Peter Simpel. Frederick Marryat Marryat. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Frederick Marryat Marryat
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783754175859
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Morgen kam O'Brien wieder zu mir.

      »Es ist ein garstiges schleichendes Fieber, diese Seekrankheit, mein Peter, und wir müssen es austreiben,« und nun begann er eine Wiederholung des gestrigen Heilverfahrens, bis ich fast lederweich war. Ob die Furcht, geschlagen zu werden, meine Seekrankheit vertrieb, oder was immer die wirkliche Ursache davon gewesen sein mag – so viel ist gewiß, ich fühlte nach dieser zweiten Tracht Prügel nichts mehr, und als ich den andern Morgen erwachte, war ich sehr hungrig. Ich eilte, mich anzukleiden, bevor O'Brien käme, und ich sah ihn nicht bis zum Frühstücke.

      »Peter,« sagte er, »laß mich Deinen Puls fühlen.«

      »O nein,« versetzte ich, »ich bin wirklich ganz wohl.«

      »Ganz wohl? Kannst Du Zwieback und gesalzne Butter essen?«

      »Ja, ich kann.«

      »Und ein Stück fetten Speck?«

      »Auch das kann ich.«

      »Dank' mir's Peter,« erwiderte er, »Du wirst nun von meiner Medizin nichts mehr bekommen, bis Du wieder krank bist.«

      »Ich hoffe nicht,« gab ich zur Antwort, »denn sie war nicht sehr angenehm.

      »Angenehm, Du dummer Simpel, wann hast Du je von einer angenehmen Arznei gehört, außer man verschriebe sie sich selbst? Ich glaube, Du würdest Zuckerkandis gegen das gelbe Fieber nehmen. Lebe und lerne, Junge, und danke dem Himmel, daß Du jemand gefunden hast, der Dich hinlänglich liebt, um Dich zu prügeln, wenn es für Deine Gesundheit gut ist.«

      Ich erwiderte, daß ich zuversichtlich hoffe, so sehr ich mich auch ihm verpflichtet fühle, keine Beweise seiner Anhänglichkeit mehr nötig zu haben.

      »Keine so schlagenden Beweise, meinst Du, Peter? aber laß mich Dir sagen, es waren aufrichtige Beweise; denn seitdem Du krank gewesen bist, habe ich Dein Schweinefleisch gegessen und Deinen Grog getrunken, welch letzterer in der Bai von Biscaya nicht zu reichlich gegeben werden kann. Da ich Dich nun kuriert habe, wirst Du alles dies in Deinen eigenen kleinen Brotkorb hinein stecken, so daß ich keinen Vorteil dabei habe; daher denke ich, Du werdest überzeugt sein, daß Du Deiner Lebtage nie zwei uneigennützigere Trachten Schläge bekommen hast. Doch sprechen wir nicht mehr davon, und sei mir willkommen.«

      Ich schwieg und verzehrte ein tüchtiges Frühstück. Von diesem Tag an trat ich meinen Dienst wieder an und wurde mit O'Brien der nämlichen Wache zugeteilt, da er mit dem ersten Leutnant gesprochen und ihm gesagt hatte, er habe mich unter seine Aufsicht genommen.

. .

      Neue Theorie des Herrn Muddle, merkwürdig, weil sie kein Ende hat. – Neue Praxis des Herrn Chucks. – O'Brien beginnt seine Geschichte. – Es gab Riesen in jenen Tagen. – Ich bringe des Schiffsmeisters Nachtglas herauf.

      —————

      Da ich schon genug von dem Kapitän und dem ersten Leutnant erwähnt habe, um den Leser zu befähigen, eine Einsicht in ihren Charakter zu gewinnen, so will ich nun zwei sehr sonderbare Personen anführen, welche meine Genossen auf dem Schiffe waren, – den Zimmermann und den Bootsmann.

      Der Zimmermann, welcher Muddle hieß, ging gewöhnlich auf den Ruf: Philosoph Chips – nicht als ob er einer besondern Schule gefolgt wäre, sondern er hatte sich seine eigene Theorie gebildet, von welcher er nicht abzubringen war. Ich konnte ihn nie dahin bringen, zu erklären, auf welche Data seine Berechnungen sich gründeten; er sagte, ich sei zu jung, um es zu begreifen, wenn er es auch erklären wollte; seine Behauptung war diese: daß in siebenundzwanzigtausend sechshundert zweiundsiebenzig Jahren alles, was sich ereigne, wieder geschehen würde, mit denselben Leuten, welche gerade zu dieser Zeit lebten.

      Er wagte es selten, dem Kapitän Savage diese Bemerkung zu machen, aber desto öfter that er es dem ersten Leutnant.

