Augen wie Gras und Meer. M.T.W. Mayer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: M.T.W. Mayer
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783738036176
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erstechen?! Was für unfähige Sklaven werden mir hier zugemutet! Die eine stellt sich dumm und die andere ist ungeschickter als ein Schwein! Ich bin froh wenn ich in zwei Wochen umziehe, da stehen mir wenigstens fähige Sklaven zur Verfügung und nicht so unnützes Pack!“ Im Zimmer herrschte Stille, die Sklavinnen schienen sogar das Atmen aufgehört zu haben aus Angst, ihre Herrin weiter zu erzürnen. Mit einer abfälligen Handbewegung deutet Milia, dass sie wieder an ihre Arbeit gehen sollten, fügte jedoch kalt hinzu: „Das ihr nie vergesst, wo euer Platz ist. Sonst wird dieses Haus die längste Zeit euer Heim gewesen sein.“

      Wortlos begannen Sia und Fara damit, Milia zu frisieren, sie zu schminken und dann anzukleiden. Fara wurde dabei mit kurzen Gesten von Sia eingewiesen und erklärte folgsam alle Begriffe auf Arabisch, die notwendig waren: Kamm, Harnadeln, Puder für die Haut, Kohle für die Wimpern und Augen, Gürtel, Sandale … Milia beruhigte sich mit der Zeit, jedoch war jedes freundliche Leuchten aus ihren Augen verschwunden.

      „Bei Poseidon, Aphrodite persönlich scheint sich zu uns zu gesellen“, rief der Handelspartner aus, als Milia in den Garten trat. Sie blickte mit einem gespielt scheuem Lächeln zu Boden.

      „Ah, darf ich Euch meine geliebte Tochter Aimilia vorstellen.“ Ihr Vater Peris, wie alle anwesenden Männer in eine prächtige Toga gekleidet, kam zu ihr. Sein einstmals braunes Haar wurde mit jedem Jahr grauer, aber man erkannte in seinem Aussehen noch immer den jungen und schlanken Mann, der er einmal war. „Sie ist mir eine große Hilfe und Unterstützung und noch dazu eine wahre Augenweide.“

      „Sie scheint ihrer Mutter immer ähnlicher zu werden, lieber Periandros“, bemerkte der Besucher bewundernd. Er trat etwas näher an Milia heran. Dabei spannte sich seine Toga bei jedem Schritt bedrohlich über seinen mächtigen Bauch. „Obwohl natürlich ihre Augen jeden Vergleich mit irdischen Schönheiten verbieten.“ Dann jedoch kam ihm wieder Dora in den Sinn, die mit Milia gekommen war und bereits eifersüchtig darauf wartete, selbst in ihrem neuen Peplos bewundert zu werden. „Aber all eure Kinder sind eine wahre Augenweide. Besonders eure Töchter, wo doch eine Frau bekanntermaßen mehr Schönheit, Anmut und Liebreiz in sich vereint, als es zehn Männer jemals könnten.“ Dabei sah er bewusst Dora an, die sich sofort alleinig angesprochen fühlte und zufrieden errötete.

      Nun mischte sich Akis in die Unterhaltung ein. „Doch alle Schönheit vergeht, wenn sie nicht umsorgt wird.“ Dabei ging er langsam in Richtung des Tricliniums, in dem das Abendessen serviert wurde. Es war reich mit Wandmalereien verziert und besaß eine große Fensterfront zum Garten, über welchen man den Blick müßig schweifen konnte, wenn die Schätze an den Wänden drohten, das Auge zu ermüden.

      Bald schon wurde die Aufmerksamkeit auf die sorgfältig ausgewählten Speisen gelenkt, die nach und nach von einigen Sklaven auf dem Tisch in der Mitte gebracht wurden: Eier, frisches Obst, zartes Hähnchenfleisch, Fisch in verschiedensten Variationen, Brote und vieles mehr, das nicht nur den Magen sondern auch die Augen durch seine Köstlichkeit verzückte. Dazu wurde selbstverständlich nur erlesener Wein serviert, importiert von Peris und seinem Sohn.

      „Wie ich hörte, geht Eure Familie bald eine lukrative Verbindung ein“, bemerkte der Handelspartner, welchem selbstverständlich der Ehrenplatz zugeteilt wurde, zwischen den Gängen, denen er gerne und stark zusprach.

      „In der Tat“, stimmte Peris ihm zu und erhob dann seinen Weinkelch. „Meine geliebte Tochter heiratet Charilaos.“ Er nickte Milia zu und trank etwas Rotwein.

      „Eine vortreffliche Wahl, bei Poseidon! Wann wird es soweit sein?“

      „In zwei Wochen sollen die Pferde im Tempel geopfert werden“, erklärte Peris weiter. „Und ab diesem Zeitpunkt wird meine geliebte Blume nicht mehr in meinem Garten blühen.“ Wehmütig blickte er zu seiner ältesten Tochter, die ihm zulächelte.

