ENGELSMÖRDER. Kerstin von Schuckmann. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Kerstin von Schuckmann
Издательство: Bookwire
Серия: Kommissar Lopez
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783750223653
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geworfen. Das habe ich noch beim Herunterschauen vom Balkon gesehen. Da jetzt mit Sicherheit Ihre Frage kommt, wann er geleert wird, muss ich Ihnen leider die enttäuschende Antwort geben: gestern.“

      Holz war wütend. „Was ist Ihnen noch Besonderes aufgefallen?“

      „Mir fiel auf, dass er sich beim Anblick meiner Messer in der Küche auf den Boden schmiss und schrie.“

      Holz war erneut bewusst, dass es sich um einen extremen Psychopathen handeln musste. Lediglich Fingerabdrücke hatten sie noch keine. Sämtliche persönlichen Daten der lebenden Frau Ulme wurden aus Sicherheitsgründen auch gespeichert. Lieber zu viele Informationen als zu wenige, dachte sich Holz, als er zurück in sein Büro lief. Seine Hand griff gerade zum Telefon, als ein interner Anruf ertönte. Es war erneut sein Kollege der KTU.

      „Fast hätte ich es vergessen. Frau Ulme hatte in ihrem Domina-Schrank, der mit diversen Utensilien gefüllt war, auch ein Engelskostüm.“

      Holz war von den ganzen Informationen von Ursula sowie von denen der KTU erschlagen. Er war sich sicher, dass das Engelskostüm in diesen Fällen eine nicht untergeordnete Rolle gespielt haben dürfte. Allerdings kannte Ursula Ulme ihn vorher nicht. Holz war verzweifelt. Er grübelte, wo sie den Täter finden könnten. Trotz der vielen Details tappten sie noch absolut im Dunkeln. Holz war sich sicher, dass demnächst wieder ein Mord passieren würde. Es war nur eine Frage der Zeit, wann und wo er zuschlagen würde. Ein psychisch labiler Mann mit Alkoholproblemen, einem Messer bewaffnet und Holzengeln in der Tasche. Was für eine perverse Mischung. Voraussichtlich dürfte es sich bei dem nächsten Opfer um eine Frau handeln, die etwas mit Wein zu tun hat, dann einer anderen die schreibt, einer weiteren, die eventuell auf Weltreise geht, und einer, die aus Liebe ermordet wird. Oder vielleicht sollte das nächste Opfer sogar ein Mann sein? Alles viel zu weitgefächerte Optionen, die man trotz sehr kreativer Fantasie so gut wie nicht voraussagen konnte. Was hatten die vier Tattoo- Streifen und der Totenkopf damit zu tun? Handelte es sich dabei nur um Bilder, die der Täter schön fand, oder hatten sie einen tieferen Hintergrund? Wie hingen die Engel damit zusammen? Wer gehörte zur Zielgruppe des Mörders? Warum ein Kriegsmesser? Warum bisher diese beiden Frauen? Holz wusste, dass es sich bei den beiden Morden um denselben Täter handeln musste, der jedes Mal dasselbe Ritual zu vollziehen schien. Bestätigt wurde seine Vermutung zudem durch die übereinstimmenden Daten. Kannten sich die Opfer? Aber wo und wie könnten sie ihn überführen? Verzweifelt gab er persönlich die noch fehlenden Täterinformationen in das Datenanalysesystem ein, als kurz danach sein Telefon klingelte. Es war Kommissar Voigt aus Freiberg.

      „Hallo Herr Kollege Holz. Sie haben ja, wie ich gerade eben zufällig sehen konnte, noch äußerst wertvolle Informationen über den Täter herausfinden können.“ „Guten Abend Herr Kollege Voigt. Sie sind mir zuvorgekommen. Ich wollte Sie auch noch als krönenden Abschluss dieses Tages kontaktieren. Zunächst einmal ist es perfekt, dass Sie sich die frisch eingegebenen Daten bereits angeschaut haben. Wie Sie wissen, sind unsere beiden Opfer in Sachsen und in Berlin von demselben Mann ermordet worden. In Kürze dürfte er erneut zuschlagen, und das beunruhigt mich und mit Sicherheit auch Sie sehr. Meine Hoffnung beruht darauf, dass ihn jemand anhand der Fahndungsblätter erkennt und wir ihn noch vor einer weiteren Tat überführen können.“

      „Ich werde auch weiterhin hier in Freiberg nach wichtigen Spuren suchen, sodass wir den Mörder zusammen überführen werden. Zusammen sind wir stark. Wir bleiben in ständigem Kontakt, lieber Kollege Holz. Meine Recherchen laufen in vollem Gange, allerdings bisher leider ohne nennenswerten Erfolg. „Nabend“ wie man bei uns auf Sächsisch sagt, auf gut Deutsch, „Guten Abend.“

      „Dit is pyramidabel“, wie man bei uns in Berlin sagt, also „das ist großartig“, antwortete Holz und bedankte sich.

      Müde und etwas hoffnungslos fuhr er durch das erleuchtete Berlin nach Hause.

