Im Auftrag des Feindes. Günter Hein. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Günter Hein
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783738051599
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vorsichtig.

      Dagmar sah ihn an und lächelte.

      »Mach das Licht aus«, sagt sie und schloss die Augen.

      Heine war beeindruckt, wie schnell Hartmann lernte. Nach vier Tagen, Dagmar war in der Küche und wusch das schmutzige Geschirr vom Essen ab, nahm Heine Hartmann nochmals zur Seite.

      »Ich habe es zu Anfang nicht erwähnt. Du erfährst über das Radio, was du anschauen sollst. Das Radio gebe ich dir mit. Zu einer bestimmten Zeit auf einer bestimmten Frequenz wirst du eine verschlüsselte Botschaft erhalten. Nachdem du alles analysiert hast, verfasst du einen Geheimbrief und sendest ihn an eine imaginäre Adresse. Dort wird keiner wohnen, nur ein Briefkasten ist belegt. Dort wird deine Post regelmäßig abgeholt und ausgewertet. Ein Kinderspiel. Zu Anfang wirst du allerdings ein bis zwei Briefe bekommen. Spätestens im zweiten Brief findest du die Informationen, wann auf welchem Sender deine Botschaften gesendet werden.«

      »Na, dann kann ich ja kaum erwarten, dass es losgeht. Was mache ich mit den Briefen? Zerreißen?«

      »Die Briefe musst du gleich nach dem Lesen verbrennen. Du darfst schließlich keine Spuren hinterlassen. Lasse also niemals irgendetwas liegen, sondern vernichte es sofort. Bis auf das Codebuch, was ich dir mitgebe. Das musst du ziemlich gut verstecken. Das darf definitiv nicht in die Hände von Fremden fallen.«

      Bernd nickte verstehend.

      »Wie läuft das mit der Bezahlung?«

      »Dein erstes Geld bekommst du persönlich überreicht. Die im Westen werden dich einmal treffen wollen, um dich kennen zu lernen. 6000 Ostmark, 50 Westmark, dazu ein Konto im Westen und das monatliche Gehalt eines Soldaten. Aber vorsichtig, mein Lieber. Werde nicht verschwenderisch und kaufe dir plötzlich Unmengen von Sachen. Das würde auffallen, und ich glaube, dein Leben wäre dann nicht mehr so angenehm. Nimm nur gelegentlich etwas von dem Geld, wenn du etwas dringend brauchst. In ein paar Jahren sind es halt Ersparnisse, und dann fällt es nicht mehr so auf.«

      »In Ordnung.«

      Hartmann nickte.

      »Ein Konto im Westen. Verrückt!«

      Hartmann schaute verträumt auf sein Weinglas.

      »Dann lass uns anstoßen. Und viel Spaß, alter Agent«, sagte Heine lachend.

      Dagmar hatte in der Küche aufgeräumt und kam nun hinzu.

      »Na, ihr beiden, was seid ihr so fröhlich?«

      »Bernd hat mich bei unserem Spiel heute das erste Mal besiegt, stimmt´s Bernd?«

      Siegfried hob das Glas in Bernds Richtung.

      »Ja, Schatz. Es war zwar schwer, aber ich bin halt ein Gewinner.«

      »Das ist mir neu«, erwiderte Dagmar lachend.

      An den letzten beiden Abenden bekam Bernd immer wieder verschlüsselte Schreiben von Heine, um das Dechiffrieren zu üben. Immer dann, wenn Dagmar sich um die Küche kümmerte oder müde nach oben in ihr Schlafzimmer ging. Das hatte sich so eingebürgert. Siegfried kochte, Dagmar räumte auf und wurde vom Rotwein schnell müde. Meist machte Siegfried absichtlich mehr schmutzig als nötig, damit er und Bernd mehr Zeit hatten. Nach einer Weile klappte es mit dem Dechiffrieren schon sehr gut.

      »Mensch, Bernd. Du bist zum Agenten geboren. Es ist sehr einfach, wenn man weiß, wie es funktioniert. Was denkst du?«

      »Ich denke, mein lieber Siegfried, dass ich startklar bin.«

      »Dann übergebe ich dir mal die Sachen, die du brauchst. Die Dinge musst du irgendwie nach Hause schmuggeln. Am besten in der Schmutzwäsche versteckt. Als erstes ein Kofferradio von Grundig mit Ohrhörern. Damit hörst du die Nachrichten an dich ab. Hier ist dein Codebuch. Dazu gibt es dieses Frühstücksbrett. Ist ziemlich dick, ist aber Absicht. Das ist manipuliert, sieh mal.«

      Der Österreicher klappte das Brett in zwei Hälften. Der Innenteil war ausgearbeitet, so dass das Codebuch hinein passte.

