Augen wie Gras und Meer. M.T.W. Mayer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: M.T.W. Mayer
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783738036176
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Hochzeitsschmuck ihrer Mutter bei ihrer eigenen Vermählung tragen!

      „Das wäre mir eine Ehre Vater … natürlich nur, wenn du das wirklich willst. Fühle dich nicht verpflichtet, du weißt, ich habe genug Reifen und Ketten und Broschen.“

      „Nein meine liebe Milia“, entgegnete Peris sanft. „Ich möchte, dass du ihren Goldreif trägst. Ich bin mir sicher, er bringt dir Glück, so wie er mir und deiner Mutter glückliche Jahre schenkte.“

      Etwas später stürmte Dora in Milias Zimmer, als diese sich von Fara und Sia für ein Abendessen frisieren ließ, das im Hause einer seit kurzem verheirateten Freundin stattfinden sollte. Dora hatte ein diebisches Grinsen auf den Lippen und starrte voller Freude Fara an.

      „Willst du mir nicht mitteilen, was dich so freut, kleine Schwester“, fragte Milia nach einiger Zeit. Ihr gefiel es nicht, das Dora einfach in ihr Zimmer kam und dann nicht den Anstand hatte, von sich aus den Grund zu verraten.

      „Ich habe mit Vater geredet.“ Fara schien langsam nervös zu werden, weil Dora sie weiterhin so unverhohlen anstarrte.

      „Und? Ich hoffe du tust das nicht so selten, dass du es mir jedes Mal mitteilen musst.“

      Dora kicherte. Es machte ihr Spaß, ihrer Schwester nur Stück für Stück Informationen preiszugeben und sie musste sich beherrschen, damit diese Freude noch etwas länger dauerte. „Wie du weißt, machen sich Vater, Akis und Charis Morgen auf den Weg nach Patras.“

      „Ja, tatsächlich weiß ich das“, gab Milia schnippisch zurück. Sie wurde ungeduldig und machte eine kurze Pause in der sie Dora streng im Spiegel ansah, „immerhin wurde deswegen meine Hochzeit auf Mitte April gelegt, damit sie vorher noch ihre griechischen Partner treffen können.“

      „Ja, ja, schön, schön.“ Wieder kicherte Dora schelmisch.

      Milia hatte nun genug. Sie drehte sich so schnell zu ihrer Schwester um, dass Sia und Fara nur mit Mühe ihre Hände von ihr nehmen konnten, um die Frisur nicht zu ruinieren. Milia wurde ganz leise. „Jetzt hör mir gut zu: entweder du sagst mir sofort was du in meinem Zimmer zu suchen hast oder du verschwindest wieder. Ich habe nämlich keine Zeit für so ein kindisches Verhalten! Hast du mich verstanden?“

      Dora blickte ihre Schwester recht unbeeindruckt an, seufzte dramatisch und begann zu erklären: „Ich habe Vater erzählt wie sehr ich ihn und Akis vermissen werde wenn sie nun fahren. Anscheinend bekam er Schuldgefühle, jedenfalls hat er mir erlaubt, sie bis zum östlichen Hafen zu begleiten.“ Ihr diebisches Lächeln kam zurück. „Und ich darf Fara mitnehmen.“

      Milia fuhr empört von ihrem Hocker hoch. „Wie bitte? Das ist nicht gerecht! Du hast einfach Vaters Traurigkeit wegen meiner Hochzeit ausgenutzt um Fara zu bekommen? Ich hätte mehr von dir erwartet! Sie ist meine Sklavin, Akis hat sie mir geschenkt!“

      „Nun ja, und Vater hat mir erlaubt sie mitzunehmen.“ Dora streckte Milia die Zunge heraus und rannte aus dem Zimmer. Sie wusste genau, dass Peris‘ Wort mehr zählte als alle Besitzansprüche von Milia.

      Am nächsten Morgen mussten noch letzte Vorbereitungen für die Reise nach Patras getroffen werden, Vorräte eingepackt und einige Gegenstände in den Kutschen verstaut werden. Fara war bei der Morgentoilette etwas fahrig, was Milia jedoch der bevorstehenden Fahrt zuschrieb und ihr damit gnädiger Weise verzieh. Wer wusste schon, ob das arme Ding jemals zuvor in einer Kutsche fuhr?

      Beim gemeinsamen Frühstück mit der Familie wurden Milia die letzten Anordnungen übergeben, welche Personen sie besuchen sollte, was gekauft werden musste und wann die Rückkehr geplant war.

