Die Schule. Leon Grüne. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Leon Grüne
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783754170724
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      „Wie originell, jetzt zitierst du auch noch aus <<Die Mumie>>. Du hast zu viele Filme gesehen, mein Freund“, lachte David und stopfte den Rest des Lakens unter die Matratze.

      „Anscheinend bin ich nicht der Einzige. Schließlich weißt du ja, was ich zitiere“, entgegnete Trae ebenfalls lachend.

      „Da hast du wohl Recht“, gab David amüsiert zu. Das Gespräch mit Trae stellte seinen furchtbaren Alptraum in den Hintergrund und lenkte ihn von der inneren Unruhe ab, die er trotzdem weiterhin verspürte. Entspannt legte er sich mit seinem Smartphone in der Hand in sein neu bezogenes Bett. Viertel vor zwölf zeigte die Uhr auf dem Display an. Es waren keine drei Stunden seit ihrem vorherigen Telefonat vergangen, doch gefühlt lag ein gesamter Tag zwischen ihren Unterhaltungen. Eine halbe Stunde dauerte es, bis beide sich darauf einigten, sämtliche Gespräche zu einem späteren Zeitpunkt fortzuführen und etwas nächtliche Ruhe zu finden. Besonders David war froh, hoffentlich den erhofften Schlaf finden zu können. Doch bereits kurze Zeit nachdem er aufgelegt hatte, rückte sein Alptraum erneut in den Vordergrund und ließ ihn beim bloßen Gedanken daran erschaudern. Umso beruhigender war es für ihn, dass er, nachdem er seine Tür und seine Fenster vorsichtshalber versperrt, sowie sein Handy auf stumm gestellt hatte, schneller als erwartet den ruhigen Schlaf fand.

      2.Kapitel

       You never know how strong you are

       until being strong is the only choice you have. Bob Marley

      1

      Müde und mit Augenringen, die in etwa so groß waren wie die riesigen kreisrunden Ohrringe seiner Mutter, stieg David in den schwarzen Chevrolet Orlando, der vor der Haustür parkte. Hinter sich zog er einen blauen Hartschalenkoffer mit 4 Rädern aus der Tür. Auf seinem Rücken trug er einen schwarzen Rucksack, der äußerlich nicht viel hermachte, jedoch erstaunlich robust war. Der gestrige Tag war anstrengender gewesen, als er angenommen hatte. Nachdem er bei Zoe angerufen hatte, um zu fragen, wie es ihr ging und um ihr zu beichten, dass er die Ferien über doch nicht zuhause verbringen würde, hatte wie aus heiterem Himmel ihr Vater vor der Tür gestanden, um sich bei ihm zu entschuldigen. Jedoch war dieser näher am Wasser gebaut als er je hatte durchblicken lassen und ergoss seinen Scham über seine Handgreiflichkeit in wahren Niagarafällen vor Davids Augen. So musste er nicht nur Zoe trösten, sondern auch ihren weinerlichen, reuevollen Vater. Zudem stellte sich heraus, dass seine Mutter offenbar doch nicht so gut über die Schule Bescheid wusste, wie sie wohl dachte. Also packte er neben seiner Kleidung und Handtüchern auch noch Bettzeug und Geld für die Kantine ein, falls er es denn brauchen würde.

      In der Nacht von Samstag auf Sonntag hatte er zwar keine Begegnung mit Bobby, aber Schlaf konnte er trotzdem keinen finden. Er war viel zu nervös und aufgewühlt wegen des heutigen Tages gewesen, als dass er ans Schlafen auch nur hätte denken können. Erst in den frühen Morgenstunden war es ihm gelungen, etwas zur Ruhe zu kommen. Jedenfalls kurzfristig, bis Faye ihn vier Stunden später wieder geweckt hatte, dass er sich fertig machen konnte. Da saß er also nun. Verschlafen, mit einer Thermoskanne voll Kaffee auf dem Schoß, in dem Wagen seiner Mutter. Sein Gepäck hatte er im Kofferraum verstaut. Er hatte sich sogar entschieden, trotz der Hitze, seine Fleece Jacke von den Sacramento Kings mitzunehmen. Vielleicht sei die Sommerschule eine gut Gelegenheit, um mit der Vergangenheit abzuschließen und sich wieder auf das hier und jetzt zu konzentrieren, hatte er Trae am Vortag gesagt, als sie gemeinsam im Asia Restaurant gegessen hatten.

