Kerstin von Schuckmann
ENGELSMÖRDER
Kommissar Lopez erster Fall
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Inhaltsverzeichnis
Montag, 6. Oktober
Morgendämmerung auf dem Areal der „alten Mordgrube“, einem stillgelegten Bergwerk, auf dem sich Anfang des letzten Jahrhunderts eine Lederfabrik ansiedelte. Jagdhunde eines zurückkehrenden Jägers entdecken eine von der aufgehenden Sonne angestrahlte, als Engel verkleidete Leiche am Waldrand des angrenzenden Parks. Im Blut des Opfers liegt, am Hals platziert, ein Original Erzgebirgsengel, Modell „Himmelsbote“. Im Mund der Toten steckt ein zusammengerollter und bedruckter Zettel mit dem Spruch: „Dieses war der erste Streich und der zweite folgt sogleich.“ Hauptkommissar Gerhard Voigt von der informierten Mordkommission, kann die Tote bereits vor Ort identifizieren.
„Das ist Ingrid Engel, die nette Verkäuferin aus dem Souvenirladen in Freiberg in der Nähe des Obermarktes. Fast jeder kennt sie seit Jahren wegen ihres auffälligen Engelskostüms, das sie das ganze Jahr über als Werbeträgerin für unsere Stadt tragen musste, unter dem Namen „Engels-Ingrid“. Haben Sie von der Spuren- und Beweissicherung bereits irgendwelche besonderen Hinweise auf dem abgesperrten Areal oder am Opfer selbst erkennen können?“
Voigts Kollege war für seine akribische Arbeit leider oft mit zeitverzögernder Wirkung verbunden, bekannt.
„Gewalteinwirkung durch diverse brutale Einstiche in den Hals mit einem dickeren Messer. Sonstige Gewalt ist aktuell nicht erkennbar. Es handelt sich um kein Sexualdelikt. Die Tatwaffe liegt nicht in der Nähe des Opfers. Wir werden natürlich mit Hilfe der Daktyloskopie Fingerabdrücke nehmen und nach weiteren wichtigen Hinweisen suchen. Sämtliche Wertgegenstände und Papiere befanden sich noch an ihrem Körper. Ein Handy konnten wir leider nicht finden. Es ist anzunehmen, dass der Täter dieses mitgenommen und voraussichtlich entsorgt hat. Jedem Täter, der einen Mord plant, dürfte heutzutage bewusst sein, dass das Entsorgen des Handys aufgrund der darauf enthaltenen vielen Daten oberste Priorität haben sollte. Wir werden Frau Engel zur unverzüglichen Obduktion in das gerichtsmedizinische Institut bringen lassen. Den Kraftfahrzeugschein vom Wagen des Opfers konnten wir auch separat in ihrer rechten Hosentasche finden. Alle anderen Wertgegenstände in der linken.“
Dieser Wagen steht nicht in der Nähe des Tatorts, aber irgendwie muss sie ja hier zu diesem abgelegenen Ort gekommen sein, grübelte Voigt. Vielleicht sogar zusammen mit ihrem Mörder.
„Wir werden unser kleines Städtchen durchsuchen lassen, um dieses Auto zu finden. Zunächst an markanten Orten wie ihrer eigenen Adresse, öffentlichen Parkplätzen und weiteren infrage kommenden Möglichkeiten.“
Hauptkommissar Gerhard Voigt wusste, dass es nur eine Frage der Zeit war, den Täter zu finden. Freiberg war ein kleiner Ort in Sachsen, in dem etwas übertrieben, jeder jeden kannte. Anhand des Zettels im Mund und der dazugehörigen Aussage könnte es sich durchaus um einen potenziellen Serienmörder handeln. Er beschloss direkt in die Stadt in den Laden zu fahren, in dem Ingrid arbeitete. Er musste herausfinden, ob ihre Kollegin etwas Außergewöhnliches mitbekommen hatte.
Der Leichenwagen des naheliegenden Bestattungsinstitutes war bereits in Sicht, um das Opfer in das Institut für Rechtsmedizin zu bringen, als Gerhard Voigt in seinen Dienstwagen stieg und zügig und zielgerichtet zum Souvenirgeschäft fuhr. Erst letztes Wochenende war das beliebte Freiberger Herbstfest mit kleinen Veranstaltungen und verkaufsoffenem Sonntag. Er grübelte, ob der Mord etwas damit zu tun haben könnte. Voigt liebte sein mittelalterliches Städtchen, in dem vor über 800 Jahren Silbererze gefunden wurden und Freiberg zu Reichtum brachte. Er bewunderete den Dom mit der ältesten Orgel Gottfried Silbermanns, die Petrikirche und Nicolaikirche und natürlich das Schloss Freudenstein. Nicht ohne Grund wurde Freiberg in Sachsen zum Unesco Weltkulturerbe ernannt. Sein Urgroßvater und Großvater studierten an der Bergakademie, und jetzt sollte diese derzeitige Idylle durch einen Mord in Aufruhr versetzt werden. Voigt parkte seinen Wagen in einem Parkhaus in der Altstadt. Die ermordete Dame hieß Engel, hatte immer ein Engelskostüm im Laden an, und nachdem sie erstochen wurde, lag auf ihrem blutigen Hals ein Erzgebirgsengel. Handelte es sich um Zufälle, oder war es eiskalt geplant?“ Gedankenvertieft lief er durch die Korngasse Richtung Obermarkt und betrat mit betroffener Miene den Laden.
„Glück auf! Ich weiß, dass Sie die Kollegin von Frau Engel, genannt „Engels-Ingrid“ sind. Setzen Sie sich bitte erst einmal auf den neben ihnen stehenden Stuhl. Es ist etwas Furchtbares passiert und ich wünschte mir, dass ich Ihnen diese Nachricht ersparen könnte, da es auch mir