Peter Simpel. Frederick Marryat Marryat. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Frederick Marryat Marryat
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783754175859
Скачать книгу
Gedränge der Leute draußen, – von allem diesem hüpfte mein Herz vor Freuden. Da war Richardson mit Hanswurst und Harlekin, und so hübschen Frauenzimmern, die in Kleidern, welche von Flittergold strotzten, lustige Walzer tanzten, und sehr glücklich aussahen. Dort Flint und Gyngell mit Burschen, welche Purzelbäume machten, Räder schlugen, und allerhand Kunststücke auftischten: zum Beispiel Feuer aßen und Ellen Band aus dem Mund hervorzogen. Dann der Cirkus, wo alle Pferde in einer Linie dastanden, mit Männern und Frauen auf ihrem Rücken, welche mit Fähnlein wehten, während die Trompeter ihre Weisen spielten. Sodann der größte Riese in der Welt und Mr. Paap, der kleinste Zwerg in der Welt, und ein weiblicher Zwerg, noch kleiner; auch Miß Biffin, welche ohne Arme und Beine allerhand Dinge verrichtete. Es war auch da zu sehen das abgerichtete Schwein und der Ochse aus Herefordshire, nebst hundert andern Sehenswürdigkeiten, welcher ich mich nicht mehr erinnern kann. Wir gingen ungefähr ein paar Stunden auf und ab, um die Sachen von außen zu sehen, nun wollten wir auch das Innere betrachten. Zuerst gingen wir zu Richardson, wo wir eine blutige Tragödie erblickten mit einem Gespenst und Donnergerolle, nachher eine Pantomime voll equilibristischer Kunststücke. Sodann sahen wir ein paar andere Sachen, ich weiß nicht mehr, was; nur so viel kann ich im allgemeinen sagen, außen war es schöner als innen. Nach diesem spürten wir Hunger und beschlossen in eine Bude zu gehen, um etwas zu uns zu nehmen. Ringsum standen Tische und in der Mitte befand sich eine gedielte Erhöhung zum Tanzen. Die Damen saßen da, alle geputzt, und warteten auf Tänzer; die Musik klang so lieblich, daß ich große Lust zum Tanzen verspürte, aber wir hatten ausgemacht, fortzugehen und die Fütterung der wilden Tiere in Polito's Menagerie mit anzusehen. Da es nun fast elf Uhr war, bezahlten wir unsere Rechnung und brachen auf. Es war ein sehr merkwürdiger Anblick und das Sehenswürdigste auf dem ganzen Jahrmarkt; ich hatte nie eine Idee davon, daß so viele seltsame Tiere existierten. Sie waren alle in eisernen Käfigen verwahrt. Ein großer Kandelaber mit zwanzig Lichtern hing in der Mitte der Bude und beleuchtete sie, während der Wächter herumging und die Tiere mit seiner langen Stange aufstörte; zu gleicher Zeit gab er uns ihre Geschichten zum besten, welche sehr interessant waren. Ich erinnere mich noch an Einiges. Es war daselbst ein Tapir, ein großes Schwein mit einer langen Nase, eine Abart des Hiptostamaß, welches, wie der Wärter sagte, ein amphibilisches Tier sei, da es nicht auf dem Lande leben könne und im Wasser sterbe, obgleich es sich in seinem Käfig sehr wohl zu befinden schien. Auch das Känguruh war da mit seinen Jungen, welche aus ihm herausschauten, ein sehr bewunderungswürdiges Tier. Der Wärter sagte, es bringe zwei Junge zur Welt und nehme sie dann wieder in seinen Magen auf, bis sie zum vernünftigen Alter gelangten. Ferner war der Pelikan aus der Wildnis zu sehen (ich werde ihn nie vergessen), mit einem großen Beutel unter seinem Schlunde, welchen der Mann wie eine Schlafmütze auf seinen Kopf setzte; dieser Vogel füttert seine Jungen mit seinem eigenen Blute – wenn die Fische rar sind. Auch die Lachhyäne war da, welche in dem Walde wie ein menschliches Wesen in der Not schreit und diejenigen verschlingt, welche zu seinem Beistand herbeikommen, ein trauriger Beweis von der Schlechtigkeit der menschlichen Natur, wie der Wärter bemerkte. Außerdem war da ein herrliches Geschöpf, der königliche Tiger aus Bengalen, nur drei Jahre alt, welcher alljährlich zehn Zoll wächst und nie seine volle Größe erreicht. Derjenige, welchen wir sahen, maß, wie der Wärter uns erzählte, sechszehn Fuß von der Schnauze bis zum Schwanze, und siebenzehn von dem Schwanze bis zur Schnauze; doch es muß da ein Irrtum obgewaltet haben. Auch ein junger Elefant war da, nebst drei Löwen und verschiedenen andern Tieren, welche ich nun vergessen habe; daher will ich jetzt die tragische Szene beschreiben, welche vorfiel.

