und er öffnete einen Spalt breit die Tür um hinauszusehen. Zwei Mitarbeiter der Bank betraten gerade den Aufzug. Schnell trat er aus dem Büro und schloss die Tür leise hinter sich. In dem kleinen Aufenthaltsbereich holte er sich noch einen Kaffee aus dem Automaten und setzte sich in einen der Sessel.

      Er war dem Ziel wieder einen Schritt näher gekommen, wenn auch noch keine direkte Verbindung zu St.John-Smith offensichtlich wurde. Irgendetwas sagte ihm aber, dass das Ziel auf der anderen Seite des Atlantiks die richtige Richtung war. Immerhin wiesen alle Anzeichen auf Mexico-City.

      In Gedanken ging Fox noch einmal alle Informationen durch, die er bislang hatte. Sein Ziel war William St.John-Smith, der Mann, mit dem er alles Schlechte in seinem Leben verband und den er vernichten wollte. Außer einer Telefonnummer, deren Anschluss nicht mehr existierte, gab es aber keinerlei Hinweise auf dessen derzeitigen Aufenthaltsort. Er hatte nur zwei Männer, zwischen denen eine Verbindung bestand, die er beide in den letzten Tagen umgebracht hatte, weil er vom European Secret Service damit beauftragt worden war. Der erste war Àlex Nogales, ein Spanier, der vor dem vierundzwanzigsten Dezember mit einer Yacht über das Mittelmeer nach Barcelona gekommen war und der als Fondsmanager für die Banco B gearbeitet hatte. Diese hatte ein Zweitbüro in Mexico-City und unterhielt geschäftliche Verbindungen zu einer internationalen Import-Export-Gesellschaft, die ihren Hauptsitz in den USA hatte und ebenfalls eine Zweigstelle in Mexico-City besaß. Der Verbindungsmann war Jack Nolte, ein Amerikaner, der eine direkte Verbindung zu St.John-Smith darstellte und Nogales unter dem Codenamen Marcy gespeichert hatte.

      Alles, was er wusste nützte nichts, solange die Verbindungen keinen Sinn ergaben, und darüber konnte er bislang nur spekulieren.

      Fox trank seinen Kaffee aus, warf den Pappbecher in einen Mülleimer, ging zu den Aufzügen und fuhr zurück in die Lobby. Die Frau, die ihn mit Sra. Espinosa bekannt gemacht hatte, kam geradewegs auf ihn zu.

      -„Na, haben Sie Sr. Nogales sprechen können?“, fragte sie mit ihrem schönsten Lächeln.

      -„Nein, er ist leider nicht da und es sieht so aus, als käme er heute auch nicht mehr.“

      -„Das tut mir sehr leid. War die Angelegenheit denn sehr wichtig?“

      -„Sagen wir, es gibt einen alternativen Weg.“

      -„Gut. Es wäre doch eine Schande, wenn Ihnen dadurch ein Geschäft misslingt.“

      -„Das wird es nicht. Auf Wiedersehen, Señorita.“

      -„Hoffentlich.“

      Aber dieses letzte Wort hörte Fox schon gar nicht mehr, weil er völlig in Gedanken bereits aus dem Gebäude getreten war und nach einem Taxi Ausschau hielt. Er musste schleunigst zum Flughafen. Einen Flug nach Mexico-City zu bekommen, würde vermutlich schwieriger werden als ihm lieb war, also durfte er keine Zeit verlieren.

      Etwas war ihm mittlerweile wieder in den Sinn gekommen, das er bislang erfolgreich verdrängt hatte. Bei all den Verbindungen, die es zwischen den Personen zu berücksichtigen gab, die für ihn einen Schritt auf dem Weg zu St.John-Smith darstellten, hatte er eine Verbindung vergessen, die vermutlich nichts mit dem Netz zu tun hatte, das sich vor ihm aufspannte, die aber viel zu wichtig war, als als dass er sie auf Dauer außer Acht lassen konnte. Àlex Nogales war in der Stunde seines Todes mit einer Frau zusammen gewesen. Mit der einen Frau: Lavinia.

      Mareen Schuhmacher lag auf dem Sofa ihrer Studentenwohnung und blätterte in einer