Augen wie Gras und Meer. M.T.W. Mayer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: M.T.W. Mayer
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783738036176
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und ich weiß ja, welche Schwäche du für fremde Sprachen hast.“ Akis trat näher an die beiden neuen Sklaven. „Und er ist ihr Bruder. Aret, glaube ich.“ Er hielt kurz inne. Der Sklave nickte kaum merklich. „Jedenfalls kam er mir gelegen, einen kräftigen Sklaven können wir gut gebrauchen, nachdem einer meiner Sänftenträger sich verletzt hat. Und wer weiß, vielleicht ist er auch geschickt im Umgang mit Waffen. Er ist zwar nicht so eindrucksvoll wie die Germanen, aber er wirkt flink.“

      Milia nickte nur und hörte kaum zu. Sie interessierte sich nicht für die Sänftenträger oder Wachen, die dunklen Augen der Sklavin – Fara – hatten sie in ihren Bann gezogen. Sie wirkten nicht ängstlich, vielmehr gespannt, als erwarte sie etwas.

      „Verstehst du Latein“, fragte sie die Sklavin. Fara blickte kurz zu ihrem Bruder, dann nickte sie und schlug die Augen nieder, sodass sie sich hinter den dickten Wimpern verbargen. Milia lächelte. „Nochmals vielen Dank, es freut mich dass du an mich gedacht hast.“ Dabei gab sie ihrem Bruder einen Kuss auf die Wange.

      Schnell Schritte durchbrachen die einträchtige Stille, als ein junges Mädchen vom Obergeschoss die Treppe herunterkam und flink ins Atrium trat. Ihr folgte eine ältere Sklavin, etwas langsamer und bedächtig, jedoch bemüht, ihre junge Herrin nicht aus den Augen zu verlieren.

      „Oh Akis, was machst du denn hier? Hast du mir etwa etwas mitgebracht“, fragte das Mädchen ebenso unschuldig wie Milia zuvor, als sie langsam auf die beiden neuen Sklaven zuging.

      Milia tadelte sie freundlich: „Nein, die Beiden sind ein Geschenk für mich. Obwohl ich vermute, dass du den Mann lieber selber hättest“, neckte sie Akis. Dieser blickte nur zufrieden auf die beiden Sklaven, wie um sich selbst von seiner guten Wahl zu überzeugen.

      „Oh das ist ungerecht! Wieso schenkst du Milia zwei Sklaven und ich bekomme keinen“, beschwerte sich das Mädchen erneut und strich dabei wütend eine braune Locke über ihre Schulter. „Ich möchte auch eine neue Sklavin, meine Leta ist schon so schrecklich alt und langsam und hört kaum noch.“ Damit war die alte Frau gemeint, die bei diesen Worten ihren Kopf weiter senkte. Ihr Name war nicht wirklich Leta, aber die junge Herrin nannte so alle Sklavinnen. Die männlichen Unfreien nannte sie der Einfachheit halber Babis. Sie sah nicht ein, warum sie sich mit jedem neuen Sklaven dessen Namen merken sollte.

      „Dora, reiß dich zusammen, so benimmt sich kein Mädchen deiner Abstammung und Herkunft“, tadelte Milia ihre Schwester. „Und wenn du eine neue Sklavin willst, rede mit Vater, aber diese hier ist ein Geschenk an mich gewesen, nicht an dich. Akis, sag doch auch etwas.“ Ihr war klar, dass Dora es auf Fara abgesehen hatte, der Sklave war ihr herzlich egal.

      Akis ging auf seine jüngste Schwester zu und streichelte sanft ihren Kopf. „Es tut mir Leid, liebste Dora, dass ich dir kein Geschenk mitgebracht habe. Aber hier, nimm diese Münzen und kauf dir später etwas Schönes davon auf dem Markt.“ Mit diesen Worten drückte er Dora einen kleinen Lederbeutel voller Geldstücke in die Hand. Sie umschloss die Börse sofort und bedankte sich artig bei ihrem Bruder.

      „Der Markt ist ein gutes Stichwort, wir sollten uns langsam auf den Weg machen“, bemerkte Milia, die diesen kleinen Ausflug mit ihrer Schwester schon länger geplant hatte. „Ich ziehe mich nur noch schnell um. Leta, kümmere dich doch bitte darum, dass Fara gewaschen und angezogen wird, sie kann mir später zur Hand gehen, wenn wir zurück sind. Ihren Bruder überlasse ich ganz deinen fähigen Händen“, sagte sie zu Akis, während sie an ihm vorbei zur Treppe ging, die zu den oberen Zimmern führte, um sich passend für den Markt ankleiden zu lassen. Dora hatte währenddessen die Lederbörse sicher in ihren Gürtel verstaut.