      Freitag, 10. Oktober

      Freiburg, Hauptstadt im Schwarzwald, bekannt durch seine „Bächle“ und das Freiburger Münster. Umgeben von einer traumhaften Natur. Man könnte meinen, dass in dieser Idylle die Welt noch in Ordnung sei. Leider wurde diese Vorstellung einer perfekten und harmlosen Umgebung in der letzten Zeit schon häufiger zerstört. Diese Erfahrung musste nun auch Marathon Läuferin Petra Reichenbach in den Weinbergen des nah gelegenen Glottertals machen. Es war erst der Start ihrer beliebten Laufstrecke hinauf zum 1241 Meter hohen Kandel, als ihr in den Weinbergen einfiel, dass sie nach Verlassen ihres Hauses vor lauter Hektik vergessen hatte, den Wasservorrat ihres Rucksacks aufzufüllen. Sie wusste aber, dass es nach zwei weiteren Umrundungen direkt an einer Weinhütte, eine beliebte Brunnenquelle gab, die gutes Trinkwasser hatte. Beim Aufdrehen des Hahns bemerkte sie, dass etwas in die Öffnung gesteckt wurde. Es war ein gerollter, in Plastik verpackter Zettel. Als sie ihn herauszog, öffnete, ausrollte, und las fingen ihre durchtrainierten muskulösen Beine an zu zittern. Nervös zog sie ihr Handy aus der Tasche und rief die Polizei in Freiburg an.

      „Hier Petra Reichenbach aus dem Glottertal. Ich habe soeben in einer Quelle in den Glottertäler Weinreben beim Joggen, in dem Hahn einer Quelle einen Zettel gefunden und gelesen. Auf diesem steht „Ich, der Engelsmörder, bin überall und stehe vielleicht gleich auch schon hinter Dir. Also pass gut auf, denn sonst bist Du bald das dritte Opfer.“

      Petra hatte erst gestern in der Badischen Zeitung von den beiden Mordfällen des Engelsmörders in Freiberg und Berlin gelesen und auch den Hinweis der Polizei, alle möglichen Informationen bundesweit mitzuteilen. Das Phantombild und einige wichtige Hinweise waren darin groß abgebildet. Allerdings hätte sie nie gedacht, dass er sich irgendwann im Hoch-Schwarzwald aufhalten würde.

      „Guten Tag hier Mordkommission Freiburg, Hauptkommissar Geigele. Wo genau sind Sie? Wir kommen sofort vorbei, um Spuren zu sichern und Beweise wie den Zettel sicherzustellen. Bleiben Sie am besten die ganze Zeit am Apparat, damit Sie eine gewisse Sicherheit haben.“

      Petra Reichenbach setzte sich etwas versteckt in eine Reihe der alten, abgeernteten, aber noch mit großen, rötlich gefärbten Weinblättern bewachsenen Rebstöcke. „Ich befinde mich am Ende des Weinlehrpfades in den Reben.“

      Die Zeit bis zur Ankunft der Polizei kam ihr ewig vor. Die Spurensicherung suchte das gesamte Terrain ab und stellte einige Proben sicher. Geigele nahm die Daten von Petra Reichenbach auf und übergab ihr seine Visitenkarte. Sie versprach ihm, jederzeit mobil erreichbar zu sein. Auf dem Weg zum Polizeipräsidium merkte er, wie sehr ihn diese Mitteilung in innere Unruhe versetzte. Die Untersuchungen der KTU hatten oberste Priorität und die Kollegen arbeiteten unter Hochdruck an den Ergebnissen. Allein der Gedanke, dass sich der Engelsmörder in seiner Region aufzuhalten schien, war für ihn unerträglich.

      Die KTU Untersuchungen des Zettels und der entnommenen Proben aus dem Erdreich sowie die Fußabdrücke am Fundort ergaben, dass es sich nicht um den Serienmörder handeln konnte. Die Daten waren eindeutig einer Frau zuzuschreiben, wie man auch den Urinspuren hinter dem Brunnen entnehmen konnte. Es musste sich um eine Person handeln, die durch eine Art Mitläufereffekt für Aufmerksamkeit sorgen wollte. Die Vermutung, dass es sich um eine ganz bestimmte Patientin der nahe liegenden psychiatrischen Klinik handeln könnte, wurde nach dem parallel durchgeführten Verhör und der über sie zur Verfügung stehenden Daten verworfen. Diese hätte laut Klinikleitung die einzige Person sein können, zu der diese Art von psychologischem Verhalten gepasst hätte. Fest stand, dass die „Mitläuferin“ schwarze Haare hatte. Nach vorheriger Abnahme der Fingerabdrücke von Frau Reichenbach, wurden die Fingerabdrücke vom Zettel und der Plastikverpackung, in der er steckte, genommen. Hinzu kamen noch Faserspuren von Leder, also einer Lederjacke oder Lederhose. Kommissar Geigele beschloss nach Durchsicht der Datenbank, seine beiden Kollegen in Freiberg und Berlin im Rahmen einer Videokonferenz zu kontaktieren, um potenzielle Fehler bei der Tätersuche zu vermeiden.

      „Schönen guten Tag Herr Kommissar Voigt und Herr Kommissar Holz. Wie Sie der soeben bei Ihnen eingegangenen Eilmeldung entnehmen konnten, könnte mit einer sehr großen Wahrscheinlichkeit der nächste Mord des Engelsmörders in unserer Freiburger Region geschehen. Wir wissen zwar, dass der Zettel nicht von ihm, sondern von einer Frau geschrieben und verteilt wurde, allerdings liegt