      »Ich bin so nahe daran gewesen als möglich, Sir? ich versichere Sie, obwohl Sie einen Fehler daran finden; allein vor siebenundzwanzigtausend sechshundert zweiundsiebenzig Jahren waren Sie erster Leutnant auf diesem Schiff und ich Zimmermann, obwohl wir uns nicht mehr daran erinnern und nach siebenundzwanzigtausend sechshundert zweiundsiebenzig Jahren werden wir beide wieder auf diesem Boote stehen und von den Reparaturen sprechen, gerade wie jetzt.«

      »Ich zweifle nicht daran, Herr Muddle,« versetzte der erste Leutnant, »und will zugeben, daß dies alles sehr wahr ist, aber die Ausbesserungen müssen diese Nacht fertig werden und von heute über siebenundzwanzigtausend sechshundert zweiundsiebenzig Jahren werden Sie gerade einen so ausdrücklichen Befehl dazu haben, als jetzt, also lassen Sie es sich gesagt sein.«

      Diese Theorie machte ihn gegen die Gefahren sowohl, als überhaupt gegen alles gleichgültig. Es war ihm einerlei, jedes Ereignis fand bestimmt im Laufe der Zeit statt; es war in früherer Zeit eingetroffen und mußte sich wieder ereignen; alles hing vom Schicksal ab.

      Der Bootsmann war ein noch unterhaltenderer Charakter; er wurde als der festeste, d. h. als der thätigste und strengste Bootsmann im Dienste angesehen. Er ging unter dem Namen »Gentleman Chucks«, – Letzteres war sein Zuname.

      Er schien eine halbe Erziehung genossen zu haben; manchmal bestand seine Sprache aus einigen merkwürdig gut gewählten Redensarten, aber plötzlich konnte er durch ein barsches Wort von seiner Höhe herabfallen; doch ich werde imstande sein, den Leser mehr in seine Geschichte einzuführen, wenn ich zu meinen Abenteuern komme.

      Er hatte eine sehr hübsche Figur, Neigung zum Starkwerden, durchdringende Augen und ein Haar, das sich in Locken ringelte. Seinen Kopf trug er aufrecht und ging stolz einher. Er erklärte, ein Offizier müsse auch einem Offizier gleich sehen und sich danach betragen.

      Von Person war er sehr reinlich, trug Ringe an seinen großen Fingern und einen gewaltigen Busenstreif, welcher wie das Hinterstück eines Barsches hervorstand; sein Hemdkragen war immer bis an die Backenknochen heraufgezogen. Er erschien nie auf dem Verdeck ohne seinen Tröster, welches drei wie ein Tau in einander geflochtene Rohrstäbe waren; bisweilen hieß er ihn seinen Bathorden, oder sein Trio juncto in uno, und dieser Tröster war selten müßig.

      Er versuchte, sehr höflich zu sein, selbst wenn er den gemeinen Matrosen anredete, und begann immer seine Bemerkungen an dieselben auf eine sehr artige Weise; allein im Verlaufe der Rede war er in seiner Phraseologie nicht sehr wählerisch. O'Brien sagte, seine Reden seien der Sünde des Dichters ähnlich, oben sehr schön, aber an den untern Extremitäten sehr abscheulich.

      Er konnte zum Beispiel zu einem Manne auf dem Vorderkastell auf die zarteste Weise von der Welt sagen: »Erlauben Sie mir die Bemerkung, mein Wertester, daß Sie diesen Teer auf das Verdeck schütteten, ein Verdeck, Sir, welches, wie ich die Bemerkung zu machen wagen darf, ich die Pflicht hatte, diesen Morgen reinigen zu lassen. Sie verstehen mich, Sir, Sie haben Seiner Majestät Vorderkastell beschmutzt. Ich muß meine Pflicht thun, Sir, wenn Sie die Ihrige vernachlässigen; so nimm dies – und dies – (dabei zerdrasch er den Mann mit seinem Rohrstab). Du verdammter Heumacherssohn von einem Seekoch, thue es noch einmal, Gott straf mich, und ich haue Dir die Leber aus dem Leibe.«

      Ich erinnere mich an einen Schiffsjungen, welcher mit einem Eimer schmutzigen Wassers vorbeiging, um es auf dem Vorderteile des Schiffes auszuleeren, ohne seine Hand an den Hut zu legen, als er vor dem Bootsmann vorüberkam.

      »Halt, mein kleiner Freund,« sagte dieser, indem er seinen Busenstreifen herauszog, und seinen Hemdkragen auf beiden Seiten in die Höhe richtete; »kennen Sie, Sir, meinen Rang und meine Stellung in der Gesellschaft?«

      »Ja, Sir,« versetzte der Junge und sah zitternd nach dem Rohrstab.

      »Gut denn,« erwiderte Herr Chucks, »hätten Sie es nicht gewußt, so würde ich eine mäßige Züchtigung für nötig erachtet haben, damit Sie in Zukunft einen solchen Fehler vermieden