      „Ach Vater, Ihr werdet mich noch sehr oft in Eurer Gesellschaft finden, so wahr ich hier mit Euch speise.“

      „Da bin ich mir auch sicher, liebster Periandros“, mischte sich wieder sein Handelspartner ein, nachdem er sich die letzten Krümel Kuchen mit einer feinen Serviette vom Mund abwischte. „Und sicherlich wird auch ihr Ehemann häufig bei euch anzutreffen sein. Wenn zwei Händler durch eine Heirat verbunden werden … hach, das klingt nach einer ganz hervorragenden Verbindung.“ Bekräftigend fanden einige süße Trauben den Weg in seinen Mund.

      „Gewiss.“ Akis ließ sich von Fara, die mit anderen jungen Sklavinnen bediente, etwas Wein nachschenken. Dabei betrachtete er amüsiert die vom Chiton nicht verdeckten Körperpartien. „Ich bin überzeugt, diese Hochzeit wird sowohl geschäftliche als auch persönliche Vorteile nach sich ziehen.“

      „Sag mein liebes Kind“, damit wandte sich der Gast direkt an Milia, „bist du schon gespannt auf das Eheleben?“ Ein anzügliches Lächeln umspielte seine Lippen.

      Milia blickte sittsam auf ihre Hände. „Ich freue mich sehr auf meine Hochzeit und mein zukünftiges Leben mit meinem Ehemann.“

      Doch bevor Peris‘ Handelspartner dieses Thema vertiefen konnte, zerbrach ein Weinkrug. Anscheinend hatte Akis den Gürtel von Faras Chiton gelockert und bei dem Versuch, das Stück Stoff an seinem Ort zu halten, hatte diese den Krug fallen lassen. Tonscherben und Wein waren auf dem Boden zerstreut, während Akis sich köstlich darüber amüsierte, dass die junge Sklavin sowohl versuchte, Ordnung zu schaffen und sich gleichzeitig nicht aus Unachtsamkeit zu entblößen. Auch der Gast des Hauses lachte herzhaft und betrachtete voller Interesse die gebräunte Haut Faras, während sein beachtlicher Bauch auf und ab wippte. Mit der Hilfe der anderen Sklaven waren die Scherben schnell zusammengetragen und der Wein aufgewischt. Fara zog sich einen Moment zurück, um ihre Kleidung zu richten.

      „Eine schöne Sklavin habt ihr da, lieber Akis“, schmeichelte der Gast.

      „Eigentlich gehört sie Milia, ich habe sie ihr heute vom Markt mitgebracht.“

      „Tatsächlich? Woher stammt sie? Eine derartige Schönheit würde auch mein Haus zieren.“ Der Handelspartner leckte sich über die dicken Lippen.

      „Aus der Wüste Afrikas. Vermutlich eine Nomadin, erklärte mir der Händler.“

      „Nun dann, mit etwas Glück kann eine meiner Karawanen auch eine Nomadin wie sie fangen.“ Dabei lachte der Handelspartner. „Und ich bin mir sicher, sie hätte nichts dagegen, ein ärmliches Zelt gegen die Pracht meiner Villa zu tauschen.“

      „Sicherlich nicht“, stimmte Peris zu.

      „Oder gegen ein warmes Bett“, murmelte Akis, als Fara wieder ins Triclinium trat.

      Der nächste Tag war von geschäftigem Treiben geprägt. Am Abend würde eine Feier anlässlich Milias Verlobten Charis in seiner Villa veranstaltet. Sein fünfundzwanzigster Namenstag war zu begehen. Aus diesem Grund prüfte Milia nochmals sorgfältig die Kleidung, die sie für den Abend ausgewählt hatte – einen reich verzierten dunkelblauen Peplos. Nochmals sprach sie mit Sia über ihre Frisur, den Schmuck und ihre Schuhe. Danach übte sie erneut das Lied auf der Lyra, das sie heute zur Freude ihres zukünftigen Ehemannes vortragen wollte. Schließlich begab sie sich in die Thermen.

      Als sie abends ins Atrium trat, war sie sich ihrer Schönheit bewusst, die bei dem Festmahl sicherlich sowohl Charis als auch alle anderen Männer davon überzeugen würde, welch ein Glück es doch war, sie als seine Gattin bezeichnen zu dürfen. Akis half ihr und Dora – die den ganzen Tag auf Peris eingeredet hatte, bis sie mitdurfte – in die Sänfte, dann begaben sie sich in das Haus, welches in wenigen Wochen ihr neues Zuhause sein würde.

      Es lag am Rande von Atlantis, wodurch die Wege auf den Markt, in die Thermen oder das Theater etwas länger waren, dafür jedoch mehr Platz für Gärten oder zusätzliche Räume zur Verfügung stand. Dem Reichtum seines Besitzers angemessen erstrahlte es in vollem Glanze und schon von weitem war zu hören, dass sie ein großes Fest mit vielen Gästen erleben würden. Dora überprüfte immer wieder nervös ihre Frisur oder den Faltenwurf ihres Peplos. Das war das erste große Fest an dem sie teilnahm, das nicht bei ihnen zuhause veranstaltet wurde. Dementsprechend aufgeregt war sie. Milia legte ihre Hand auf die ihrer kleinen Schwester, einerseits,