Der Gesang des Satyrn. Birgit Fiolka. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Birgit Fiolka
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783748591832
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diesem Ding, das sie mit den Tieren und den Satyrn gemeinsam hatten! Sie umarmte die Freundin. Als Idras die Tür aufstieß und Metaneira mitnahm, jammerte Neaira nicht und versuchte auch nicht, Metaneira festzuhalten. Zu viel ging ihr durch den Kopf, was sie nicht verstand und was ihr kindliches Gemüt erst einmal verdauen musste.

      3. Kapitel

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       Das Ende der Kindheit

      

      Neaira saß bis zum Abend allein in der Unterkunft und wartete darauf, dass Idras zurückkam. Doch als es dunkel wurde, war die Schwarze noch immer nicht wieder aufgetaucht. Unruhig rutschte Neaira auf dem Polster herum, da sie ein menschliches Gefühl zu plagen begann. Ihre Blase drückte, als hätte sie eine ganze Amphore mit Wasser getrunken. Sie presste die Beine zusammen und versuchte an etwas anderes zu denken. Von den anderen Zimmern im Hof ertönten die ersten Schreie – und sie war allein! Jetzt, da Metaneira ihr so verwirrende Dinge erzählt hatte, die ihr eine Vorstellung davon gaben, was dort draußen vor sich ging, fand sie alles noch schrecklicher als zuvor. Neaira wusste, dass sie nicht die ganze Nacht durchhalten würde. Sie musste einfach pinkeln. Steifbeinig kletterte sie vom Polster und ging zur Tür. Ihr Herz schlug laut gegen ihre Rippen, als sie die Tür einen Spalt weit öffnete und hinaus spähte. Die Geräusche wurden lauter, doch ein prüfender Blick auf den Hof reichte, um zu sehen, dass er leer war. Sie waren in den Zimmern. Wenn sie schnell lief, würde sie vielleicht nicht gesehen werden. Sie musste nur über den Flur und dann ein paar Schritte weiter, bis sie zu dem Hof mit den Sickergruben kam. Beim Gedanken daran begann ihre Blase noch stärker zu drücken. Neaira tat den ersten Schritt und lauschte. Als nichts geschah, rannte sie so schnell sie konnte über den Hof, hinein in den durch Lampen und Feuerbecken beleuchteten Korridor. Um nicht gesehen zu werden, drückte sie sich an die Wände der Flure und lauschte auf die Schritte der Sklaven, die im Haus umhergingen. Es wäre sicherlich nicht gut, wenn sie entdeckt würde. Neairas Sinne waren so darauf ausgerichtet auf die Geräusche zu lauschen, dass sie erschrak und beinahe unter sich gemacht hätte, als sie dem Mann in die Arme lief. Wie angewurzelt blieb Neaira stehen. Langsam legte sie ihren Kopf in den Nacken und starrte in ein Gesicht, das sie auf eine Art anlächelte, die Neaira nicht geheuer war. Unwillkürlich wich sie einen Schritt vor dem Fremden zurück. Der junge Mann trug nur ein Hüfttuch, und seine Augen schienen im Schein des Feuers zu glühen. Ihr lief ein Schauder über den Rücken. Neaira war in diesem Augenblick davon überzeugt, dass er ein Satyr sein musste - jemand dessen Blick so durchdringend war, konnte kein Mensch sein! Was würde er jetzt mit ihr tun? Etwa das, was Metaneira ihr erzählt hatte, das was auch die Hunde auf den Straßen taten? Sich ... vergnügen? Doch er schien nichts dergleichen vorzuhaben, stand einfach nur da und hielt seine Feueraugen auf sie gerichtet. „Hast du dich verlaufen?“, hörte sie ihn fragen.

      Schnell schüttelte Neaira den Kopf und verbarg ihre Angst. Trotzdem musste sie fragen, zumal er keine Hörner, Ziegenohren und soweit sie erkennen konnte auch keinen Pferdeschweif besaß. „Bist du ein Satyr?“

      Sein Lächeln verwandelte sich in ausgelassenes Lachen. Neaira meinte vor Angst zu sterben, als seine Hand ihr Kinn berührte. Sie wollte den Blick abwenden, doch konnte es nicht. Er hielt sie gefangen – er war ganz sicher einer von Dionysos Schar!

      „Und wenn ich ein Satyr bin? Fürchtest du dich dann vor mir?“

      Obwohl seine Worte nicht gerade dazu beitrugen, ihr die Angst zu nehmen, schüttelte Neaira trotzig den Kopf. Metaneira war fort, ihre Mutter hatte sie verkauft ... sie war vollkommen allein auf dieser Welt. Doch es war besser, ihm ihre Angst nicht zu zeigen. Vielleicht ließ er sie dann in Ruhe und suchte sich ein anderes Opfer. Es gelang Neaira noch immer nicht, den Blick von ihm abzuwenden. Sein Gesicht war so geheimnisvoll, so undeutbar, dass es sie ebenso fesselte, wie verängstigte. Seine schlanke Gestalt und der nackte Oberkörper wurden vom Licht der Fackeln in einen unheimlichen Rotton getaucht. Als ob er ihre Gedanken erraten hatte, verwandelte sich sein Lachen wieder in ein schmales Lächeln. Wäre Neaira älter gewesen, sie hätte ihn für einen schönen Mann gehalten; so verzweifelte sie nur an ihrem Versuch, ihn endlich nicht mehr so dumm anzustarren. Aus den Falten seines Hüfttuches zog er etwas heraus und gab es ihr. Es war ein rotes Schmuckband für das Haar einer Frau, fein geflochten und mit Perlen besetzt. Warm und weich lag es in ihrer Hand, da er es so unerhört nah am Körper getragen hatte. „Eigentlich war es für eine Andere, doch an dir wird es schöner aussehen ... schon in wenigen Jahren.“