      Trae hatte ihm vorher angeboten, dass sie eine Wohngemeinschaft gründen könnten. So könne David dem Ort entfliehen, der ihn gleichermaßen quälte, wie er ihm Sicherheit bot. Aber er hatte abgelehnt und gemeint, er wolle sehen wie sich die Situation nach den Ferien entwickeln würde. Damit war das Thema vom Tisch gewesen. Das Tragen der Jacke, die ihn so an die Ereignisse von vor drei Jahren erinnerte, war für ihn der erste Schritt zum Vergessen der Vergangenheit. Er schraubte den Deckel der Thermoskanne ab und füllte sich die erste Kappe voll. Einen Moment später hatte er sie bereits mit einem Schluck geleert und verschloss die Kanne wieder.

      Die Fahrertür wurde geöffnet und seine Mutter stieg in das Auto ein. „Hast du an alles gedacht?“, fragte sie ihn hektisch.

      „Ja, habe ich“, beantwortete er gähnend ihre Frage.

      „Geld, Bettzeug, Klamotten?“

      „Ja, und auch alles, was ich sonst brauchen könnte.“

      „Hast du dir auch alle wichtigen Nummern aufgeschrieben?“

      David nickte.

      „Meine, die von Zoe und die von deinen Freunden?“

      „Herrgott ja, ich habe alle“, antwortete er genervt.

      „Hör auf, dich aufzuregen. Du hast absolut keinen Grund dazu“, ermahnte sie ihn und warf ihm einen warnenden Blick zu.

      „Ich habe jeden Grund dazu“, murmelte er verdrossen und lehnte seinen Kopf an die warme Glasscheibe. Sie tat so, als hätte sie es nicht gehört und schnallte sich schweigend an. Dann drehte sie den Schlüssel im Zündschloss und legte den ersten Gang ein. Gemächlich rollte das schwarze Familienauto aus der Einfahrt hinaus und steuerte den nächsten Interstate Highway an, der Richtung Norden führte.

      2

      Die erste Stunde verbrachten die beiden schweigend miteinander. David hatte bereits die dritte Kappe Kaffee getrunken, fühlte sich jedoch kein Stück wacher, geschweige denn weniger müde. Faye hingegen schien so wach zu sein wie noch nie zuvor. Trotz ihres Nachtdienstes, den sie in den Knochen hatte, wirkte sie geradezu unverschämt munter und aufgeweckt. Vermutlich konnte sie es einfach nur nicht erwarten, dass sie die gesamten nächsten Wochen ungestört ihre Stecher zu sich einladen konnte und war deswegen so aufgedreht, dachte David sich. Vielleicht reagierte er aber auch einfach nur ein wenig übersensibel aufgrund seines Schlafdefizits, und seine Mutter würde sich wirklich bessern und die Zeit zum Nachdenken nutzen. Doch wer konnte das schon so genau sagen. Fest stand nur, dass sowohl ihre Verfassung, als auch ihre Stimmung, sich deutlich von Davids abhoben.

      Das Klicken eines Feuerzeuges durchbrach die Stille im Auto. David drehte den Kopf zur Seite und warf ihr einen Blick zu, der sie darauf aufmerksam machen sollte, wie sehr er ihr Rauchen, wenn sie müde war, hasste. Aber ihre Augen blieben auf dem Interstate Highway haften wie ein altes Kaugummi unter einem Turnschuh. Stöhnend entfernte er den Kopf von seinem Fenster und öffnete es zwei Handbreiten weit, um wenigstens etwas gegen den Geruch ihrer Marlboro Zigaretten anzukommen.

      „Was ist los?“, fragte Faye, die sein Aufstöhnen bemerkt hatte.

      „Mir wird übel bei dem Gestank“, entgegnete er knapp und ehrlich.

      „Weed riecht wohl besser oder was?“, keifte sie ihn an. Kritik hatte sie noch nie gut vertragen. Die Tatsache, dass sie müder war, als sie aussah, trug nicht unbedingt zur Besserung bei. Ebenso wenig wie der Fakt, dass David ohnehin bereits ziemlich angefressen von der ganzen Situation war und die Keiferei seiner Mutter genauso wenig vertrug, wie sie seine Kritik.

      „Du hängst dich echt ewig daran auf, oder? Als hättest du es früher nie auch nur ausprobiert. Ach ja, und zu deiner Information. Nein, tut es nicht“, erwiderte er und rollte mit den Augen.

      „Selbstverständlich habe ich es ausprobiert und gemerkt, dass es nichts Gutes mit sich bringt“, erklärte sie ihm mit ruhiger Stimme. Dass sie dennoch aufgebracht war, konnte sie jedoch nicht verstecken.

      „Aber deine Zigaretten sind besser oder was?“, stichelte er zurück. Genervt stieß sie den Qualm ihrer Kippe aus.

      „Im Gegensatz dazu sind sie erstens legal, und zweitens lassen sie dich keine rosaroten Elefanten sehen, die dir nach den ersten paar Malen auf deiner Schädeldecke anfangen, herumzutanzen“, antwortete