      „Dora wird wohl schon in einigen Tagen wiederkommen“, erklärte Peris. „Sobald wir am Hafen sind, schicken wir sie mit Fara und ein paar Sklaven zurück. Mich und Akis kannst du in etwa zehn Tagen erwarten, sofern das Wetter nicht umschlägt. Aber es sieht so aus, als wären die Götter uns gnädig.“ Er lächelte seine älteste Tochter an, als wolle er sagen, dass ihre Hochzeit wegen der Reise nicht wieder verschoben werden müsste. „Und du kommst hier auch zurecht?“

      „Sicher doch Vater. Da ihr Dora für ein paar Tage mitnehmt, sogar sicher noch etwas besser, da ich nicht auch noch auf sie Acht geben muss.“ Ein falsches Lächeln kam auf Milias Lippen. Ihr Vater sollte nicht erahnen, wie sehr es sie ärgerte, dass Dora mit ihrer Sklavin verreisen durfte. Außerdem verschaffte es ihr ein wenig Genugtuung zu sehen, dass ihre Schwester kurz empört nach Luft rang, als sie schon beinahe als Last bezeichnet wurde.

      „Bevor ich es vergesse“, warf nun Akis ein, bevor er eine Weintraube aß, „du wirst mit dem neuen Sklaven deine Besorgungen machen.“

      „Mit diesem Aret? Was ist denn mit Ebo?“ Der Afrikaner mit der nachtschwarzen Haut war schon lange Milias Sklave und immer mit ihr unterwegs, um sie vor Gefahren zu schützen. Dora hatte doch nicht etwa erreicht, dass auch er sie begleiten durfte!

      „Ich musste ihn bestrafen“, erklärte Akis knapp.

      „Ist er im Keller?“ Milias Bruder nickte nur. Dort befand sich ein fensterloser Raum, in den die Sklaven gebracht wurden, wenn sie sich falsch verhielten. „Wie lang wird er dort bleiben?“

      „Bis wir zurück sind. Ich habe schon Befehle gegeben, dass er nicht verhungert. Du musst dich also um nichts kümmern“, beschwichtigte Akis seine Schwester.

      Milia nickte gedankenverloren. Sie hoffte nur, dass Aret sich nicht allzu ungeschickt anstellte, wenn sie mit ihm unterwegs war. Doch Akis oder ihr Vater hätten sicherlich eine andere Lösung gefunden, wenn sie nicht an seine Fähigkeiten geglaubt hätten. Mit diesen Gedanken verabschiedete sie sich von ihrer Familie, wünschte ihnen eine gute Reise und das Poseidon ihnen gnädig sein möge.

      Die folgenden Tage waren für Milia recht entspannt. Meist machte sie vormittags einige Besorgungen auf dem Markt, wo sie gerne für eine kurze Unterhaltung mit Bekannten verweilte. Danach besuchte sie die Thermen, um erfrischt an einigen Abendmählern teilzunehmen. Da alle Geschäftspartner, Freunde und Bekannte der Familie wussten, dass sie im Moment ohne ihre Verwandten war, musste sie viele Einladungen höflich ablehnen oder auf einen späteren Zeitpunkt verschieben. Die Hochzeitsvorbereitungen waren schon lange abgeschlossen, sodass Milia die freie Zeit entspannt verbringen konnte.

      Aret war ein ruhiger und recht angenehmer Begleiter bei ihren Erledigungen und Spaziergängen durch Atlantis. Er schien jedoch von Tag zu Tag nervöser zu werden. Eines Vormittags, die Abreise ihrer Familie war erst drei Tag her, störte es Milia besonders.

      „Aret, wieso bist du so unruhig? Damit machst du mich selbst ganz nervös“, warf sie ihm vor, als sie einen Stoff auf dem Markt begutachtete.

      „Verzeiht, Herrin.“ Aret senkte demütig den Kopf. Nach einem kurzen Zögern fügte er hinzu: „Ich hoffe nur, dass meine Schwester sicher zurück kommt.“

      Milia musterte ihn knapp. „Seid du und deine Schwester das erste Mal voneinander getrennt?“

      Er senkte den Kopf noch etwas tiefer. „Nein Herrin.“

      „Was sorgst du dich dann?“ Milia schnaubte verächtlich. „Du benimmst dich wie eine Glucke, die ihr Küken nicht mehr sehen kann.“

      „Verzeiht Herrin.“

      Der fünfte Tag seit Doras und Faras Abreise begann mit strahlendem Sonnenschein und klarer Meeresluft, die vom Hafen in die Straßen zog. Während Milia ihr Frühstück zu sich nahm, bemerkte sie jedoch, dass kein Vogelgesang zu hören war. Schulterzuckend vergaß sie diesen Umstand schnell wieder, denn sie musste eine neue Fibel kaufen, da Sia beim Ankleiden eine fallen ließ, woraufhin diese zerbrach. Vor lauter Zorn über ihr Ungeschick hatte Milia ihr eine schallende Ohrfeige gegeben. Die alte Sklavin wurde immer ungeschickter, weshalb sie nun endgültig beschlossen hatte, sie nicht mit in das Haus von Charis zu nehmen, wenn sie verheiratet sein würde. Jede neue Sklavin wäre besser als dieses alte Trampeltier.

      „Aret, komm, wir müssen los“, sprach Milia zu dem Sklaven, der die ganze Zeit in ihrer Nähe stand. Wortlos verbeugte er sich