Ich versprach es ihm ganz getreulich und ging seelenvergnügt davon, weil ich nun mit ihm Frieden geschlossen hatte, und noch mehr, weil der erste Leutnant gesagt hatte, wegen dessen, was ich gethan, sei ich kein Gimpel.
Endlich war unsere Wache vorbei, und gegen zwei Uhr wurde ich von den Seekadetten der nächsten Wache abgelöst. Es ist sehr unangenehm, nicht zur Zeit abgelöst zu werden, aber wenn ich ein Wort sagte, so durfte ich sicher darauf rechnen, den andern Tag unter irgend einem Vorwande gedroschen zu werden. Auf der andern Seite war der Seekadett, welchen ich ablöste, auch viel größer als ich, und wenn ich nicht vor ein Uhr droben war, wurde ich niedergeworfen und von ihm geschlagen, so daß ich zwischen den zweien viel mehr als meinen Anteil Wache hielt, ausgenommen, wenn der Schiffsmeister mich ins Bett schickte, bevor die Sache vorüber war.
Dreizehntes Kapitel.
Der erste Leutnant verschreibt für einen seiner Patienten. – Seine Recepte bestehen nur in »Zügen«. – O'Brien endigt seine Lebensgeschichte, in welcher das Sprichwort: »Je mehr, desto lustiger« gänzlich widerlegt wird. – Das Einschiffen von einem neuen Paar Stiefel verursacht das Ausschiffen ihres Besitzers. – Heimkehr nach einem Balle. – O'Brien trifft ein Unfall.
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Den andern Morgen stand ich um sieben Uhr auf dem Verdeck, um nachzusehen, daß die Hängematten weggestaut wurden, wobei ich Zeuge war, wie der erste Leutnant, Herr Falkon, zu einem seiner Mittel Zuflucht nahm, um einen Bramstengenjungen vom Rauchen zu kurieren, eine Gewohnheit, welche er nicht leiden konnte. Wenn Matrosen in der Galeere Tabak rauchten oder kauten, legte er sich nie dazwischen; er wollte bloß die Jungen, d. h. Burschen von zwanzig Jahren oder darunter verhindern, daß sie sich nicht zu früh dieser Gewohnheit hingaben. Der erste Leutnant roch Tabak, als der Junge auf dem Hinterdeck an ihm vorüberging.
»Wie, Neill, Du hast geraucht«, sagte der erste Leutnant, »ich dachte, Du wüßtest, daß solchen Jungen wie Dir der Gebrauch des Tabaks untersagt ist.«
»Sie erlauben, Sir«, versetzte der Bramstengenjunge, indem er an seinen Hut langte. »Ich habe Würmer, und man sagt, Rauchen sei gut für sie.«
»Gut für sie!« sagte der erste Leutnant, »ja, sehr gut für sie, aber sehr schlimm für Dich. Mein guter Junge, sie wachsen vom Tabak, so lange, bis sie so groß werden, wie Meeraale. Hitze lieben die Würmer, aber Kälte, Kälte tötet sie. Nun, ich will Dich kurieren. Quartiermeister, kommen Sie her. Gehen Sie mit diesem Jungen den Gang an der Wetterseite auf und ab, und jedesmal, wenn Sie vorne an den großen Halsblock kommen, halten Sie sein Gesicht gegen den Wind, drücken ihn scharf im Nacken, bis er seinen Mund weit aufsperrt, und dann lassen Sie die kalte Luft durch seinen Schlund ziehen, so lange, bis Sie zehn zählen; dann gehen Sie zurück, und wenn Sie wieder vorne sind, tritt dasselbe Verfahren ein, wie zuvor. – Kälte tötet die Würmer, mein armer Junge, nicht Tabak, – ich wundere mich, daß Du nicht schon gestorben bist.«
Der Quartiermeister, der, wie alle Seeleute, den Spaß gern hatte, packte den Burschen, und sobald sie vorne ankamen, gab er ihm einen solchen Druck in den Nacken, daß er seinen Mund aufsperren mußte, wenn es auch nur gewesen wäre, um vor Schmerz zu schreien. Der Wind ging sehr frisch und blies ihm so stark in den Rachen, daß er eigentlich pfiff, und so mußte er, um sein Inwendiges abzukühlen, fast zwei Stunden auf und ab gehen, bis der erste Leutnant nach ihm schickte und ihm sagte, er glaube, daß alle Würmer nun tot sein müßten; wenn dies aber nicht der Fall wäre, so solle der Bursche nicht seine eigenen Mittel anwenden, sondern um eine andere Dosis zu ihm kommen. Der Junge jedoch war derselben Ansicht, wie der erste Leutnant, und beklagte sich nie mehr über Würmer.