      »Und nun noch ein paar Blatt Geheimpapier für das Schreiben der Briefe. Damit bist du bestens ausgerüstet. Dein Codename lautet Heinz Friedrich. Auch das solltest du dir unbedingt merken. Heinz Friedrich.«

      Hartmann betrachtete die Dinge mit erstauntem Blick.

      »Was ich dich nochmal fragen wollte, ohne dir zu nahe treten zu wollen. Hast du jemals an Flucht gedacht?«

      Bernd lächelte.

      »Manchmal denke ich schon daran, wie es wäre, im Westen zu leben. Aber wegen der Familie meiner Frau und den Repressalien, die sie zu erwarten hätten, kommt eine Flucht nicht in Frage. Uns geht es ja soweit auch nicht schlecht.«

      »War auch nur eine Frage, keine Aufforderung, alter Freund«, lachte Siegfried.

      »Na, ihr großen Kinder, spielt ihr wieder euer Spiel?«

      Dagmar war wie immer in der Küche fertig und kam mit einem Glas Wein dazu.

      »Was ist das?«, fragte sie Bernd und zeigte auf das Radio und die anderen Sachen, die Siegfried ihm gegeben hatte.

      »Schau mal, ein West-Radio. Hat uns Siegfried geschenkt. Das andere ist nur ein Buch zu unserem Spiel.«

      »Versteckt es gut, damit es euch bei der Heimreise morgen nicht sofort wieder abgenommen wird, das ist nämlich ein richtig gutes Radio. Das neueste vom Neusten sozusagen.«

      »Das kriegen wir hin, nicht wahr, Schatz?«, sagte Dagmar und kraulte ihrem Mann den Nacken.

      Kapitel 10

      Madsen saß in seiner kleinen Wohnung und sah fern, als es an der Tür klopfte. Er stellte den Ton ab und stand auf, um nachzusehen, wer da etwas von ihm wollte. Er öffnete die Tür und sah einen Botschaftsmitarbeiter vor sich stehen.

      »Guten Tag, Herr Madsen. Der Botschafter Jonathan Brinks wünscht, Sie zu sehen.«

      Madsen nickte.

      »Sagen Sie ihm, ich komme sofort.«

      Er schloss die Tür und ging zum Fernseher, um ihn auszuschalten. Anschließend nahm er seine Jacke vom Kleiderbügel an der Garderobe, versicherte sich, dass seine Zigaretten in der Jackentasche waren, nahm seine Schlüssel und verlies seine Wohnung.

      Madsen klopfte an. Die Tür wurde vom Botschafter selbst geöffnet, der anscheinend auf ihn wartete.

      »Madsen, schön dass Sie so schnell kommen konnten. Kommen Sie bitte herein.«

      Madsen folgte Brinks zu seinem Schreibtisch, vor dem bereits ein Mann saß.

      »Ich darf Sie kurz vorstellen, Michael Madsen. Das ist John Rider.«

      Brinks legte seine Hand auf den Arm des Fremden, der sich erhob und Madsen die Hand reichte.

      »Kaffee?«

      Madsen nickte und schaute neugierig zu dem fremden Mann. Nachdem Brinks Madsen eine Tasse frischen Kaffee eingeschenkt hatte, zeigte er auf den freien Stuhl vor seinem Schreibtisch.

      »Bitte setzen Sie sich.«

      Brinks schob Madsen eine Akte zu und lächelte. Madsen nahm sie und blätterte die erste Seite auf. Nach einigen Schlucken Kaffee und dem Studium der Akte meldete sich der Botschafter zu Wort.

      »Da ist alles enthalten, was Sie über Mr. Rider wissen müssen. Ihr Chef in Langley hat ihn uns entsandt mit seinen besten Empfehlungen. Er soll sie bei ihrer Arbeit unterstützen. Rider hat bereits in Berlin gearbeitet, Sprache und Menschen sind ihm nicht fremd. Da Sie ja als offizieller Botschaftsmitarbeiter tätig sind, soll Rider die Sachen erledigen, die sie als Offizieller besser nicht tun sollten.«

      »Dann sollte er das freie Büro neben meinem bekommen.«

      »Schon erledigt. Darlene hat sich bereits um alles gekümmert. Auch die Wohnung liegt direkt neben der Ihren.«

      Madsen