Unendlich. Katie Sola. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Katie Sola
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783754180525
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erwiderte ich ebenso leise. Dieser plötzliche Wechsel verwirrte mich. Es klang viel zu banal und unbedeutend für ihn. Es gab nur eine Sache, bei der ich mir eindeutig sicher war, wenn es um Benny ging. Er war anders und weder oberflächlich noch langweilig.

      Ich ließ mich auf das kleine Spiel ein und nach einigen Werbespots waren wir beide nur noch am Kichern und versuchten, unser Lachen zu unterdrücken. Manche Spots waren einfach nur absurd, andere viel zu lange und andere standen in keinerlei Zusammenhang mit dem Produkt, das sie eigentlich bewerben sollten. Es war witzig, die beste Werbung die ich je gesehen hatte. Ohne Frage. Fast hoffte ich, dass die Spots nie enden würden.

      Als dann aber doch das Licht noch weiter gedimmt wurde und den Beginn des Films ankündigte, lehnte ich mich mit einem entspannten Seufzen in meinem Sitz zurück. Meine Hand fand wie von selbst in die Popcorntüte.

      „Ich glaube, ich habe es dir noch nicht gesagt, aber du siehst gut aus“, flüsterte Benny mir zu. Sein Atem kitzelte an meinem Ohr. Ich bekam eine Gänsehaut. Meine Hand erstarrte auf dem Weg zurück zu meinem Mund. Mein Herz schlug auf einmal im doppelten Tempo weiter.

      Nur Freunde. Es bedeutet nichts, sagte ich mir selbst immer wieder in Gedanken. Auch Freunde machten sich gegenseitig Komplimente. Mit einem Lächeln wandte ich mich zu ihm, aber er schaute schon wieder weg. Das Licht der Leinwand erhellte sein Gesicht, betonte seine markanten Gesichtszüge. Er sah älter aus. Und irgendwie wirklich… gut.

      Geräuschvoll schluckte ich das Popcorn hinunter. Aber ich fand nicht den Mut, ihm das Gleiche zu sagen. Es wäre komisch und auch nicht angebracht.

      Stattdessen wandte ich mich ebenfalls der Leinwand zu und versuchte, mich auf die Handlung des Filmes und das großartige Aussehen von Elyas M’Barek zu konzentrieren. Im Laufe des Filmes ertappte ich mich immer wieder dabei, wie ich zu Benny hinüber schielte. Nicht nur wenn ich sein Lachen hörte, sondern auch in den stillen Momenten. Ein einziges Mal während des gesamten Filmes kreuzten sich unsere Blicke. Er lächelte. In meiner Magengegend begann es leicht zu kribbeln, als ich es erwiderte. Etwas, das ich noch nie gespürt hatte. Es war merkwürdig. Und schön zugleich.

      „Hat es dir gefallen?“, fragte Benny noch während der Abspann über die Leinwand flimmerte.

      „Ja. Danke für die Einladung.“ Ich lächelte. Um uns herum herrschte schon Aufbruchsstimmung. Aber ich blieb gerne noch etwas sitzen. Ich wollte den Moment und diese Leichtigkeit noch ein wenig festhalten.

      „Ich danke dir, dass du ja gesagt hast.“ Und da war es wieder, dieses Lächeln, das für ihn so typisch war. Ich hätte nie gedacht, dass ein Lächeln einen Menschen so attraktiv machen konnte, wie es bei Benny der Fall war.

      „Wie hätte ich auch ablehnen können? Du hast mich ja quasi gezwungen.“

      „War ich wirklich so schlimm?“ Verlegen fuhr er sich durch die Haare.

      „Nicht ganz.“ Lachend schlüpfte ich in die Ärmel meines Mantels. „Also, wollen wir auch?“ Unsere Reihe war fast leer.

      Wir redeten nicht viel, während wir uns in die Schlange der vielen anderen Menschen einreihten, die ebenfalls in Richtung Ausgang drängten. Um uns herum herrschte leises Gemurmel.

      „Wie kommst du nach Hause? Oder gehst du vorher noch woanders hin?“, fragte Benny, als wir wieder an der frischen Luft waren.