Einige Nächte darauf, als wir die Mittelwache hatten, fuhr O'Brien in seiner Geschichte fort.
»Wo bin ich denn stehen geblieben?«
»Damals, wo Sie aus dem Arrest entlassen wurden.«
»Richtig und ich ging nicht gern an meinen Dienst. Doch da es nicht anders sein konnte, so spazierte ich wie zuvor das Verdeck auf und ab, meine Hände in der Tasche und dachte an Alt-Irland und meinen großen Ahnherrn Brien Borru. So ging es fort; ich führte mich als ein echter Gentleman auf und kam in keine Verlegenheit mehr, bis die Flotte in den Hafen von Cork einlief, und ich nur einige Meilen von meines Vaters Hause entfernt war. Du kannst Dir denken, kaum hatte der Anker den Grund berührt, so begab ich mich zum ersten Leutnant und bat um Urlaub, um ans Land zu gehen. Der erste Leutnant war gerade nicht in der besten Laune, da ihn der Kapitän scharf vorgenommen hatte, weil er seinen Dienst nicht zu seiner Zufriedenheit erfüllte. Er antwortete mir daher sehr mürrisch, ich dürfe das Schiff nicht verlassen. ›Beim Blitz‹, sagte ich bei mir selbst, ›das darf nicht geschehen.‹ Ich begab mich daher zum Kapitän und erinnerte ihn, während ich an meinen Hut langte, daß ich Vater und Mutter habe und einen hübschen Haufen Brüder und Schwestern, welche sich sterblich sehnten, mich zu sehen, und daß ich hoffe, er werde mir Urlaub geben.
»›Fragen Sie den ersten Leutnant‹, sagte er und ging weg.
»›Ich habe es gethan, Sir‹, erwiderte ich, ›er sagte: ich solle um des Teufels nicht meinen Fuß an das Land setzen.‹
»›Dann haben Sie sich nicht gut aufgeführt‹, sagte der Kapitän.
»›Keineswegs, Kapitän Willis‹, erwiderte ich, ›der erste Leutnant hat sich nicht gut aufgeführt.‹
»›Wie, Sir?‹ antwortete er in zornigem Tone.
»›Nun, Sir, hat er sich nicht gerade dadurch vergangen, daß er seinen Dienst nicht nach Ihrem Wunsch und Willen gethan, und bedienten Sie ihn nicht gerade, wie er es verdiente, und ist er nicht deshalb aufgebracht, und ist dies nicht der Grund, warum ich nicht ans Land darf? Euer Ehren, es ist alles wahr, was ich sagte, der erste Leutnant hat sich vergangen, nicht ich. Ich hoffe, Sie werden mir die Erlaubnis geben, ans Land zu gehen, Kapitän. Gott segne Sie, nehmen Sie einige Rücksicht auf meine kindlichen Gefühle gegen den Urheber meiner Existenz.‹
»›Haben Sie etwas gegen Herrn O'Brien auszustellen‹, sagte der Kapitän zu dem ersten Leutnant, als er heraufkam.
»›Nicht mehr, als an den Seekadetten im allgemeinen; allein ich glaube, es schickt sich nicht für einen Offizier, um Urlaub ans Land anzuhalten, bevor die Segel eingezogen und die Raaen ins Kreuz gebraßt sind.‹
»›Sehr wahr‹, versetzte der Kapitän, ›deshalb, Herr O'Brien, müssen Sie warten, bis die Wache gerufen wird, und wenn Sie dann den ersten Leutnant bitten, so zweifle ich nicht, daß Ihnen Erlaubnis erteilt wird, zu gehen und Ihre Freunde zu besuchen.‹
»›Dank Ihnen herzlich, Sir‹, erwiderte ich, und hoffte, die Raaen und Segel würden so bald als möglich in Ordnung sein, denn das Herz saß mir auf der Zunge und ich fühlte, daß es vor mir ans Land geflogen sein würde, wenn ich noch länger aufgehalten worden wäre.
»Ich hielt mich in dieser Angelegenheit für sehr klug, aber nie in meinem Leben war ich ein größerer Thor, denn ich hätte keine solche Eile gebraucht, um ans Land zu kommen, und der erste Leutnant vergaß es mir nie, daß ich mich an den Kapitän wandte; doch davon gelegentlich und alles zu seiner Zeit. Endlich erhielt ich mürrisch die Zustimmung, ans Land gehen zu dürfen und schoß wie eine Rakete davon. Da ich verzweifelte Eile hatte, so mietete ich eine Kalesche, um nach meines Vaters Hause zu gelangen.
»›Meinen Sie den O'Brien von Ballihinch‹, fragte der Kerl, welchem das Gefährt gehörte.
»›Allerdings‹, versetzte