      Der Wärter hatte alle Tiere aufgestört und die Fütterung derselben begonnen. Der große Löwe brüllte und knurrte über dem Schienbein eines Ochsen, welches er wie eine Nuß zerknackte, als durch irgend eine Ungeschicklichkeit das eine Ende der Stange, an welcher der Kandelaber aufgehängt war, herabfiel, die Thür des Käfigs streifte, in welchem die Löwin am Abendessen war, und sie aufstieß. Alles war das Werk einer Sekunde. Der Kandelaber fiel, der Käfig war offen und die Löwin sprang heraus. Ich erinnere mich in diesem Augenblicke noch, wie ich den Leib der Löwin in der Luft sah und dann alles stockfinster wurde. Welch ein Wechsel! einen Augenblick vorher sahen wir alle mit freudiger Neugier zu, und nun Finsternis, Schrecken und Entsetzen. Das war ein Schreien, Lamentieren und Weinen, Puffen und Rennen und Ohnmächtigwerden, – niemand wußte, wohin und wo hinaus. Die Leute drängten zuerst auf die eine Seite und dann auf die andere, wie die Furcht sie antrieb. Ich wurde sehr bald mit meinem Rücken gegen die Stangen eines der Käfige geschoben, und da ich fühlte, wie eine Bestie mich von hinten anfiel, machte ich eine verzweifelte Anstrengung; es gelang mir, den Käfig hinauf zu klimmen, jedoch nicht ohne das Hinterteil meiner Hosen zu verlieren, welches die Lachhyäne nicht loslassen wollte. Ich wußte kaum, wo ich war, als ich hinaufkletterte, allein ich erinnerte mich, daß oben meistens Vögel aufgestellt waren. Damit aber die Vorderseite meiner Hosen nicht eben so zerrissen wurde, wie das Hinterteil, so drehte ich mich, sobald ich Fuß gewinnen konnte, um, den Rücken an das Gitter des Käfigs lehnend. Allein ich befand mich kaum eine Minute daselbst, so wurde ich von etwas angefallen, was wie eine Spitzhacke in mich bohrte, und wie die Hyäne meine Kleider zerrissen hatte, so war ich ohne Schutz dagegen. Mich umzuwenden, wäre noch schlimmer gewesen, deshalb versuchte ich, nachdem ich ungefähr ein Dutzend Stiche empfangen, meine Stellung zu ändern, bis ich mich einem anderen Käfig gegenüber befand; aber nicht bevor der Pelikan (denn dies war die Bestie) so viel Blut aus mir gesogen hatte, daß er seine Jungen eine Woche damit füttern konnte. Ich überdachte, welche Gefahr ich zunächst wohl zu bestehen hätte, als ich zu meiner Freude entdeckte, daß ich die offene Thür erreicht hatte, aus welcher die Löwin entsprungen war; ich schlüpfte hinein, schloß die Thüre hinter mir zu und schätzte mich sehr glücklich; hier saß ich nun ganz ruhig in einem Winkel; während das Geräusch und die Verwirrung fortdauerte. Ich war jedoch kaum einige Minuten da, als die sogenannten Rindfleischesser Eine Art Leibgardisten., welche draußen Musik machten, mit Fackeln und geladenen Musketen hereindrangen. Der Anblick, welcher sich darbot, war in der That schrecklich; zwanzig bis dreißig Männer und Kinder lagen auf dem Boden, und ich dachte, die Löwin habe sie alle umgebracht, allein sie waren nur in Ohnmacht, oder durch das Gedränge niedergetreten worden. Niemand war bedeutend verwundet. Die Löwin konnte man nicht finden, und sobald es gewiß war, daß sie entronnen sei, so herrschte draußen eben solcher Schrecken, eben solche Flucht, wie vordem in der Menagerie. Es zeigte sich später, daß das Tier sich ebenso gefürchtet hatte, wie wir selbst, und sich unter einen der Wagen verkrochen hatte. Es stand einige Zeit an, bis sie gefunden werden konnte.

      Endlich trat O'Brien, welcher ein sehr beherzter Bursche war, an die Spitze der Rindfleischesser und sah die glänzenden Augen des Tieres. Sie nahmen nun ein paar Netze von den Karren, welche Kälber auf den Markt geführt hatten, und zogen dieselben über die Löwin her. Als sie tüchtig darin verwickelt war, schleppten sie dieselbe bei dem Schwanze in die Menagerie. Mittlerweile blieb ich ganz ruhig in dem Käfig, aber als ich gewahrte, daß dessen rechtmäßiger Eigentümer zurückkam, um davon Besitz zu nehmen, so dachte ich, es sei Zeit, herauszugehen; ich rief daher meinen Kameraden zu, welche mit O'Brien den Rindfleischessern beistanden. Sie hatten mich nicht bemerkt, und lachten sehr, als sie sahen, wo ich mich befand. Einer der Seekadetten schloß den Riegel der Thür, so daß ich nicht hinausspringen konnte, und dann störte er mich mit einer langen Stange auf. Endlich versuchte ich es, wieder aufzuriegeln und herauszukommen; da lachten sie noch mehr, als sie das zerrissene Hinterteil meiner Hosen sahen.

      Mir war es nicht zum Lachen, obschon ich mir zu gratulieren hatte, so glücklich davongekommen zu sein. Derselben Ansicht waren auch meine Kameraden, als ich ihnen meine Abenteuer erzählte. Der Pelikan hatte mir am schlimmsten mitgespielt. O'Brien lieh mir ein schwarzseidenes Halstuch, welches ich um meinen Leib band und hinten herabhängen ließ, damit mein Mißgeschick kein Aufsehen erregen möchte; dann verließen wir die Menagerie; aber ich war so steif, daß ich kaum gehen konnte.

      Wir gingen sodann in den sogenannten Ranelagh-Garten, um das Feuerwerk zu sehen, welches um zehn Uhr losgehen sollte. Es war gerade zehn Uhr, als wir unseren Eintritt bezahlten.

      Wir warteten sehr geduldig eine Viertelstunde, aber nirgends zeigte sich etwas von Feuerwerk. Der Mann nämlich, welchem der Garten gehörte, wollte warten, bis mehr Gesellschaft komme, obschon der Platz bereits voll Leute war.

      Nun hatte der erste Leutnant befohlen, das Boot solle bis zwölf Uhr