      Die klare Nachtluft war belebend nach dem langen Sitzen in dem dunklen Kinosaal. Tief atmete ich ein. „Nein, ich habe nichts mehr vor. Milena ist ja krank, sonst wäre ich noch zu ihr gegangen. Wenn du möchtest, können wir noch weggehen. Ich kenne ein paar nette Ecke hier.“

      „Das ist nett von dir, Jo, aber ich bin sechzehn. Je nachdem, was das für eine Ecke ist, komme ich da nicht mehr rein.“

      „Verdammt, stimmt. Hab ich total vergessen, tut mir leid.“

      „Macht nichts. Wenn du möchtest, können wir ja nach Hause laufen.“

      „Laufen?“ Ich blinzelte. Und noch einmal. Bestimmt fing er gleich an zu lachen, weil er das nicht ernst meinte und es nur ein dummer Witz war. „Das sind mit Sicherheit…“

      „Knappe zwei Stunden“, erwiderte er ohne zu Zögern. „Hab ich schon einmal gemacht. Ist eigentlich ganz nett und entspannter als mit dem Bus zu fahren.“

      „Aber… Es ist unheimlich weit.“

      „Fünf oder sechs Kilometer vielleicht. Also durchaus machbar. Bist du dabei? Ich finde Spazierengehen auch immer eine tolle Möglichkeit, um sich zu unterhalten.“

      „Ja, klar.“ Ich rollte mit den Augen, was Benny aber nicht bemerkte. Genauso wenig wie den sarkastischen Unterton in meiner Stimme.

      „Super, dann auf geht es.“ Voller Motivation ging Benny voraus.

      „Warte, was? Du meinst das echt so richtig ernst?“ Fassungslos schaute ich ihm nach.

      „Komm schon, Jo, es ist echt schön nachts einen Spaziergang zu machen. Vetrau mir, ich kenne den Weg. Und zur Not können wir unterwegs noch immer in einen Bus einsteigen.“

      Kopfschüttelnd folgte ich ihm. Was war schon dabei? Ich hatte ja sowieso nichts mehr vor heute Abend. Dass er einen Knall hatte war jetzt eindeutig und eigentlich sollte es mich gar nicht überraschen. „Machst du so etwas öfter? Oder bist du einer dieser heimlichen Sportverrückten?“

      „Nein und nein. Zumindest nicht ganz“, lachte er, die Hände tief in den Taschen vergraben.

      „Was willst du damit sagen?“

      „Nein, ich mache so etwas nicht öfters. Nur ab und zu. Und ich bin auch nicht heimlich verrückt nach Sport. Ich stehe ganz offen dazu“, lachte er.

      „Das habe ich bisher noch gar nicht bemerkt.“

      „Du hast mich auch noch nie danach gefragt.“

      „Hätte ich das tun sollen?“

      „Nein. Ich gehöre nicht zu den Leuten, die sofort allen erzählen, wie toll sie sind und was sie können.“

      „Du hörst mehr zu und verteilst semi kluge Ratschläge.“

      „Genau.“ Er schenkte mir ein warmes Lächeln. „Und ich glaube, dass das hin und wieder auch ganz gut ist.“

      „Solange du mehr zuhörst als selbst zu reden…“, scherzte ich und bekam dafür gleich seinen Ellenbogen in meinen Rippen zu spüren. „Okay, kleiner Spaß am Rande. Du wolltest mir auch noch die Frage weiter beantworten, warum es deiner Meinung nach keine falschen Menschen gibt.“

      „Richtig.“ Er machte eine kurze Pause und grüßte eine vorbeigehende Frau. „Also, ich glaube daran, dass du Menschen immer aus einem bestimmten Grund triffst. Manche triffst du, um eine gute Zeit zu haben, für Spaß und um dich zu amüsieren. Von wieder anderen kannst du lernen und dich weiterentwickeln. Sie sind gut für dich und helfen dir, in einer bestimmten Situation in deinem Leben weiterzukommen. Auf welche Art und Weise auch immer. Vielleicht ist es bei deiner besten Freundin genauso, dass dieser Typ ihr hilft, sich weiter zu entwickeln oder es hilft ihr dabei, in eine andere Richtung zu gehen. In eine, in die sie sich bisher noch nicht getraut hat. Das kann sie jetzt nicht wissen und vielleicht wird es sich auch erst in ein paar Wochen, Jahren oder Monaten zeigen. Aber sinnlos wird es nicht gewesen sein, dass der Kerl sie schnell wieder abserviert hat. Auch wenn es jetzt nicht schön sein mag, es wird seinen Grund haben.“

      „Das heißt also, dass du von diesen ‚falschen‘“, ich malte mit den Fingern Anführungszeichen in die Luft, „Menschen im Endeffekt nur lernst?“

      „Nicht unbedingt. Meiner Meinung nach brauchst du auch ein gewissese Maß an Reflexion, um das zu merken. Sonst machst du unter Umständen so weiter wie bisher auch und begehst die gleichen Fehler ein ums andere Mal. Sozusagen eine Art Teufelskreis oder ein Muster. Das Leben konfrontiert dich mit den Aufgaben, die du noch nicht gelöst hast in deinem Leben. Und das so lange, bis du es schaffst dieses Muster zu durchbrechen. Wenn du es irgendwann erkennen kannst, dann kannst du vielleicht auch damit aufhören,