      Neaira wurde rot, da er ihr noch immer in die Augen starrte. Sie krampfte die Hand mit dem Schmuckband zur Faust, dann drehte sie sich um und rannte zurück in ihre Unterkunft, ohne sich noch einmal umzusehen. Verwirrt und in ihren schlimmsten Befürchtungen bestätigt, versah sie ihre Notdurft schließlich in einer leeren Wasseramphore und vergrub sich unter den Decken des Schlafpolsters.

      Neaira wusste, dass sie träumte, und doch war ihr nie etwas wirklicher vorgekommen. Der Wald, in dem sie stand, roch erdig und feucht nach Moosen und welken Blättern. Die Geräusche von Käuzchen und Eulen drangen an ihre Ohren, und sie zitterte vor Kälte. Neaira ging ein paar Schritte und fühlte das raschelnde Laub an ihren nackten Füßen. Nackt! Sie war vollkommen nackt. Die Äste und Zweige der Bäume knackten und ächzten als wären sie lebendig. Angestrengt versuchte sie in dem nächtlichen Wald in die Baumkronen zu spähen, denn ihr war als würde sie von dort beobachtet. Schritt für Schritt ging sie weiter, bis sie ein helles Flackern von Feuerschein sah, das zwischen den Bäumen tanzte. War es die Rettung aus diesem seltsamen Traum? Neaira lief schneller. Auf allen Vieren krabbelte sie einen Hügel hinauf, krallte sich mit Händen und Zehen im feuchten Erdreich fest. Dann stand sie auf einer Lichtung. Von hier war der Feuerschein zu ihr gedrungen, denn in der Mitte knisterte ein aus Ästen und Zweigen aufgeworfenes Feuer und tauchte die Lichtung in ein orangerotes Licht. Wie selbstverständlich trat Neaira an das Feuer und wärmte ihren durchgefrorenen Körper. Durch den Feuerschein hindurch sah sie Baumstämme – war dort jemand? Hatte sie nicht glühende Augen und Hände gesehen, die sich um die Stämme herumschoben? Wer seid ihr?, hörte sie ihre Stimme rufen. Gestalten schälten sich aus den Schatten, stämmige Körper mit wolligem Brusthaar, Bärten und Hörnern wie Ziegen musterten sie, kamen jedoch nicht näher. Sie waren gekommen, um sie zu holen – es waren die Satyrn, die sie in ihren Wald entführt hatten! Neaira wollte schreien, weil ihre Gesichter so derb waren. Da, wo das Hinterteil eines Menschen glatt war, saß der kurze Schweif eines Pferdes, der hin und her schlug. Sie drehte sich um und wagte kaum zu atmen. Im Laub auf dem Boden lag Metaneira - vollkommen nackt rekelte sie ihren schlanken Leib, das gerstenblonde Haar wie die Strahlen der Sonne um sie gebreitet. Metaneira, steh auf und lauf weg!, hörte sie sich wieder rufen. Doch Metaneira wand sich wie eine Nymphe, obwohl die Satyrn sie entdeckt hatten. Neaira wollte zu ihr laufen, bemerkte jedoch, dass sie es nicht konnte. Verflochtenes Wurzelwerk hatte sich um ihre Füße geschlungen und fesselte sie an die Erde.

      Die Satyrn hoben Metaneira auf ihre Schultern und legten sie dann auf einen Felsen. Als einer der Ziegenohrigen ihre Schenkel spreizte, konnte Neaira sein riesiges Glied sehen. Sie schrie auf, als der Satyr sein Geschlecht in Metaneira drängte, und hielt sich vor Entsetzen die Hände vor den Mund. Doch Metaneira bog sich dem Waldgeist entgegen und empfing ihn mit unverhohlener Gier. Jetzt kamen auch die anderen Satyrn näher, beugten sich über Metaneira und ließen ihre groben Hände über ihren Körper fahren. Unzählige Hände berührten sie, und je mehr es wurden, desto ungehaltener wurde Metaneira, griff nach den erigierten Geschlechtern der Satyrn und schrie ausgelassen. Neaira hielt sich die Ohren zu und schloss die Augen. Aufhören, hört doch auf!, hallten ihre eigenen Schreie in ihren Ohren. Dann spürte sie, wie sie hochgerissen wurde, herumgewirbelt und ihr nackter Körper von zwei Armen umfasst. Entsetzt riss sie die Augen auf und starrte in das Gesicht des Fremden, der ihr das Schmuckband geschenkt hatte. Aus seiner glatten Stirn ragten zwei Hörner, seine Ohren waren nicht mehr menschlich, sondern die einer Ziege, und seine Augen glühten im Schein des Feuers. Er drückte sie an sich und wirbelte mit ihr um das Feuer. Neaira spürte seine glatte schweißnasse Brust an ihrem nackten Körper. Wie von Sinnen tanzte er, lachte und gab sich