      Das Gedränge auf dem Markt war enorm, doch Milia und Dora kamen dank der Sklaven, die ihnen den Weg bereiteten, gut voran. Es war nun dank der Sonne doch beinahe heiß geworden und das dargebotene Obst und die verschiedenen Essenzen und Öle verströmten ihre Düfte schon beinahe unangenehm stark. Die Schwestern kauften einige Schmuckstücke und Stoff, aus denen neue Gewänder für sie geschneidert werden sollten. Da Dora über das Geld, das Akis ihr geschenkt hatte, frei verfügen konnte – worauf sie bestand – kaufte sie alles, was ihr gefiel, ganz gleich, ob sie eine ähnliche Fibel oder Brosche schon besaß. Milia lies ihr jedoch den Spaß, wenn ihre kleine Schwester dadurch nur die scheinbar ungerechte Geschenkverteilung vergaß. Sie bedachte mit ihren zwölf Jahren nicht, dass Milia, immerhin beinahe vier Jahre älter, andere gesellschaftliche Verpflichtungen hatte und ihr damit auch mehr Unterstützung in Form von Sklaven zustand.

      Als sie den Teil des Marktes, der hauptsächlich für schmückende Waren vorgesehen war, durchschritten hatten, gab Milia einem ihrer Sklaven etwas Geld, damit er frisches Obst und Brot für das Abendmahl besorgen konnte. Ein Handelspartner von Akis und ihrem Vater Peris war zu Besuch, folglich hatten nur die besten Speisen auf dem Tisch zu sein.

      Als sie zurückkamen, huschte Dora sogleich in ihr Zimmer, um ihre neuesten Errungenschaften genauer zu betrachten und zu entscheiden, zu welchen Kleidern sie am besten passten. Milia blickte ihr nachsichtig lächelnd nach und ging vorsichtig zu ihren Gemächern, da die Vorhänge des Tablinums zugezogen waren und sie Stimmen daraus vernahm. Der Geschäftspartner war schon da und anscheinend verhandelten er, Akis und ihr Vater über neue Verträge.

      In ihrem Zimmer warteten bereits ihre Sklavin Sia, eine patente ältere Frau, und Fara auf Milia. Die neue Sklavin war gewaschen, ihr schwarzes Haar schlicht geflochten und ihr Körper von einem leichten Chiton verhüllt. Da er nur aus einem Stofftuch bestand, welches geschickt um den Körper geschlungen und mit einem Gürtel sowie zwei einfachen Nadeln befestigt wurde, war Faras rechte Körperhälfte teilweise sichtbar und hob sich mit seiner dunklen Haut angenehm vom hellen Stoff ab. Ihre Augen hatte sie, ebenso wie Sia, auf den Boden gerichtet und den Kopf demütig gebeugt.

      „Lasst uns keine Zeit verlieren, Vaters Gast ist schon im Haus. Fara, ich trage heute meinen grünen Peplos. Lege alles zurecht. Sia, meine Haare sollen heute nicht zu pompös aussehen, Vater sieht das nicht gerne.“ Während dieser Anweisungen begann die ältere Sklavin bereits, Milia beim Auskleiden zu helfen. Nachdem Fara ihre Befehle erhalten hatte, verbeugte sie sich kurz und machte sie dann an die Ausführung, indem sie Stoff, Gürtel, Fibeln und Sandalen herrichtete. Währenddessen war Sia soweit, ihre Herrin zu frisieren.

      Milia ließ sich vor dem Frisiertischchen auf den gepolsterten Hocker sinken, während ihr die schwarzen Locken gebürstet wurden. Während Sia ihre Arbeit mit ruhiger Hand verrichtete, wirkte Fara etwas unsicher. Ihr Blick huschte immer wieder zu Milias Spiegelbild, wandte ihn jedoch sofort ab, wenn ihre neue Herrin das bemerkte. Sie fühlte sich jedoch geschmeichelt von dem Verhalten der jungen Sklavin, die anscheinend ein solches Interesse für ihr Aussehen hatte. Besonders Milias Augen schienen sie zu faszinieren, aber das war für sie alltäglich. Denn während eine Iris von kräftigem Grün wie die saftigen Wiesen auf dem Landsitz ihres Vaters waren, leuchtete die andere klar und blau wie das Meer an einem Sonnentag vor den Küsten Atlantis.

      Während Milia in ihre Augen vertieft war und lächelnd darüber nachsann, welche Komplimente sie schon dafür erhalten hatte und wie viele Gedichte von übereifrigen Verehrern bereits darüber verfasst wurden, begann Sia mit dem Frisieren. Fara beobachtet sie dabei genau und reichte ihr bei Bedarf einige Haarnadeln. Milia beschloss, das es langsam an der Zeit wäre, ihr Arabisch zu verbessern. Sie zeigte auf eine Nadel in Faras Hand.

      „Wie sagt man dazu in deiner Sprache?“

      Die junge Sklavin hielt kurz inne. „Arabisch, Herrin?“

      „Natürlich, oder beherrscht du sonst noch andere Sprachen?“ Skeptisch blickte Milia Fara im Spiegel an, die ihr überraschend ruhig in die Augen sah. Langsam schüttelte sie den Kopf. Sie reichte Sia die Haarnadel.

      „Nein, Herrin.“

      Milia atmete ungeduldig ein. „Na dann, wie nennt man Haarnadeln in deiner Sprache?“

      Sia wurde unruhig. Sie wollte nicht, dass ihre Herrin die Geduld verlor und das womöglich nicht nur an der jungen Sklavin ausließ, sondern auch an ihr. Jedoch waren ihre vor Furcht zittrigen Hände nicht sonderlich geschickt darin, das schwarze Haar zu frisieren. Noch bevor Fara antworten konnte, stieß Milia einen Schmerzlaut aus. Sia hatte sie